HEXIS, NOISE FOREST, SIBERIAN HELL SOUNDS / 26.10.2018 – Kiel, Alte Meierei

Da will man gut gelaunt eine Konzertkritik schreiben und muss gleich mit einer bitteren Pille beginnen: Die INFERNAL CRUST BRIADE hört Ende 2019 voraussichtlich auf. Hier das Statement von Kiels wichtigster Konzertgruppe: „Alright, the announcement about the concert group: we will call it a day. Not now, but in september 2019. There are different reasons for this decision which we wouldn’t write down here, but in the end it’s not possible to run a concert group like the Infernal Crust Brigade in Kiel right now. That wasn’t an overnight decision or an easy one but it can’t go on on the current level. We will of course try to do a lot of great shows in the next months (this is our form of farewell tour) and it’s not 666% sure that we will definitely stop after the Black Infernal Birthday Bash in September 2019 but right now it looks like it. Thanx for understanding this and see you at the shows!” Es bleibt die geringe Hoffnung, dass diese Entscheidung doch noch rückgängig gemacht wird. Sonst kann man ja gleich aufs Land ziehen und Rüben züchten.

Als SIBERIAN HELL SOUNDS loslegen, sind wir Besucher*innen natürlich noch ahnungslos. Ich weiß sowieso nichts und hatte gar nicht gecheckt, dass heute drei Bands spielen (die Worte SIBERIAN HELL SOUNDS hatte ich als Motto gedeutet, passt ja im Grunde auf jede ICB-Veranstaltung). Die Australier böllern vehement los, vermengen Crust, Grind und Black Metal und widmen sich in ihren „lyrical themes“ laut Metal Archives „Violence, Anger, Machinery“. Genau so klingt das auch und vor allem vermittelt der Sänger den Eindruck, hart angepisst zu sein. Wütend stampft er mit dem Fuß auf, rennt rastlos vor der Bühne hin und her und plötzlich springt er einzelnen Besucher*innen vor die Nase und brüllt ihnen direkt ins Gesicht. Dabei scheint er im Grunde viel lieber jedem in die Fresse hauen zu wollen. Dieses Wüten aktiviert nach einen Songs sogar einen kleinen Pit, der unerwartet losbricht und stampedeartig über meinen abgelegten Jutebeutel trampelt. Darin befinden sich drei bis fünf notwendige Überbrückungsbiere (wenn mir mitten während einer Band das Bier ausgeht, kann ich ja nicht einfach weg zum Tresen gehen, das wäre ja unhöflich, daher helfe ich mir mit Überbrückungsbieren aus, bis ich mir in der nächsten Pause wieder am Tresen eine Pulle hole, aber das macht ja bestimmt jede*r so), die fast alle lädiert werden und ihren Inhalt versprühen, sodass alle Umstehenden etwas davon haben. Gute Band, schön radikal. Danach erweisen sie sich natürlich als tiefenentspannte Sympathen.

Krass, NOISE FOREST hatte ich zum letzten Mal vor elf Jahren gesehen, nämlich auf dem RD-ROCK 2007, wie mir die DreMu-Datenbank verrät. Dabei haben Boris und seine jeweiligen Mitstreiter nun wirklich häufig live gespielt, aber ich habe sie trotz vorhandenen Willens immer wieder verpasst. Wie viele Besetzungen also ungesehen an mir vorbeigezogen sind, weiß wohl nicht mal Chefförster Boris selbst. Die aktuelle Bandversion spielt vor allem neues Material, welches sich aber absolut nach dem anhört, was man bisher mit der Band verbunden hat: 90iger grooveorientierter Death Metal. Boris setzt neben seinen tiefen Growls auch ab und zu aggressivere Screams ein, was die Sache abwechslungsreicher macht. Für meinen Geschmack könnten NOISE FOREST gerne häufiger mal aufs Gaspedal treten. Ist natürlich absolute Geschmackssache. Jedenfalls klingt die Band frisch und motiviert, was man nach 27 Jahren Bandexistenz echt mal respektieren darf! Zum Schluss gibt’s noch einen älteren Song, nämlich „Oppressor“ vom 2003er Album „Zero Existance“.

Woah, HEXIS. Totale Dunkelheit bricht über uns herein. Auch die Bandmitglieder dürften im Grunde die meiste Zeit über gar nichts sehen, denn nur ab und zu flackert fieses Strobo-Licht von hinten auf. Aber wahrscheinlich brauchen die Gitarristen auch gar nicht auf ihre Saiten zu glotzen, um den kranken Lärm zu fabrizieren. Der Name der ersten Band, SIBERIAN HELL SOUNDS, geht ja auf eine Legende zurück, nach der irgendwelche russischen Wissenschaftler ein 14,5 Kilometer langes Loch in die Erde gebohrt hätten, aus welchem der Sound der Hölle gedrungen sei, akustisch festgehalten durch eine in die Bohrung abgesenkte Sonde. Wahrscheinlich haben die Typen aber nur eine HEXIS-Aufnahme gehört, welche die sinistren Dänen dort aus Promo-Gründen vergraben hatten. Anyway, tatsächlich fabrizieren HEXIS eine Stimmung, bei der es nicht um traditionelle Rockstrukturen wie Strophe-Bridge-Refrain geht. Wer dafür offen ist, kann sich einer Art Trance hingeben. Ich höre mir die Alben der Band nicht sehr oft an, aber live ist das ein Erlebnis, was durch die Dunkelheit noch intensiviert wird. Schade nur, dass der Auftritt nach ca. 25 Minuten bereits beendet ist! Ich bin gar nicht der Meinung, dass ein Konzert immer superlang sein muss, aber das ist dann doch zu kurz, gerade weil sich diese Blastbeat-Trance doch auch über eine gewisse Dauer richtig entfaltet.

Danach ernte ich endlich das „Tando Ashanti“-Album ab, nachdem mir die Kassettenversion 2017 ein Tapedeck geschrottet hat. (-> Review)

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