BLACK INFERNAL BIRTHDAY BASH Vol. 666/3: CAULDRON, EVIL WARRIORS, FVNERAL FVKK, VIDARGÄNGR, AUREOLE OF ASH, CHAMBERS, KAVRILA / 29.09.2018 – Kiel, Alte Meierei

Review von Philipp (Dremufuestias)

Ein Mal kann Zufall sein. Zwei Ereignisse bilden noch keine Serie. Aber mit drei Belegen lässt sich eine These schon langsam stützen. Daher verkünde ich mit wissenschaftlichem Ernst, dass die Alte Meierei mittlerweile neben Punk auch für Old School Heavy Metal in Kiel die erste Adresse darstellt. Trveheim in Kiel? Go at Alte Meierei! NIGHT DEMON, SAVAGE MASTER und jetzt CAULDRON haben schließlich nicht nur auf dem KEEP IT TRUE gespielt, sondern eben auch in der Meierei. Die INFERNAL CRUST BRIGADE macht’s möglich. Und da diese Ausgabe des INFERNAL BIRTHDAY BASH auch diverse andere Hochkärter auf dem Billing stehen hat, ist Erscheinen selbstverständlich. Herzlichen Glückwunsch, Infernal Crust Commander Herb!

Endlich mal pünktlich. Ich hatte rastlos zur Eile getrieben, und tatsächlich stehen wir dann so früh vor der Meierei, dass wir CHAMBERS noch länger soundchecken hören. Mit KAVRILA ist sogar noch eine siebte Kapelle dazugestoßen, oha. Da heißt es durchhalten und nicht nur geistige Getränke genießen, sondern auch mal zu den veganen Wraps greifen. CHAMBERS sind ein würdiger Opener für das infernalische Fest, ihr hämmernder Hardcore besitzt schwärzliche Post-Elemente. Sängerin Anna grunzt und schreit übellaunig, nutzt bei entsprechend passenden Passagen auch gern mal den Effekt nicht ins Mikro zu singen, sondern ohne Verstärkung in den Raum hinein. Besonders effektiv kommt das rüber, als sie bei einem Song die Bühne verlässt und sich direkt vor den Halbkreis stellt, den das Publikum (noch) bildet.

KAVRILA waren erst im Februar in der Meierei zu Gast, es war die Show mit MAGGOT HEART und REVEAL: Die Hamburger wirken heute noch rastloser und bieten wohl in Sachen Bühnenaction gleich den Höhepunkt des Abends. Die Kollegen flitzen über die Bühne, springen ins Publikum, gehen nicht gerade zimperlich mit ihren Instrumenten um. Permanente Bewegung ist auch in ihrer Musik zu finden, gleichzeitig klingen KAVRILA finster und nihilistisch. Ich steuere mit einem lebensbejahenden Cocktail dagegen an. Die Band dankt auch explizit Ass, die heute alle sieben Bands mischt. Das ist in der Tat krass, Respekt!

Mit AUREOLE OF ASH (Münster) geht es in grindige Gefilde. Den Schlagzeuger erkennt man gleich, er zockt auch bei SVFFER. Die Bands kann man mit ihrer Verortung in Powerviolence und Grind durchaus vergleichen. Wobei zum Beispiel der Gesang wieder anders klingt, die Sängerin hat eine rauhe, angepisste Stimme. In angewidertem Tonfall speit sie der Festung Europa ihre Verachtung heraus. Ich höre nämlich ganz genau folgende Worte aus dem Gehacke heraus: „dead bodies washed ashore / fortress europe – human bankrupcy / but who cares? it might distract our games to witness misery and tragedy / to acknowledge what we allowed to happen / weapon deals – support of tyrants / its profit over human lives all over again and again” (“Europe Bloody Europe” und natürlich nicht live herausgehört, sondern bei Bandcamp stibitzt, hö.)

