Wir dokumentieren einen Aufruf der Kampagne Flora bleibt unverträglich.
Sa. 21.12.2013 HH: Bundesweite Demonstration „Selbstorganisation statt Repression!“
Rote Flora verteidigen – Esso-Häuser durchsetzen!
Gegen rassistische Zustände – Bleiberecht für alle!
^14 Uhr | Demoauftakt | Rote Flora (Achidi-John-Platz) | Hamburg
17-20 Uhr | Kundgebung „Gegen Demonstrationsverbote und Repression – Die Stadt gehört allen!“ vor dem City Management Hamburg und der Handelskammer Hamburg Service GmbH (Adolphsplatz 1 – An der Börse / Rückseite Rathaus) | Hamburg
17:30 Uhr | Kundgebung „Rote Flora bleibt unverträglich – Business Improvement Districte abschaffen!“ vor dem Büro und den Empfangsräumen von Investor Gert Baer (Neuer Wall 10) | Hamburg
Gemeinsame Bahn-Anreise aus Kiel:
Treffen 11:50 Uhr HBF Kiel^
Mit einer bundesweiten und internationalen Demonstration am 21. Dezember in Hamburg wollen wir deutlich machen, dass mit massivem Widerstand zu rechnen ist, sollte versucht werden, die Rote Flora zu räumen. Inhaltliche Schwerpunkte sind die aktuellen Kämpfe um den Erhalt der Esso-Häuser, das Bleiberecht der Flüchtlinge und die radikale Kritik an Repression und Gefahrengebieten.
Im Oktober diesen Jahres hat die seit 24 Jahren besetzte Rote Flora eine Kampagne zu ihrer Verteidigung ausgerufen. Der formale Privateigentümer Kretschmer und Investor Gert Baer wollen den besetzten Status des ehemals städtischen Gebäudes beenden und eine Klage gegen den aktuellen Bebauungsplan einreichen. Sie haben angekündigt, aus der Flora ein sechsstöckiges Gebäude mit Konzerthalle für 2500 Besucher_innen, integriertem Stadtteilzentrum, Verkaufsflächen und Büroräumen nebst Kita und dreistöckiger Tiefgarage zu errichten. Zur Umsetzung wird die Gründung einer Aktiengesellschaft mit internationalen Investoren angestrebt.
Unverträglich bleiben!
Baer und Kretschmer kritisieren öffentlich, dass die Hamburger Hafenstraße in den Achtziger Jahren nicht geräumt wurde und erklären die Rote Flora zu einem gegenteiligen politischen Modellfall. Ihr Ziel ist laut Pressemitteilung, die Besetzer_innenszene zu demoralisieren und neuen Hausbesetzungen durch die Zerschlagung der Flora in Zukunft keine Perspektive mehr zu bieten. Ihr Angriff richtet sich ideologisch nicht nur gegen die Rote Flora als einzelnes lokales Projekt, sondern sie verstehen ihr Engagement als politisches Statement gegen Hausbesetzungen insgesamt. Die mehreren hundert Nutzer_innen des Hauses bezeichnet Baer inzwischen als »kriminelle und terroristische Vereinigung«.
Aufgrund der konkreten Bedrohung wurde im Rahmen einer Vollversammlung bundesweit und international zu Solidaritätsaktionen aufgerufen. Schon bevor bei irgendwelchen neuen Geldgeber_innen Hoffnung auf Gewinnmaximierung entsteht, soll durch überregionale Schlagzeilen und Abschreckung ein negatives Image des Investorenprojektes entstehen und deutlich werden, dass ein solcher Plan mehr Schaden anrichtet als Gewinne bringt.
Auf Beschwichtigungen der Politik wird sich die Rote Flora nicht verlassen. Sanierungs- und Bebauungspläne können sich ebenso ändern wie die Haltungen von Politiker_innen und Medien. Die Linie des regierenden Senates scheint darüber hinaus vor allem darin zu bestehen, sich selbst aus der politischen Schusslinie zu bringen. Durch Privatisierungen werden unbequeme Entscheidungen über die Privatwirtschaft geregelt, während die Politik ihre Hände in Unschuld wäscht. Dies erinnert nicht nur an die Abriss bedrohten Esso-Häuser an der Reeperbahn, sondern auch an die Auseinandersetzungen um das Ungdomshuset in Kopenhagen.
