- Review von Philipp (Dremufuestias)
Zwei Ein-Mensch-Projekte an einem Abend, die mit den Genrebezeichnungen Industrial Doom sowie Death Industrial angekündigt werden. Das klingt erst mal nicht, als ob es mein Ding sein könnte. Aber noch gerade rechtzeitig werde ich auf eine kurze Vice-Doku über Tristan Shone, den Kopf hinter AUTHOR AND PUNISHER, aufmerksam gemacht. Darin sieht man, wie der Typ seine gesamten Effektgeräte quasi selber baut und die entsprechenden Sounds selbst kreiert. Es ist schwierig zu beschreiben, aber auf jeden Fall imposant, wenn man Shone hinter seinem Kram sieht. Wie ein Borg aus Star Trek scheint dieser Freak mit elektronischem Gedöns zu verschmelzen, schiebt dabei ein Gerät hin und her, welches Drumsounds auslöst, bedient gleichzeitig diverse Pedale und brüllt in ein sehr eigentümlich geformtes Mikro. Und das finde ich daran interessant, wo mich andere Industrial-Projekte nicht packen: Statt einfach irgendwelche Effekte automatisch ablaufen zu lassen, sieht eine AUTHOR AND PUNISHER-Show nach „Arbeit“ aus und klingt verrückterweise auch organischer, als man beim Begriff „Industrial irgendwas“ denken mag.
Ich stehe gerade am Tresen, als eine Gestalt aus dem Café der Meierei tritt. Der Kerl ist durch eine Kapuze verhüllt, in Lumpen gekleidet und grunzt bereits beim Gang zur Bühne in sein Kopfmikro. Als er direkt an mir vorbeigeht, dringt ein stechender Geruch in meine Nase: Der Typ stinkt hart! Bei näherem Blick erahnt man, warum: Offenbar hat der TREPANERINGSRITUALEN-Mensch die DEVIL’S BLOOD-Attitüde verinnerlicht und sich mit Schweineblut eingeschmiert. Zum Glück wird ordentlich Kunstnebel in die Meierei gepumpt, über den ich selten so erfreut war wie heute, überdeckt das Zeug doch den olfaktorischen Overkill. Im Gegensatz zum eingangs erwähnten Tristan Shone beschränkt sich der Meister aus Göteborg auf Geröchel und Growls, während der Hintergrundsound aus der Dose pröttelt. Die Musik klingt reduziert, fast primitiv und besitzt eine punkig-asoziale Ausstrahlung. Es wummert, klingt insgesamt nach Ambient, Noise oder sogar Techno, wobei ich wie bei den meisten Projekten, bei denen die Musik in der Livesituation aus der Dose kommt, ein irgendwie leeres Gefühl empfinde. Ein richtiger Kick bleibt aus, der Leitspruch „kein Schlagzeug = no satisfaction“ bewahrheitet sich letztlich mal wieder.
Bei AUTHOR AND PUNISHER ist das tatsächlich anders. Dadurch, dass Shone wie oben bereits beschrieben an seinen Gerätschaften ackert, hat man eher das Gefühl eines Konzerts, dass hier also verschiedene Sounds im Moment kreiert werden und aufeinandertreffen. Wenn ich es richtig verstehe, funktioniert dieses Schiebedingsie wie ein Drumpad, das aber nicht gedrückt wird, sondern durch Bewegung einzelne Drumschläge erzeugt. Mit der einen Hand spielt Shone somit Schlagzeug, wenn man so will. Mit der anderen Hand und mit den Füßen werden Gitarrenloops erzeugt, Pianosounds hervorgerufen und so weiter. Es klingt tatsächlich dynamisch! Und es sieht einfach abgefahren aus, wie der Künstler aus San Diego sein selbstgebautes mechanisches Monster bedient. Der Ex-Maschinenbauingenieur liefert eine Sounderfahrung, die einzigartig ist. Bandnamen zu nennen, finde ich hier eher irreführend, auch passt AUTHOR & PUNISHER nicht wirklich in ein klar zu definierendes Genre. Es pulsiert, vermittelt bisweilen einen klaustrophobischen Eindruck, lädt durch doomig schwere Parts zum Headbangen ein und lässt den Hörer beunruhigt zurück.