- Geschrieben von Philipp (Dremufuestias)
INSIDE INFERNAL CRUST BRIGADE, PART VI
Bei diesem Konzert gerät die Diskrepanz zwischen recht geringer Erwartungshaltung und tatsächlich erfolgter Begeisterung besonders groß. Vielleicht hatte ich in den letzten Tagen einfach schon zu viele Konzerte gesehen, auch mögen die Bezeichnungen Noise Rock und Sludge kein totales Feuer in mir entfacht haben. Ordentlich in die Werbung gehängt hat sich die Konzertgruppe dieses Mal natürlich trotzdem. Nachdem die beiden letzten Veranstaltungen desaströs schlecht besucht waren, gab es dieses Mal Wildplakatierung, Flyer und Poster in allen Plattenläden, hemmungsloses Anlabern von Wildfremden auf der Straße und intensivierte Onlineattacken (Ankündigungen tatsächlich mal mit – buh! – Youtube-Links). Und früh zeigt sich immerhin eine positive Aufwärtstendenz in den Besucher*innenzahlen, wobei das Donnerstagskonzi von IMPERIAL TRIUMPHANT und MORD’A’STIGMATA nochmal deutlich besser laufen wird.
COILGUNS kommen aus der französischsprachigen Schweiz, mehrere Bandmitglieder spielen auch bei THE OCEAN. Waaah, ich hätte nicht gedacht, dass die Band derart nach vorne geht! Im Grunde ist es die Energie urwüchsigen Hardcores, die hier aus den Boxen ballert. Dazu rast Sänger Louis Jocker wie ein Gestörter durch die Gegend und verübt herrlich spackige Bewegungen. Der Typ, optisch eine Mischung aus Supergrobi und Zack de la Rocha, hat etwas drauf, was ich bei Sängern oder überhaupt generell Bühnenmenschen total gerne mag und viel zu häufig vermisse: den Willen zum Abspacken. Egal, ob es gerade blöd aussehen mag, es werden spontane Ideen umgeetzt. Die Floorshow kommt Jocker sehr entgegen, kann er sich doch direkt vor uns auf den Boden werfen, zwischen die Leute hechten oder das direkte Zwiegespräch suchen. Da er ab und zu auch Gitarre spielt, lässt er das Mikro immer mal auf dem Boden liegen. Sehr schön finde ich den Move, als er in aller Ruhe seine Klampfe wegstellt, mitten im Song einen Flachköpper zum Mikro hin vollzieht und erst mal im Liegen mit dem Gesicht nach unten schmettert. Zur Musik: Schnell schält sich heraus, dass COILGUNS es gern vertrackt mögen. Ich weiß nicht, ob man das schon Mathcore nennen sollte, aber hyperaktive Riffs, vertrackte Beats und noisige Dissonanzen sind gern genutzte Mittel der Band. Ich kann mir vorstellen, dass COILGUNS bei entsprechenden Bedingungen einen absoluten Höllenpit erzeugen können. Eine echte Überraschung! Ach ja – das Backdrop der Band ist so groß, dass es nur mit viel Liebe und Faltkunst an die Hinterwand (!) der Meierei passt – hab ich hier auch noch nicht gesehen.
Nach diesem spektakulären Auftritt denke ich zuerst, dass es nur antiklimatisch verlaufen kann, zumal WRONG als Fourpiece naturgemäß weniger agil sein können. Aber die Combo aus Miami, FL, saugt mich förmlich in ihren voluminösen Sound hinein. Scheiße, auch WRONG können richtig was! Ja, es klingt durchaus etwas nach HELMET und den Noise Rock der Neunziger (ich sah die Band zur „Meantime“-Tour in der Markthalle), aber mit unerhörter Wucht und einem detailverliebten Klang. Die Musiker wirken regelrecht manisch, wie sie ihre Instrumente bearbeiten. Es ist wie gesagt nicht gerade proppevoll, aber die intime Floorshow-Atmosphäre und der Bock der Band ziehen offensichtlich alle Anwesenden in den Bann. Dieses Treibende in der Musik lässt mich permanent mitzucken, wobei WRONG zu wütend und zu aggressiv klingen, als jetzt einfach als Easy Listening Grooverock bezeichnet zu werden (es handelt sich schließlich immer noch um eine INFERNAL CRUST BRIGADE-Veranstaltung, da wird ein gewisses Maß an Abscheu nicht unterschritten, bitteschön)! Die zweite Überraschung heute und so würde ich diesen Abend als durchweg gelungen bezeichnen.