Von der Roten Flora wurde immer klargestellt, dass der aktuelle Konflikt in erster Linie einer um Stadt und Gesellschaft selbst ist. Die Auseinandersetzung geht nicht nur um das Gemäuer am Schulterblatt, sondern ist Teil von und bezieht sich auf die Verhältnisse, die es umgeben. Es geht uns im Kampf um die Flora nicht nur um den Erhalt des Hauses, sondern um die Flora als politisches Projekt und politische Idee. Wir sind uns bewusst, dass wir eine mögliche Räumung vermutlich nur im Vorfeld politisch verhindern können. Durch breite Solidarität und starke Bewegungen, die sich nicht nur in Verteidigungshaltung begeben, sondern die Veränderung der Verhältnisse zum Ausgangspunkt machen.
Shut Down Fortress Europe!
Die letzten Monate und Wochen waren bundesweit geprägt vom Kampf der Refugees um Bleiberecht. In Hamburg wurde wochenlang im Rahmen spontaner Demonstrationen und Proteste auf die Straße gegangen, um rassistische Kontrollen zu stoppen, aufgrund derer Refugees aus Lampedusa in der Perspektive abgeschoben werden sollen. Durch unterschiedliche Protest- und Aktionsformen, die sich selbstständig und unkontrolliert in Bewegung setzen, ist es gelungen, die Landesregierung vorübergehend in die Defensive zu bringen. Mittlerweile wird versucht, die Gruppe der Flüchtlinge aus Lampedusa zu spalten, indem die Kirchenführung als Hebel der Senatspolitik eingesetzt wird.
Umso wichtiger ist, dass sich alle Protestspektren deutlich und entschlossen zu Wort melden. Der dauerhafte Stopp der rassistischen Kontrollen ist keine Verhandlungsmasse in der Auseinandersetzung um das Bleiberecht der Lampedusa Flüchtlinge. Bleiberecht keine Frage des Herkunftslandes oder einer Einzelfallprüfung als Abschiebung auf Raten. Dauerhaftes, unbeschränktes Bleiberecht und Bewegungsfreiheit für alle – Dublin II abschaffen!
Während sich in Hamburg, Berlin und anderen Städten viele Menschen mit den Kämpfen der Refugees solidarisieren, kam es in der Peripherie der Städte oder ländlichen Räumen in den vergangenen Wochen immer öfter zu rassistischen Mobilisierungen von Anwohner_innen und einer Serie von Brandanschlägen auf Unterkünfte von Geflüchteten. Rassismus kommt nach wie vor aus der Mitte der Gesellschaft und staatliche Angriffe auf Flüchtlinge befördern populistische Stimmungen. Eine antifaschistische Praxis ist und bleibt daher ebenso unverzichtbar wie ein antirassistischer Bezug in stadtpolitischen Kämpfen.
Kapitalistische Stadtentwicklung
Ein anderes Beispiel wie sich Kämpfe in der Stadt überkreuzen und aufeinander beziehen können, bilden die Esso-Häuser auf St. Pauli. Über 100 Mieter_innen sollen dort vertrieben werden und ein riesiger Neubau mit Luxuswohnungen entstehen. Bestehende Clubs und Läden sollen dichtmachen und durch hochpreisiges Gewerbe ersetzt werden. Es wird versucht, die Interessen der Bewohner_innen gegen die der Anwohner_innen auszuspielen und die Politik hat jede erdenkliche städtebaupolitische Alternative fallen lassen, um dem Investor Bayrische Hausbau den Weg zu ebnen. Erste Kündigungen wurden für das Frühjahr 2014 ausgesprochen.
Sämtliche Optionen auf einen Erhalt des Gebäudes oder eine Neugestaltung im Interesse der Bewohner_innen und Anwohner_innen wurden verbaut, sämtliche Türen verschlossen. Nur ein sich radikalisierender Widerstand und breite Proteste scheinen die vermeintlich alternativlose Situation noch kippen zu können. Obwohl die Zusammensetzung des Widerstandes auf St. Pauli sehr viel heterogener ist, stehen die Rote Flora und die Esso-Häuser vor einem verblüffend ähnlichen Problem. Die Stadt privatisiert den Konflikt und gibt sich unbeteiligt. Im Ergebnis erscheinen massive Proteste und eine Eskalation als einzige Perspektive gegen eine Politik, die ihre politischen Zielsetzungen als kapitalistische Sachzwänge durchzusetzen versucht.
