- Review von Philipp (Dremufuestias).
Der Festivalhattrick RD-ROCK – WILWARIN – MOORLOCH ist noch nicht verdaut, geschweige denn reviewt, da steht bereits das KIEL EXPLODE vor der Tür! Und der erbarmungslose Infernal Crust Commander veranstaltet heute auch noch ein inoffizielles Warm-Up mit SKARDUS und WIEGEDOOD. Es hilft alles nichts: Fuck sleep, onward to Meiereimayhem!
Die ganze (geistig flexible) Black Metal Hood Kiels samt einiger neuer Gesichter ist anwesend, womit sich der erfreuliche Trend fortsetzt, dass die ICB-Konzerte immer deutlicher wahrgenommen werden – Dunkelfuzzies und Krachnasen, hört die Signale! SKARDUS ackern bereits, als ich löhne und mir noch schnell ein Getränk bestelle. Der Sound ist formidabel und lässt bisher unangeahnte Nuancen im Schaffen der Kieler Black-Metal-Ruinos hervortreten. J.S. gibt seinem Kit Saures, die Grundansage heißt Raserei. Herr Jürgensen verkündet nach diesem ersten Song: „Jo, wir sind SKARDUS, wir kommen von hiär!“ Das erfreut mich, habe ich also lediglich ein vermutlich unheilschwangeres Intro und die ersten Takte verpasst. Herr Sjögren und M.B. lassen es knattern, keifen und geifern gleichzeitig dazu in ihre Mikros. Die Anwesenden besitzen natürlich alle die Kassetten der Band und können Highlights wie „Pesthauch“ oder „Fieberwind“ im Schlaf mitkotzen. Naja, fast. Fest steht, dass es danach ausschließlich positive Stimmen gibt, die von „geiles Geballer“ bis „atmosphärisch dicht“ reichen.
Was dann folgt, geht auf keine Kuhhaut mehr! Außer man klaut den ollen antiken Trick und schneidet die Haut in lange Streifen, legt diese aneinander und markiert damit ein großes Stück Land. Machen wir hier aber nicht, denn Kühe sind Freunde und Karthago wurde trotzdem zerstört. Nee, aber unfasslich: Was ist das bitte für ein Tier am Schlagzeug? Keine Kuh, das steht fest. Der Kerl bewegt sich in einem sinnverwirrenden Tempo, spielt dabei aber einer frechen Tightness, die man so präzise noch nie erlebt zu haben glaubt. Die Band verzichtet übrigens auf einen Bassisten, beide Gitarristen zocken über je einen Gitarren- und einen Bass-Stack. Die daraus resultierenden Türme sind geometrisch exakt aufgebaut, wie es sich für Black-Metal-Autisten gehört. Den anwesenden Kollegen Frahm erinnert das an die grandiosen SHELLAC, die wohl auch ein ziemliches Faible für derartige Bühnenaufbauten haben. Das Hobby der Soundtüftelei dürften diese beiden Bands bei aller Verschiedenheit auch noch gemeinsam haben. Der Sound ist einfach nur noch beeindruckend. Obwohl die Belgier eisern im Black Metal zu verorten sind, schmelzen sie Post Gedingse, Hardcore/Punk und einen Rest Unbestimmbares mit ein in diesen fiesen Klumpen. Tremolo-Attacken, tollwütige Triolen, dann plötzlich ein fieser Tempocut – Raum für Melancholie und tiefste Verzweiflung. Es ist schon eine große Kunst, diesem Genre durch neue Ideen Impulse zu versetzen, ohne sich jedoch zu weit vom Kern der Sache zu entfernen, also des Klangs der zweiten BM-Generation. WIEGEDOOD widmen sich völlig der Musik, versagen sich jeglicher Ansagen komplett, keine Begrüßung, kein „How are you doing?“, kein „Goodbye“. Das ist nur konsequent und passt zur harschen Ausgestaltung ihrer Musik.
Die Toten haben es gut. Die Lebenden aber auch, haben sie doch noch eins der großen Black-Metal-Highlights des 21. Jahrhunderts mitbekommen…