INSIDE INFERNAL CRUST BRIGADE, PART XI
Torsten: Nachdem die Alte Meierei bei den vorangegangenen Konzerten buchstäblich aus den Angeln gehoben wurde, wird es Zeit für ein Verschnaufspäuschen … – wirklich?! Ne Pause? Ach was! Bei der Infernal Crust Brigade gibt‘s nur ein Motto: „Immer weiter, immer mehr, immer brutaler!“ Beim heutigen Konzert isses nur ein bisschen langsamer als sonst – doomigen, sludgigen Death Metal gibt es heute auf die Ohren.
Philipp: Yeah, wer auf EYEHATEGOD steht und heute nicht in die Meierei kommt, dem kann nicht mehr geholfen werden. Die Slo-Mo-Dampfwalzen von MEDICINE NOOSE waren 2018 bereits in der Meierei zu Gast (mit DAWN RAY’D) und konnten bei allen Augenzeugen, mit denen ich gesprochen habe, punkten. Heute also mit den Kaliforniern DISGUSTED GEIST (was für ein Name!), das kann ja was werden!
Doppel-Review von Torsten Matzat und Philipp Wolter. Keine Fotos von niemandem. Nur: Dunkelheit.
Torsten: DISGUSTED GEIST aus den USA eröffnen den langsamen Reigen. Aber wie! Was für ein schwerer, ranziger Moloch windet sich denn da aus den Boxen? Hässlich und eklig wie Autopsy, tief und brutal wie Obituary (erste Scheibe!). Langsam und zäh wie bei EyeHateGod sacken die Töne in die Meute vor der Bühne. Kein Erbarmen, keine Gnade! Warum auch – niemand hier will es anders. Wir sind alle „Wallowing in Filth“. Selbst die Band steht wie erstarrt auf der Bühne. Als ob ihre eigenen Riffs sie da oben festgenagelt hätten. Fies, laut und geil!
Philipp: Für totale Verwirrung sorgt selbst bei Mitgliedern der INFERNAL CRUST BRIGADE die Tatsache, dass sich Sänger Peter Tomis gleich mehrfach den Spaß gönnt, die eigene Band mit dem falschen Bandnamen anzukündigen („Hi, we are MEDICINE NOOSE from Leipzig!“). Mir gefallen DISGUSTED GEIST heute ein wenig besser als ihre Nachfolger, da sie, naja, etwas eingängiger sind. Leichte Kost liefern sie aber natürlich auch nicht gerade. Sie fühlen sich in drei Disziplinen wohl: Blastbeat-Attacken, Ultra-Doom und Klumpfuß-Tempo. Der AUTOPSY-Vergleich trifft es wirklich gut, denn Tomis klingt Chris Reifert nicht unähnlich. Das setzt sich bei den textlichen Inhalten fort, was bereits Titel wie „Essence Of The Corpse“, „Let It Rot“ oder „Impure Altar“ andeuten. Top!
Torsten: Finsterer und fieser kann es ja eigentlich nicht mehr werden, denke ich – aber ich soll mich ordentlich täuschen: das BerlinerLeipziger Trio MEDICINE NOOSE klingt noch zäher und gemeiner als die erste Band! This is SLUGDE! Das Ding ist physisch; das klingt kaputt und es macht dich kaputt! Langsam walzend treten dir diese derben Riffs und diese kranken Feedbacks in die Ohren und DER BASS ist lebendig, denn er bläst dir die Haare nach hinten und krabbelt dir die Beine hoch. Unglaublich intensiv! Drummer Leo schmettert nicht nur auf sein Kit ein, er brüllt und schreit dir auch noch angepisst all seinen Frust entgegen. Und auch wenn du dich verstecken willst, der Sound lässt dich nicht los, lässt dich nicht gehen. Du fällst einfach ins Sludge – Nirwana und suhlst dich zuckend auf dem Boden. Da hilft keine Medizin. Nur immer wieder diese zähen Riffs, jaaaa …. Sludge und Verderben!
Philipp: MEDICINE NOOSE musizieren an der Grenze zum Erträglichen. Der „Gesang“ klingt eher nach Geräuschen, die ein Folteropfer in den Pausen beim Waterboarding macht. Ähnlich wie bei den Brüdern im Geiste, EYEHATEGOD, schwebt eine punkige Fuck-You-Attitüde über dem Geschehen, aber MEDICINE NOOSE treiben den Sludge-Stil in noch extremere Regionen. Stehst du auf den Holzstufen der Meierei, wummern dich die Bassfrequenzen derart durch, dass du nach drei Stücken Brechreiz verspürst. Auch nach einer Flucht direkt vor die Bühne entkommst du dem morastigen Gefühl jedoch nicht mehr. Selten habe ich eine Band gesehen, deren Sound so widerlich, so ranzig, so ekelerregend klingt. „They are out to get you. Nothing has ever been as clear to you. And nothing has ever been as clear as dying alone. Dull eyes can see no future. You die alone. You. Die. Alone.”