Für die Ausweitung der Kämpfe
Städte sind weltweit Orte von politischen Kämpfen und immer öfter beziehen sich diese aufeinander und vernetzen sich. Nicht nur die Fragestellungen und Investorenarchitekturen überschneiden sich, wenn in Istanbul, Athen, Barcelona, Frankfurt, Berlin, Amsterdam oder Kopenhagen gegen Gentrifizierung, Zwangsräumungen oder steigende Mieten demonstriert wird, sondern immer häufiger auch Protesterfahrungen und politische Zielsetzungen.
Politische Bewegungen entstehen dabei neu und bilden sich aus der sozialen Basis in den Städten. Der Kampf für den Erhalt der Roten Flora überkreuzt sich mit Kämpfen anderer besetzter Häuser und Stadtteilprojekte weltweit. Es gibt Widerstand von Mieter_innen gegen Aufwertung und Vertreibung. Protest gegen die Privatisierung des Städtischen, Selbstorganisierung und Sabotage gegen Repression und das menschenverachtende System aus Abschiebung und Abschottung der Außengrenzen.
Die Rote Flora ist nur einer von vielen Orten, an dem sich diese Auseinandersetzungen derzeit im Protest widerspiegeln. Es geht für uns weder an der Flora noch bei den Esso-Häusern noch im Centro Sociale oder anderen umkämpften Räumen um einzelne Projekte. Es geht um ein radikal anderes Verständnis von Stadt und Gesellschaft. Um grenzüberschreitende Solidarität, eine Praxis der Aneignung und die Vergesellschaftung des Bestehenden, um kapitalistische Zwänge und patriarchale Normen anzugreifen.
Right to the City – Fight Capitalism!
No Border – No Nation!
» Kampagne Flora bleibt unverträglich
» www.rote-flora.de
^~~#BDBDBD:Info- und Mobilisierungsveranstaltung in Kiel:
Sa. 23.11. | 20.30 Uhr | Alte Meierei (Hornheimer Weg 2)~~^
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Von florableibt.blogsport.de
Sa. 28.9.2013 HH: Für die Vergesellschaftung der Städte!
Häuser besetzen – Investor_innen enteignen – autonome Projekte verteidigen!
^Sa. 28.9. Demonstration und Autonomer Block
Gegen Abschiebungen, staatliche Repression und Mietenwahnsinn!
Autonome Projekte verteidigen – Wir bleiben alle!
14 Uhr Millerntorplatz St. Pauli
Gemeinsame Anreise aus Kiel
Treffen HBF: 12.00 Uhr
Abfahrt des RE: 12.21 Uhr^
Im Rahmen der Demo „Keine Profite mit der Miete“ rufen wir zu einem überregionalen autonomen Block für besetzte Häuser und Projekte auf, der sich gegen Mietenwahnsinn und kapitalistische Stadtentwicklung richtet. Wir wollen damit unsere Solidarität mit Besetzer_innen, autonomen Zentren und selbstbestimmten Wohnprojekten zum Ausdruck bringen, kündigen für den Fall eines Angriffes auf die Roten Flora oder anderer Projekte unseren Widerstand an und senden widerspenstige Grüße an die kürzlich durchsuchten Häuser in Berlin.
Bei aller Unterschiedlichkeit von Wohnformen, besetzten Häusern und Autonomen Zentren, ob mit Vertrag und Miete, in Verhandlungen, als Genossenschaft, syndikalistisch oder unverträglich. Wir lassen uns nicht auseinander dividieren. Wird ein Projekt angegriffen, werden wir alle angegriffen.
Wagenplätze, Kultur- und Hausprojekte sind wichtige Bestandteile einer selbstbestimmten stadtpolitischen Entwicklung. Wir appellieren dabei nicht an die Politik, sondern setzen unsere praktischen Erfahrungen und Utopien gegen die vermeintlichen Sachzwänge der kapitalistischen Stadt.
