Vokü S/R: Kurdische Bewegung heute

Datum: 24.02.2010
Uhrzeit: 20:00 Uhr

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Immer am letzten Mittwoch im Monat gibts zu den Leckereien aus Topf & Flasche Themenabende aus libertärer Kultur & Politik: die Vokü Schwarz/Rot. Diesmal mit der Amed Camp Gruppe Hamburg zu der Entwicklung der letzten Jahre und der aktuellen Situation in Türkisch-Kurdistan.

Die Vokü bekommt an diesem Abend Verstärkung: Murat, Koch der Deutsch-Kurdischen Gesellschaft in Kiel, bereitet mit uns vegane kurdische Gerichte zu, damit die autonome Feinschmeckerzunge auch mal etwas Neues geboten bekommt!

Vokü Schwarz/Rot am Mittwoch, den 24.2. 2010:
Kurdistan und der Demokratische Föderalismus

Das Repression und Unterdrückung im Osten der Türkei an der Tagesordnung sind, ist seit dem Verbot der kurdischen DTP vielfach auch in den Mainstream Medien berichtet worden. In ihnen wird jedoch lediglich das Parteiverbot dahingehend kritisiert, dass es der kurdischen Guerilla und dem weiteren PKK Umfeld nun wieder neue SympathisantInnen zu treibe. Eine zentrale Komponente der aktuellen Zuspitzung des Konflikts bleibt in dieser Darstellung unerwähnt: die in den letzten Jahren einsetzende soziale Umwälzung, die die kurdischen Provinzen erfasst hat.

Basisdemokratischer Neuaufbruch in der kurdischen Bewegung

Viele deutsche Linke bringen mit dem Thema ‚Kurdistan’ eine nationalistisch-stalinistische Idee in Verbindung, nach der die Bewegung dort strebe. Dabei hat sich in den vergangenen 10 – 15 Jahren ein Wandel in den politischen Zielen der kurdischen AktivistInnen, GuerillakämpferInnen und deren UnterstützerInnen vollzogen. In Anlehnung an den russischen Klassiker des Anarchismus, Peter Kropotkin, sowie den amerikanischen Anarchisten Murray Bookchin, wird nun das Konzept des „Demokratischen Konföderalismus“ verfolgt – und vom Ziel der Gründung eines eigenen Nationalstaats abgerückt. Im Vordergrund steht die Überwindung der politischen und gesellschaftlichen Machtstrukturen des türkischen Staates – also des Kemalismus, Militarismus und des Islamismus – um auf der Grundlage von Basisdemokratie und Frauenbewegung einen Umbruch in der gesamten türkischen Gesellschaft herbeizuführen. In weiten Teilen der Osttürkei ist dieser Umbruch bereits eingeleitet worden. Der aktuelle Konflikt kann daher nur so richtig eingeordnet werden: in vielen Städten und Dörfern, in der die DTP bis zu ihrem Verbot die Mehrheit hatte, beförderte sie den Aufbau des revolutionären Rätesystems und stärkte den Aufbau der zivilgesellschaftlichen Organisationen. Das Parteiverbot richtet sich also nicht (nur) gegen reformistische Kräfte innerhalb der kurdischen Bewegung, sondern auch gleichzeitig gegen den aktuellen gesellschaftlichen Prozess in den kurdischen Provinzen.

Internationale (oder auf anarcho-deutsch: antinationale) Vernetzung der Bewegung: das Amed Camp

Der Idee des „Demokratischen Konföderalismus“ folgend, sehen kurdische AktivistInnen – von der DTP, den Frauenorganisationen bis hin zur PKK – die Perspektive für Frieden in der Zusammenarbeit mit Basisorganisationen und anderen Linken in der Türkei. Darüber hinaus gibt es auch wieder verstärkte Bemühungen, sich mit AktivistInnen außerhalb der Türkei zu vernetzen. Im Amed Camp, das letzten Herbst in der nordkurdischen Stadt Amed im Rahmen des Mesopotamischen Sozialforums (MSF) stattfand, fanden sich AktivistInnen aus der Türkei, den kurdischen Gebieten anderer Länder, Israel/Palästina, Jordanien, Europa und auch VertreterInnen von Kooperativen aus Chiapas/Mexiko zusammen. Leitende Fragen waren die Rolle der EU und der Nato im seit über 25 Jahren anhaltenden Krieg in der Region oder die Perspektiven der Frauenbewegung in Kurdistan und der Türkei, sowie die Möglichkeiten zur solidarischen Intervention.

An diesem Abend werden in der Alten Meierei Aktivistinnen der Amed Camp Gruppe Hamburg zu Gast sein. Diese hatten schon auf dem Autonomen Kongress in der Roten Flora in Hamburg im Herbst letzten Jahres von ihren Erfahrungen berichtet. Bei uns werden sie anhand von Vorträgen, Fotos und eines Films Einblicke in die Entwicklung, Politik und Ziele der kurdischen Bewegung geben, sowie Eindrücke aus der Region im Allgemeinen und dem Camp im Speziellen vermitteln. Weitere Informationen findet ihr unter www.amedcamp.ucrony.net.