Review von Aller Egon (Dremufuestias).
Die „Nothing To Lose“- Tour von „Fire and Flames Music“ brachte die Bands „What We Feel“ und „Mister X“ ins heimische Kiel, genauer: in die wunderbare Meierei. Irgendwie kamen mir die beiden Namen gemeinsam auf einem Plakat sehr bekannt vor, eine Internetrecherche später war mir auch klar weshalb: die letztjährige Double-Release-Show mit Moscow Death Brigade an gleicher Stelle. Zwischendurch war ich noch am Hadern, das Leben/Arbeit/Wasauchimmer ist manchmal ja n büschen anstrengender oder stressiger. Immer wieder, wenn ich mich dann aufgerafft hab, merke ich aber zum Glück, dass das Aufraffen sehr förderlich für Geist und Seele is und ich mich danach besser fühle. Auch an diesem Donnerstag fuhr ich bestens gelaunt nach Hause. Ich hatte zuvor zwar nicht das spektakulärste oder gar beste Konzert des Jahres gesehen, ich hatte aber in den 2,5 Stunden in der Meierei eine gute Zeit mit netten Leuten. Apropos Leute, so ganz verstehe ich ja immer noch nicht, warum manche Menschen nur zu sehr sehr ausgewählten Events gehen bzw. warum manche (zu Unrecht) schlecht besucht oder andere dann wider Erwarten großen Zuschauerspruch erhalten. Auffällig war auf jeden Fall, dass sich (endlich) auch vermehrt jüngere People in die Meierei verirrten und nicht nur Männeken da waren, insgesamt sehr „bunt“.
„Mister X“ waren die ersten, die mit der Beschallung des Publikums starteten. Oi/Streetpunk spielten sie mit mitunter schön mehrstimmigen Chorus/Refrain. Zwischen den Liedern hielt der Sänger recht lange Reden (die nicht nur mir ab und an den „Drive“ nahmen). Dessen harter Belarus-Akzent war teilweise echt schwer zu verstehen, Themen waren aber eindeutig antifaschistisch und -sexistisch. Aber nicht nur die politische Seite, auch Persönliches, wie z.B. falsche Freund(e)/schaften wurde als Einleitung mancher Songs angesprochen. Einige (auch n hochgepikter Iro war am Start) Lütts ausm Publikum ließen sich nicht lange bitten und tanzten dann auch Pogo dazu (auch, wenn die allerallermeisten noch den typischen Respekthalbkreis einhielten) und feierten sie auch gut ab. Ich fand sie ganz gut, n paar mehr Melodien hab ich im Laufe dann aber doch vermisst. Aber zum Glück ist und bleibt Musik Geschmackssache. Allgemein mag ich das aber, wenn nicht nur eine Musiksparte im Fokus steht.
Dann kamen „What We Feel“ aus Moskau. Die Schauermärchen und die dortigen Probleme waren mir schlagartig wieder präsent, die Tour von Tackleberry mit dem tragischen Tod eine Konzertgängers machen nach wie vor ein mulmiges Gefühl und umso krasser finde ich, wenn Menschen/Bands sich dagegen wehren (wenn man solche Vorfälle im Hinterkopf hat).* Auch bei What We Feel waren die Themen Antifaschimus und andere „Ismen“ klar im Vordergrund. Die Leute, die zuvor noch draußen waren, kamen auch noch rein und so war die Zahl für einen Donnerstag Abend denke ich ma ganz in Ordnung (klar, mehr geht immer). Allesamt rückten nun auch (spätestens nach Aufforderung) nach vorne. Ich muss hier auf jeden Fall nochma den Sound loben, der (eigentlich wie immer) richtig richtig gut war, so kam der Hardcore auch wuchtig und mit Power durch die Boxen. Einige Passagen waren eher Nackenbrecher, andere eher punkig, eintönig sind „What We Feel“ keineswegs. Die harte (zumindest für unsere Ohren, würde ich ma behaupten) Sprache tat sein Übriges, passte extrem gut und hebt sie allein dadurch von anderen Kapellen ab. Das Feine Sahne Fischfilet-Cover wurde dan auch mit herrlichem Akzent zumindest im Refrain (Iäch biän kompläät im Arsch, so ähnlich hat sich das angehört) vorgetragen, stimmungstechnisch nochma ne Schippe druff (samt Schifferklavier)! Fand das Konzert richtig gut! Vielen Dank an Fire and Flames und alle, die solch Abende in der Meierei möglich machen! Schoin!
* „[…] am 13. November 2005, ermordeten Neonazis in St. Petersburg den bei „Food Not Bombs“ und in der politischen Hardcore-Szene engagierten Timur Kasharava. Fünf Monate später, am 16. April 2006, wurde Sasha Rjuhin in Moskau auf dem Weg zu einem Hardcore-Konzert der Bands WHAT WE FEEL und TACKLEBERRY von Neonazis attackiert und erlag später seinen schweren Verletzungen.“ © by Ox-Fanzine / Ausgabe #76 (Februar/März 2008