Mieten? Braucht kein Mensch!
Der Kampf von Mieter_innen gegen Zwangsräumungen ist ebenso ein Teil hiervon wie die Proteste gegen Mietenwahnsinn und Wohnraum als Ware. Es geht in der Perspektive um eine radikale Veränderung des sozialen und politischen Lebens: Die Vergesellschaftung des Wohnraumes. Sind Mieten notwendig? Müssen Häuser besessen werden? Für uns ist Wohnen oder Nahverkehr keine Frage von Besitz, sondern wie das Betreten von Parkanlagen eine gesamtgesellschaftliche Notwendigkeit.
Anders als es das Motto der Demo nahe legt, ist nicht allein das Problem, dass Profite mit der Miete gemacht werden, sondern Mieten sind Teil der krisenhaften Dynamiken der warenproduzierenden Gesellschaft, die auf Privateigentum und Ausbeutung beruht.
Mieten bilden ein Diapositiv von Lohnarbeitszwängen und Armut. Wer keinen Job hat, wird verdrängt, muss umziehen oder wird in die Wohnungslosigkeit gedrängt. Mieten sind kein Naturgesetz, sondern Ausdruck kapitalistischer Abhängigkeiten. Sie bilden Hierarchien ab und stehen einem gleichberechtigten Leben entgegen. Sie gehören abgeschafft.
In der Gesellschaft, in der wir leben, gibt es nichts, das niemandem gehören darf. Wenn ein Mensch stirbt und niemand dessen Hinterlassenschaften will, muss der Staat als Zwangserbe einspringen. Aus demselben Grund wird eine Löschung aus dem Grundbuch oder der Besetzt-Status der Roten Flora als illegal betrachtet. Während die Besitzlosigkeit der Dinge also verboten ist, gelten Armut und Besitzlosigkeit von Menschen als legal, erlaubt und unvermeidlicher Sachzwang eines gutgeführten Unternehmens Stadt.
Indem Dinge, die selbstverständlich sein sollten, zur Ware gemacht werden, werden diese nicht nur dem Öffentlichen und Gemeinsamen entrissen, sondern uns gleichzeitig ein Platz in der Gesellschaft zugewiesen: Der der Käuferin oder des Verkäufers, vor oder hinter der Ladentheke. Die Beziehung zwischen uns und die Räume in der Stadt werden einzig und allein ökonomisch definiert. Besitz und Verwertbarkeit dominieren als gesellschaftliche Grundlage. Sie trennen und hierarchisieren die Menschen in ihren Verhältnissen zueinander, anstatt die Herstellung eines Gemeinsamen an Orten kultureller Aushandlung zu ermöglichen.
Gegen den Ausverkauf der Stadt
Ob Privatwirtschaft oder städtische Standortpolitik, beides orientiert sich nicht an den Bedürfnissen und dem Bedarf der Menschen, sondern an kapitalistischen Kosten-Nutzen-Rechnungen. Flüchtlinge, Drogenkonsument_innen, Menschen mit zugeschriebenem Migrationshintergrund oder wenig Geld werden wie viele andere systematisch aus der Gesellschaft ausgegrenzt. Wir lehnen diese Verhältnisse ab, da das Zusammenleben für uns eine Frage von Aushandlung und Assoziation ist. Die Stadt gehört nicht der etablierten Politik, Investor_innen oder Investmentfonds, sondern allen. Und alle haben denselben Anspruch darauf.
Mit einer Stadt, die sich als Unternehmen begreift und einer auf Privatwirtschaft abzielenden Stadtentwicklung ist für uns keine Zukunft denkbar. Unsere Kritik ist daher notwendigerweise radikal und grundsätzlich. Denn ohne Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse ist kein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Zusammenleben möglich. Ohne die Abschaffung anderer Herrschaftsmuster wie zum Beispiel patriarchaler Strukturen reproduzieren wir bestehende Zwänge, ohne Aufstände und Revolten treten wir auf der Stelle der Geschichte und kommen nicht vom Fleck.
