Go, Infernal Crust Brigade, go!

Konzert mit Kratzer und rha. / 06.12.2014 – Kiel, Alte Meierei.

Uff. Was für ein Konzert! Zwei schwere Brocken an Bands, die es erst mal inhaltlich und musikalisch zu verdauen gilt.

Erfreulich ist erst mal aber, dass Herb und die INFERNAL CRUST BRIGADE nicht ausschließlich mit fiesen Techno/Trash-Partys locken müssen, um Leute zu ziehen (na gut, ich war ja auch da. Aber nur aus Solidarität!) – heute kommen jedenfalls ein paar Figuren mehr als die üblichen sieben Zahlenden! GO, INFERNAL CRUST BRIGADE, GO!

rha. hauen mich vom Fleck weg um. Dabei hätte ich eigentlich ahnen können, dass die Band mich erreicht. Schließlich war ich bereits im März 2012 anlässlich ihres Auftritts im Café Themroc Neustadt begeistert (entsprechendes Review). Doch zweieinhalb Jahre später zeigen sich rha. nochmal deutlich gestärkt und lassen so einige Münder offen stehen. Da wird galant alles plattgewalzt, und der Sänger wiegt sich dazu sanft in den Klangwogen. Obwohl man hilflos Genre-Schubladen wie Screamo, Post-Hardcore oder Düsterpunk anführen mag, muss man doch erkennen, dass rha. eine überraschende Eigenständigkeit entwickelt haben. Ihr Sound ist zum Teil verschachtelt und komplex, kloppt dir dennoch so vehement in den Magen, dass ein Abdriften in völlig vergeistigte Sphären schlicht nicht möglich ist. Leider hole ich mir erst heute die neue Scheibe „Refugium“, welche aus lediglich einem Stück besteht, das allerdings monumentale 18 Minuten dauert. Was für ein Monster! Und was für ein unfasslich guter Text mit Zeilen wie „In eurer Kette will ich die Stelle sein, die brechen muss, um Neues zu erzwingen.“ Deep shit!

Endlich mal Kratzer sehen. Mich sprechen Name und Artwork der Hamburger schon mal derart an, dass ich die gern gut finden will. Und zum Glück enttäuscht mich die Band dann auch nicht. Sänger Marché wieselt durch den Mob und schubst die Leute an. Blackened Crust trifft es als Stilbezeichnung ziemlich gut, denn KRATZER haben diese Vehemenz, die Crust- und D-Beat-Geböller zu eigen ist, dabei aber auch dunkle Black-Metal-Elemente. Und bei all der Raserei ist sogar mal Platz für eine melodiöse Lead-Gitarre, was mir total gut gefällt. Auch KRATZER überzeugen übrigens mit anregenden Denkansätzen: „Tägliches Gegenanrennen / ein lebenslanger Dauerlauf / ein letztes Mal nach Luft geschnappt / im Laufrad deines Käfigs.“ („Laufrad“) oder „Schritt für Schritt geht es weiter. Der Zeitpunkt schon lange erreicht. Nur das Ziel und den Sinn fast aus den Augen verloren. Mit Kieselsteinen in der Sanduhr. Kapiert nicht, dass es ja doch schon kurz vor zwölf ist.“ („Zeitverlust“) Die Mucke vertont diese Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung (kein Infernal-Crust-Brigade-Review kommt ohne das Wort „Verzweiflung“ aus) recht adäquat. Doch zum Glück kann man dazu herrlich mit den Füßen stampfen, die Fäuste anklagend gen Meiereidecke heben und sich die Läuse aus der Matte schütteln!

Strecker wünscht sich danach das Danewerk zum Weiterdenken. Das ist schlau, schließlich wohnt er direkt nebenan und sieht schon bei den letzten KRATZER-Klängen leicht schlafbedürftig aus. Und so kommt alles, wie es kommen muss.

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