So viele großartige Leute an einem Ort

Amen 81, Todeskommando Atomsturm, Kaput Krauts, Beatpoeten / 05.10.2013 – Kiel, Alte Meierei

Ein Konzertabend, welcher einerseits musikalisch nicht ganz die erhoffte Qualität brachte, andererseits aber so viele großartige Leute an einem Ort versammelte, dass es auch nicht langweilig werden konnte. Doch der Reihe nach:

Wir sind pünktlich vor Ort! Liegt vielleicht daran, dass Strecker zu Hause keine richtige Minze hatte, sondern so eine Art Minz-Wodka (Geschenk seiner Eltern). Man sagt ja gern, dass Lütje Minze wie Zähneputzen sei. Aber dieses Zeug schmeckt WIRKLICH wie Mundspülung! Pfui Deibel.

Zunächst lesen die Beatpoeten. Es handelt sich im Grunde um ein Rezitieren von Deutschpunktexten. Kommt zum Teil wirklich herrlich absurd, wenn einem Punktexte ohne die dazugehörige Musik vorgelesen werden. Stumpfe Hasstexte wechseln sich mit wirklich gelungener Punklyrik (z.B. RAZZIAs „Als Haus wärst du ‘ne Hütte“) ab. Es wird einem wieder mal bewusst, wie schwierig es ist, einen guten Text zu schreiben UND diesen auch noch in die (meist) vorgegebene Struktur eines Songs zu pressen. Insofern nicht schlecht, aber die beiden BEATPOETEN hätten sich etwas besser vorbereiten können – es unterlaufen doch etliche Verleser.

Kaput Krauts again! Ist ja gerade mal fünf Wochen her, dass sie zum letzten Mal in Kiel gespielt haben. Darüber will ich mich keineswegs beschweren. Im Gegenteil, meinetwegen können die KAPUT KRAUTS diesen Rhythmus beibehalten. Die Songs kommen knackig, wirken im Vergleich zum Schaubuden-Auftritt irgendwie noch etwas flüssiger und kompakter dargeboten. Geil find es, dass die Band keineswegs auf „Dicke-Hose-Attitüde“ macht, der Sänger z.B. vielmehr schön spackige Moves abzieht und sich selbst nicht so ernst nimmt. Ich hätte jetzt vielleicht mit den Worten „guter Einstieg“ ein Fazit angeschlossen (die BEATPOETEN waren ja mehr der Einstieg vor dem Einstieg), aber tatsächlich sind die KAPUT KRAUTS heute mehr: Nämlich die beste Band des Abends.

Bei Todeskommando Atomsturm ist jedenfalls der Name das Beste. Die Band ist nicht schlecht, hinterlässt aber songtechnisch/musikalisch bei mir keinen bleibenden Eindruck. Zwar wird das Set durchaus engagiert und mit viel Bewegung vorgetragen, aber der Funke springt nicht über. Immerhin: Die Münchener_innen stören auch nicht beim Biertrinken – im Gegensatz zu dem zweiten Auftritt der BEATPOETEN am Schluss…

Nun ist man gespannt. Amen 81 geistern immerhin seit ca. 18 Jahren durch die Szene, einige ihrer Stücke wie „Ich will Atomkrieg“ sind durchaus zu kleinen Klassikern avanciert. Was mögen das für Typen sein, die derart viel Hass und Angepisstheit versprühen? Die Antwort ist erst mal ernüchternd. Die sehen ja voll normal aus, ey. Eigentlich albern, warum soll jemand, der so derbe seine Wut herausschreit, unbedingt zwei Meter groß sein und statt Haaren Nieten auf dem Kopp wachsen haben? Und doch kommt der Auftritt einer gewissen Entzauberung gleich. Der Sänger/Gitarrist geht darauf ironisch ein – er wolle lieber nicht mehr mit so jungen Bands zusammen spielen, die auf der Bühne so einen Rabatz machten, sondern lieber mit älteren Bands. Doch an einem Altersaspekt liegt es nicht, die Band kommt schlicht unspektakulär rüber – und reißt auch rein musikalisch nicht unbedingt die Hütte ein. Ich denke, dass die Erwartungshaltung hier einfach etwas hoch war. Mit der Zeit pogen immer mehr Leute und es nicht von der Hand zu weisen, dass AMEN 81 ein paar gute Songs im Gepäck haben. Leicht crustiger HC/Punk mit Wechselgesang, der irgendwie nicht so derbe wie auf Platte kommt (am ehesten beim Schlagzeuger). Nicht mehr, nicht weniger.

Gar nicht mein Ding ist wie bereits angedeutet die musikalische Seite der BEATPOETEN. Aber ich hatte bei der Erwähnung von Electro und Hip Hop in der Beschreibung auch nichts Anderes erwartet. Ich wurde mittlerweile schon häufig mit dieser Stilistik konfrontiert und es ist verblüffend, aber ich bekomme davon wirklich augenblicklich schlechte Laune, Sodbrennen und Pickel. Flucht nach vorn heißt die Lösung – und das ohne Tschüß gesagt zu haben.

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