Wir wenden uns gegen Privatisierungen, kämpfen für selbstbestimmte Projekte und Praktiken der Aneignung und stellen uns solidarisch der Repression entgegen. Strafverfahren, wie gegen die Besetzer_innen der Juliusstraße, halten uns nicht davon ab, die Luxus-Mahagonitüren des Leerstandes aufzubrechen. Hausdurchsuchungen, wie zuletzt in der Rigaer Straße und anderen Wohnungen in Berlin, dienen der Einschüchterung und Kontrolle. Sie treffen wenige und meinen uns alle. Solidarität ist für uns deshalb nicht nur eine Praxis der Unterstützung, sondern Ausdruck derselben Unzufriedenheit, derselben Praxis und Bewegungsrichtung. Unsere Perspektive ist Vergesellschaftung und die Teilhabe aller, nicht als avantgardistisches Projekt, sondern als breite soziale Bewegung, die sich in unterschiedlichen Kämpfen aufeinander bezieht.
Wir sind daher solidarisch mit dem Wohnprojekt Vereinsstraße in Hamburg, das von der Stadterneuerungsgesellschaft verkauft und zerstört werden soll. Wir sind solidarisch mit dem Widerstand der Bewohner_innen der Esso-Häuser auf St. Pauli, die abgerissen und profitabel saniert werden sollen. Wir verstehen uns als Teil der bundesweiten Flüchtlingsproteste und des Kampfes gegen das europäische Grenzregime. Wir schauen nicht weg, sondern greifen ein, wenn Jugendliche in Altona-Altstadt rassistischen Kontrollen ausgesetzt sind und mittels Gefahrengebieten Zonen repressiver Willkür geschaffen werden. Dies alles ist für uns untrennbar verbunden, wenn wir gegen Mietenwahnsinn und für autonome Projekte auf die Straße gehen.
Wohnen für alle und zwar umsonst!
Esso-Häuser, Vereinsstraße und alle anderen Wohnungen in Mieter_innenselbstverwaltung!
Weg mit Residenzpflicht und Abschiebelagern!
Solidarität mit den durchsuchten Projekten in Berlin – united we stand!
Kampagne Flora bleibt unverträglich
^Di. 24.9. Come as you are
Autonome Modenschau
19:30 Uhr Milchstraße Ecke Mittelweg^
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Von florableibt.blogsport.de
Flora bleibt unverträglich und besetzt!
Alle Tricks nutzen nix
Seit einigen Wochen verdichten sich Informationen, die auf eine aktuelle Bedrohung der Roten Flora hindeuten. Für uns ist eine Situation entstanden, in der wir einen zeitnahen Angriff auf das Projekt für möglich halten.
Das häufig wiederholte und zentrale Argument der etablierten Politik, um von einer vermeintlichen Entspannung im Konflikt um die Rote Flora zu sprechen, ist eine Bebauungsplanänderung, die ein Stadtteilkulturzentrum am geographischen Ort des Gebäudes festschreibt.
Wir haben ohnehin nie viel auf eine Bebauungsplanänderung gegeben. Denn ebenso wie sie eingeführt, kann und wird sie auch wieder gekippt werden, sobald es politisch oder ökonomisch opportun erscheint. Zudem ist ein neuer Bebauungsplan noch nicht verabschiedet und würde frühestens Anfang, vermutlich aber erst Mitte nächsten Jahres in Kraft treten. Obendrein führt die Kombination aus verlängertem Sanierungsgebiet und verändertem Bebauungsplan mit Veränderungssperre zu teilweise sich widersprechenden Bestimmungen für Bebauungsänderungen. Welche Möglichkeiten sich hier für Investoren mit verwaltungsjuristischem Sachverstand eröffnen mögen, ist für uns nicht absehbar. Wir müssen daher zur Kenntnis nehmen, dass aktuell weit weniger bürokratische Hürden gegen eine kommerzielle Nutzung des Gebäudes bestehen, als von Politik und Medien behauptet.
