- Doppelreview von Torsten und Philipp (Dremufuestias)
INSIDE INFERNAL CRUST BRIGADE, PART VIII
Torsten: Die Infernal Crust Brigade lässt nicht locker: fünf Konzerte gab es im April von der Konzertgruppe bisher und das sechste also heute. Nach Noise, Sludge und Black Metal sind erneut langsame Klänge im Fokus. Stoner Rock und Doom Metal. Let’s slow down then …
Philipp: Uff, ja! Sechs INC-Konzis allein im April. Das grenzt schon langsam an Arbeit… Aber so hochfrequenzig wird es in nächster Zeit nicht mehr zugehen, denn die Ballung ergab sich zu einem großen Teil durch die Touraktivitäten diverser Roadburn-Bands. Zeit für DOOM!
Torsten: HIGH PRIESTESS kommen aus den USA, genauer aus Los Angeles. Warm und sonnig isses da ja meistens. Und doch gibt es auch da Freunde der düsteren Klänge. Vorhänge zu und losgedoomt. Der Name HIGH PRIESTESS ist Programm: es stehen tatsächlich drei „Priesterinnen“ auf der Bühne (Mariana, Megan und Katie). Wenn die drei singen, erheben sich ihre Stimmen in schönsten Harmonien über die Köpfe der BesucherInnen. Gradezu himmlisch erscheint es mir. Eingebettet in Slow – Motion – Riffs und Tribal – artiges Drumming ergibt sich ein monolithisches Klangbild. Als Zuhörer schwelgt man in Liedern wie „Despise“ oder „Firefly“, lauscht den herrlichen Gitarrenklängen (hypnotisierend oder 70-er Sabbath-esk) und guckt der fantastischen Schlagzeugerin zu, von der man nur Haare und Arme sieht. Ihre Bewegungen sind so fließend, dass ich unweigerlich an einen perfekten Yoga – Flow denken muss. Das sieht man so auch nicht alle Tage. Einige Stücke sind richtig lang. Lang – weilig ist das aber mitnichten. Das wirkt alles sehr auf den Punkt und sehr entspannt. Mich erinnert das im Nachhinein etwas an John Perez‘ (Solitude Aeturnus) psychedelischer Spielwiese Liquid Sound Company. HIGH PRIESTESS befinden sich also in bester Gesellschaft. HIGH PRIESTESS haben heute definitv ein paar neue Follower und Worshiper gefunden. Grandios!
Philipp: Ich stimme völlig zu. Die Band war mir vorher vollständig unbekannt, so wie fast alles, was Herb bucht. Umso begeisterter bin ich, als das Trio loslegt und besten Psychedelic Doom Metal bietet. Bisher gibt es nur ein Demo und ein selbstbetiteltes Album, von dem die meisten Nummern in der Setlist also stammen dürften. Die Songs bauen langsam, aber beständig Spannung auf, verzücken mit beschwörenden Melodien. Die Band erzeugt so eine ätherische „Schwebe“-Atmosphäre, die sich bei derart langen Stücken (sechs, acht, zum Teil gar zehn Minuten) entfalten kann, bis wirklich alle Anwesenden headbangen oder zumindest wie in Trance mit dem Kopf nicken. Nicht ganz selbstverständlich ist die Fähigkeit der Band, schamanenhafte Monotonie nur so lange als Mittel einzusetzen, dass die Songs unvorhersehbar bleiben und nie langweilig werden. Sehr schönes Konzert, gleichzeitig für mich auch der Höhepunkt des Abends.
Torsten: CITIES OF MARS sind Schweden und Labelkollegen (Ripple Music) der Hohepriesterinnen und haben schon zwei Platten draußen. Die neueste wird heute brandheiß dargeboten. „Hororlogist“ heißt das Ding – ein kleines bißchen Horrorshow also heute? Nö, nicht wirklich; man muss sich zwar etwas an die Stimme/das Shouting von Gitarrist/Sänger Cristoffer Norén gewöhnen (das klingt ab und an etwas „schrill“), aber das klappt nach kurzer Zeit. Der Sound von COM klingt stoniger, lauter und abgefahrener als der der Priesterinnen; so ist es schön abwechslungsreich, obwohl beide Bands aus demselben doomigen Sumpf kommen. Die Riffs der Marsianer sind zum Teil sogar eher Metal – lastig und schrauben ordentlich an deiner Rübe. Dabei wird aber ordentlich stoner-like gefuzzt – der Bandsound knarzt und warzt also genretypisch. Inhaltlich liegt hier wohl ein Konzept vor; das muss ich mir mal in Ruhe reinziehen. Hier und jetzt stehen die geilen Riffs im Vordergrund! Je länger das Trio spielt, desto lockerer und spielverliebter wird es. Die BesucherInnen gehen auch mehr und mehr mit. Die Stimmung kocht beinahe über und am Ende spielen CITIES OF MARS sogar noch zwei Zugaben. Geile Band mit äußerst sympathischen Typen! Wenn ihr mal wieder auf der Erde seid, kommt wieder in Kiel vorbei!
Philipp: CITIES OF MARS hatte ich 2017 schon mal im Bambi gesehen, wo sie zusammen mit CONAN, MONOLORD und BLAST BOMB gespielt hatten. Damals war ich angetan und habe ihre Mischung aus Doom, Sludge und Stoner mit CROWBAR und SLEEP verglichen. Das gilt auch heute noch. Ein Trademark ist der mehrstimmige Gesang – außer dem von Torsten bereits erwähnten Gitarristen Norén singen nämlich auch Bassist Danne Palm und Schlagzeuger Johan Kuchler mit. Und ich meine das Wort „singen“ tatsächlich im ursprünglichen Sinne, auch wenn natürlich zusätzlich dem Schreibrüllen gefrönt wird. Aber am beeindruckendsten klingen CITIES OF MARS dann, wenn alle drei Stimmen zu fast BEATLES-artigen Harmonien zusammenfinden. Alle drei spielen mit vollem Körpereinsatz und scheinen manche Riffs regelrecht mit physischer Kraft in die PA zu wuchten. Einige Gitarrenparts kommen mit bluesiger Qualität, andere setzen auf die rohe Wucht des Dröhnriffs. Insgesamt eine abgefahrene Mischung, die gern als progressiv bezeichnet werden darf. Zweimal gesehen – einer dritten Gelegenheit wäre ich keinesfalls abgeneigt.