Nun erreicht der Birthday Bash wohl die größte Besucherdichte – die Spätaufsteher können den Frühzubettgehern ein High Five auf den Weg geben und gemeinsam den Keulenschlag von VIDARGÄNGR genießen. Ich sehe die Black Metaller heute zum dritten Mal. Und werde zum dritten Mal überzeugt. Die Leipziger haben Kerzen dabei, wollen aber keineswegs romantische Stimmung verbreiten. Wer als Haupteinflüsse DARKTHRONE, BATHORY und DÖDHEIMSGARD angibt, der lässt seine Hörer*innen stattdessen lieber den groben Knüppel schmecken. Kalt, klirrend, rasend berserkern die Wiedergänger sich durch Stücke ihres „A World That Has To Be Opposed“-Albums (bester Plattentitel!). Mit der Zeit bewirken sie in mir eine regelrecht rauschhafte Stimmung, angefeuert durch das permanente Trommelfeuer des Dauerblasts. Definitiv ein Wiedergänger, den du nicht so einfach mit der Schaufel erschlagen kannst!

Wie beim Kiel Explode wird heute Wert auf Abwechslung gelegt: Auf den Abriss folgt epischer Doom mit Melodien, die man getrost als erhaben bezeichnen darf. Die Show mit Priesterroben und entsprechenden Ansagen sowie Mercherin in Nonnenfummel mag in Erinnerung bleiben, noch prägnanter bohren sich die hymnischen Doom-Walzen „Erection In The House Of God“ oder „Underneath The Phelonion“ ins Hirn. Cantor Cinaedicus (Invocations & Enticements) erinnert an Robert Lowe zu Hochzeiten, auch wenn er eine etwas dunklere Stimmfärbung besitzt. Überhaupt sind SOLITUDE AETUERNUS kein schlechter stilistischer Vergleich. Im März konnten FVNERAL FVKK bereits ein Ausrufezeichen hinter ihren Namen setzen (Konzert mit ATTIC im Bambi), heute bestätigt sich dieser positive Eindruck.

Auf EVIL WARRIORS bin ich gespannt, hatte ich doch Gutes über die Band und ihr „Fall From Reality“-Album gelesen. Wie VIDARGÄNGR kommt das Ding übrigens über WAR ANTHEM und wurde optisch vom selben Coverkünstler gestaltet (A. Kavtea). EVIL WARRIORS gehen spieltechnisch an die Grenzen, was die Gitarristen aus den Instrumenten herauskitzeln, ist herausragend. Der furiose Ritt setzt nicht allein auf Schnelligkeit, vielmehr sorgen dynamische Songstrukturen und herrliche DISSECTION-artige Gitarrenmelodien für Verzückung und Maulsperren. Der Gig knallt von vorn bis hinten, was nicht zuletzt am Drummer liegt, der mit Drive und Finesse zockt. Geile Scheiße, Album wird natürlich noch vor Ort abgeerntet.

Jo, auch schon wieder elf Jahre her, dass ich CAULDRON zum letzten Mal gesehen habe (KEEP IT TRUE 2007). Etwas schade, dass die Kanadier als letzte Band vor einem mittlerweile doch sehr betrunkenen Publikum spielen. Die Band lässt sich nichts anmerken, ich habe aber schon das Gefühl, dass sie das nicht ganz so geil finden und sich wahrscheinlich denken, dass sich am nächsten Tag keine*r der Anwesenden mehr an diesen Auftritt erinnern können wird („What do you wanna do with this evening?“). Stimmt nicht ganz, ich habe alles kristallklar in meinem Hirn abgespeichert! Trotz der ganzen anderen guten Bands sind CAULDRON heute für mich das Highlight. Ich kann mir vorstellen, dass nicht jede*r die Stimme von Jason Decay mag, wohingegen ich dieses Samtige seines Stils gerade total gerne mag. Es befinden sich diverse Stücke von der ganz neuen LP in der Setlist, die mir wie „No Longer“, „Letting Go“ oder „Prisoner Of The Past“ auf Anhieb sehr gut gefallen. Insgesamt weniger Speed, dafür mehr Old School Hardrock und immer sehr geil auskomponiert. Mit „Tears Have Come“, „No Return / In Ruin“ oder „Chained Up In Chains“ (der Refrain!) kommen natürlich auch viele ältere CAULDRON-Songs zum Einsatz.

Der BLACK INFERNAL BIRTHDAY BASH hat alle Erwartungen erfüllt. Top Sache!

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