Wir machen uns auch nicht allzu viele Gedanken über die finanzielle Situation Klaus Martin Kretschmers und wünschen allen künftigen Investor_innen dieselbe Pleiten-, Pech- und Pannenserie. Auffällig ist allerdings, dass Anfang des Jahres nach einer Reihe von Insolvenzen und angesetzten Zwangsversteigerungen das Thema über Nacht aus den Schlagzeilen verschwunden ist. Nach allen uns zur Verfügung stehenden Informationen hat Kretschmer tatsächlich mit der Flora vorläufig Kasse gemacht. Der Investor Gerd Baer hat Kretschmer offenbar finanzielle Mittel zur Herstellung der Liquidität verschafft und im Gegenzug dafür durch eine „Vermietung“ Zugriff auf die Immobilie erhalten.
Baer will offenbar das aktuelle planungsrechtliche Vakkum nutzen, um profitable Nutzung in einem der teuersten Quartiere Deutschlands mit entsprechenden Gewinnerwartungen zu realisieren. Baer ist ein europaweit agierender Investor, der als eine ernstzunehmende Bedrohung einzuschätzen ist.
Ein Angriff auf die Flora könnte zum Beispiel in Form einer überfallartigen Räumung durch private Sicherheitsdienste erfolgen. Ein ähnliches Modell hat der Hamburger Investor Harm Müller-Spreer bereits beim Kulturprojekt Tacheles in Berlin durchgesetzt. Auch eine Brandsanierung wie 2005 in St. Georg geschehen, ist nicht ausgeschlossen und längst eine gängige Praxis, um Neubauten zu ermöglichen oder sperrige Bewohner_innen loszuwerden.
Wir bereiten uns daher ab sofort auf mögliche Angriffe vor. Und wie bereits die gestrige Vollversammlung zeigte, können wir auf breite Solidarität und Unterstützung bauen. Im Fall eines Angriffes rufen wir alle auf, direkt zum Gebäude zu kommen, sich darüber hinaus eigene Gedanken zu machen und auf entsprechende Ankündigungen zu achten.
Bei der Verteidigung der Roten Flora als besetztes, autonomes und kulturelles Zentrum geht es dabei nicht nur um den Erhalt des Projektes, sondern auch um dessen Weiterentwicklung als Störfaktor im Kampf gegen kapitalistische Standortpolitik, städtische Aufwertung, Ausgrenzung und Vertreibung.
Entsprechend verstehen wir den Kampf um die Rote Flora nach wie vor nicht als einen Konflikt um die privatwirtschaftlichen Interessen von austauschbaren Investor_innen, sondern als Auseinandersetzung um den Begriff von Stadt selbst. Wir lehnen eine Privatisierung des Öffentlichen und eine Ökonomisierung des Sozialen grundsätzlich ab und sehen uns von derselben Mechanik angegriffen, die auch die Gentrifizierung und Verdrängung in Wilhelmsburg vorantreibt oder für die Vertreibung am Hauptbahnhof und in der City verantwortlich ist, die sich in den Kämpfen von Mieter_innen gegen Zwangsräumungen und Mietenwahnsinn abbildet oder beim sich zuspitzenden Konflikt um die Esso-Häuser auf St. Pauli wirksam ist.
Kapitalistische Interessen und Marktlogik werden allerorts zur alleingültigen Instanz des gesellschaftlichen Zusammenlebens erhoben. Sie dienen als Argument, wenn eine Sanierung der Esso-Häusern angeblich zu teuer ist oder die Polizei auf die Straße geschickt wird, sobald es um die Umsätze und den Konsum in den Einkaufstraßen geht. Es ist die gesamte Kosten-Nutzen Rechnung der Marke Hamburg auf die wir kotzen.
Wir begrenzen uns im Widerstand nicht auf das Schanzenviertel, sondern rufen für den Fall einer sich abzeichnenden Räumung zu Demos und Aktionen im gesamten Stadtgebiet auf. Es gibt viele Orte, an denen sich die Situation der Roten Flora widerspiegelt und wir uns in Bezug zu anderen Kämpfen setzen können, um abweichende Vorstellungen von Stadt und Gesellschaft weiterzuentwickeln.
Gegen die Stadt der ökonomischen Interessen setzen wir die solidarische Vernetzung aller, die nicht schon satt und selbstzufrieden in ihren vorgefertigten Sofalandschaften hängen, sondern das Bedürfnis haben, die Stadt und das Leben um sich herum selbstbestimmt zu gestalten.
Wir werden eine Zerschlagung des Projektes Rote Flora nicht widerstandslos hinnehmen. Mit Brecheisen lassen sich im Zweifelsfall bereits verschlossene Türen wieder öffnen und mit Barrikaden einer autoritären Ordnungspolitik die Wege versperren. Es geht nicht nur um die Projekte kleiner radikaler Minderheiten, sondern um massenhafte, sich in Bewegung setzende Widerstandspraxen.
Dies zeigen nicht nur die Erfahrungen der Kämpfe um die Hafenstraße oder gegen Atomprojekte, sondern auch die Proteste der Gegenwart wie etwa antifaschistische Mobilisierungen, Refugee Camps, antimilitaristische Aktionen oder der Kampf um den Gezi Park, dessen Parolen auch in Hamburg solidarisch mit gerufen wurden: Taksim ist überall – Überall ist Widerstand. Wir sind Teil davon und bleiben in Bewegung.
Gegen die Stadt der Autoritäten und Kontrollen – Wir bleiben alle.
Solidarität mit dem Kampf der Flüchtlinge!
Bildet Banden!
Solidarische Grüße an das bedrohte AZ in Köln und alle besetzten Häuser und Plätze weltweit!
Infos: florableibt.blogsport.de
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30.4.2011 HH: Stadt selbst machen!
Gegen Vertreibung, Mietenwahnsinn und kapitalistische Stadtentwicklung!
^===Überregionale Demonstration in Hamburg===
Sa. 30. April 2011
16 Uhr von der Roten Flora
Die Rote Flora wird vor der Demo geöffnet sein und bereits ab 15 Uhr gibt es von dort Beiträge und Informationen.
Gemeinsame Anreise aus Kiel
Treffen: 14.00 Uhr Hauptbahnhof
Abfahrt: 14.21 Uhr mit dem RE^
Wir rufen aus Anlass der aktuellen Bedrohung der Roten Flora und des anstehenden Räumungstermins des Wagenplatzes Zomia am 30. April zu einer überregionalen Demonstration gegen kapitalistische Stadtentwicklung und Gentrifizierung in Hamburg auf.
Im März diesen Jahres ist der Vertrag der Stadt mit Investor Kretschmer ausgelaufen und das besetzte Zentrum Rote Flora seit April auf dem Markt. Das seit 22 Jahren bestehende Projekt ist von einem Weiterverkauf an private Investor_innen bedroht. Angeblich soll es mehrere Interessent_innen geben, die alle die Räumung bereits geplant haben. Wir verlassen uns auch nicht auf die Worte von Bürgermeister Scholz, niemand habe vor, an dem jetzigen Zustand im Großen und Ganzen etwas zu ändern.
Auch der Bauwagenplatz Zomia hat eine Räumungsverfügung zum 30.4. erhalten. Bezirksamtsleiter Markus Schreiber von Mitte ist fest entschlossen, den Platz zu räumen. Wir halten dagegen und werden diese drohende Räumung gemeinsam verhindern. Der Versuch einer gewaltsamen Vertreibung von Zomia ist Ausdruck einer politischen Entscheidung, keine weiteren Wagenplätze in Hamburg zuzulassen. Wie der neue Senat mit dem Wagenplatz Zomia umgeht, ist für uns auch ein Vorgeschmack für die weiteren Konflikte um Recht auf Stadt in Hamburg.
Alle Lebensbereiche werden zunehmend privatisiert und sollen der gesellschaftlichen Auseinandersetzung um Stadt entzogen werden. Arbeitskämpfe in Krankenhausbetrieben, die Verantwortlichkeit für eine gute Wasserqualität oder bezahlbare Mieten sollen aus dem Konfliktfeld und Bewusstsein der Öffentlichkeit verdrängt werden. Die Politik versucht, ihre strukturelle Verantwortlichkeit zu verbergen und gestaltet sich als nicht verantwortliche Adresse und lediglich moderierend. Teile und herrsche ist das Prinzip der modernen Stadt. Über so genannte Partizipationsgremien wird Zustimmung erzeugt und Betroffene gegeneinander ausgespielt. In Schlichtungsverfahren werden Proteste über den runden Tisch gezogen, um sie auf der Straße zu verhindern. Beteiligungsverfahren reproduzieren gesellschaftliche Hierarchien und Gewaltverhältnisse. Insbesondere die Bedürfnisse von ökonomisch schlechter gestellten Anwohner_innen, Obdachlosen oder Illegalisierten werden ignoriert und abgewickelt, stattdessen privatwirtschaftliche Belange als Interesse aller verkauft und als Standortfrage in den Vordergrund gestellt.
In vielen Städten organisieren sich Menschen gegen diese Verhältnisse und finden sich in Netzwerken wie Recht auf Stadt in Hamburg zusammen. Mieter_innenkämpfe, der Widerstand von Prostituierten und Drogenkonsument_innen gegen Vertreibung, der Protest gegen Großprojekte und Gentrifizierung, der Kampf für den Erhalt von Bildungseinrichtungen, von öffentlichen Grünflächen, von Kinos, Theatern und Museen besitzt bei allen Unterschieden einen gemeinsamen Kern: den Wunsch nach mehr Selbstbestimmung und den Widerspruch gegen eine Politik von oben. Haus- und Platzbesetzungen sind dabei legitime und richtige Aktionsformen, um Leerstand zu beenden.
Wir sehen solche Projekte nicht als Selbstzweck und Nische, sondern als Teil einer weitergreifenden Bewegung und Frage nach Aneignung des Lebens. „Wir bleiben alle!“ ist mehr als eine identitätsstiftende Parole. Es ist eine solidarische Kampfansage gegen einen Begriff von Stadt als Konkurrenz, gegen Vereinzelung und Vertreibung. Das Hamburger Gängeviertel, die Liebigstraße 14 in Berlin oder das AZ in Köln stehen für einen Versuch des Widerspruches zur strukturellen Gewalt der Ökonomie.
Wir vertrauen nicht der etablierten Politik und auch keinen staatlichen Institutionen.
Atomausstieg bleibt ebenso Handarbeit wie der Kampf gegen steigende Mieten oder die Verteidigung von sozialen Projekten. Politische Perspektiven ergeben sich für uns aus der Vernetzung von Konfliktorten und kommenden Aufständen gegen eine Weltordnung, in der die Metropolen und Städte in zerstörerischer Weise um Märkte konkurrieren.
Lohnarbeit und Kapitalismus bieten keine Perspektive für eine befreite Gesellschaft.
Ohne eine globale Umverteilung und radikale Infragestellung des kapitalistischen Systems werden sich diese Ungerechtigkeiten weiter reproduzieren. Zwar sind wir alle, ob wir wollen oder nicht, Teil dieser Verhältnisse, aber genau deshalb können wir uns auch zum Teil von deren Überwindung machen. Wir machen jetzt und heute unsere Situation zum Ausgangspunkt. Mit solidarischem Blick über den eigenen Tellerrand und der Lust, sich immer wieder neu zu erfinden, in Frage zu stellen und ohne Scheren im Kopf am Leben teilzuhaben.
Wir sehen die Demonstration am 30.4. nicht nur als solidarischen Ausdruck, dass wir eine Räumung der Roten Flora, des Wagenplatzes Zomia oder anderer Projekte aktiv verhindern werden, sondern vor allem als Ausdruck und Teil solcher sich überregional entwickelnden Auseinandersetzungen.
Es geht uns ums Ganze!
Darum, dass wir nicht im Bestehenden verbleiben, sondern in Bewegung geraten und der scheinbaren Alternativlosigkeit kapitalistischer Realpolitik das Aufbegehren für eine andere Welt entgegen stellen.
Wir wollen mit dieser Demonstration in den Mai feiern und verstehen sie auch als Teil der Mobilisierung gegen den Naziaufmarsch am darauf folgenden Tag in Bremen. Wir laden alle ein, gemeinsam mit dem Zug von Hamburg aus dort anzureisen. Kein Fußbreit, keine Bahn für Faschist_innen und Rechtspopulist_innen!
Keine Vertreibung, Platzverweise und Gebietsverbote!
Wagenplatz Zomia und Rote Flora verteidigen!
Stadt aneignen – Investor_innen enteignen – Leerstand besetzen!
Infos: florableibt.blogsport.de