Holdy Moldy!

Unrest, Moribund Scum, Laubsägenmassaker III / 16.03.2013 – Kiel, Alte Meierei

Kaum sind die Nachwirkungen des VIDARGÄNGR-Konzertes überwunden – die Klangwellen scheinen immer noch durch meinen Kopf zu dröhnen und ebben langsam gerade erst ab -, da lockt schon das nächste Lärmspektakel in die Meierei. Dieses Mal lädt die Konzertgruppe Infernal Crust Brigade mit den freundlichen Worten „es gibt Düsternis, Verzweiflung und ein amtliches Brett, dass euch die spärlich vorhandenen Haare nach hinten föhnt!“ aufs krustige Parkett. Ich kann da nicht widerstehen, auch wenn heute in Flensburg, Hamburg und watweißichwo ebenfalls hochkarätige Veranstaltungen stattfinden.

Leider kommen wir aufgrund von akuter Verminzung nicht rechtzeitig genug, um die Lesung „Topf und Söhne – Besetzung auf einem Täterort“ sowie die erste Band Laubsägenmassaker III mitzubekommen. Letztere klingen zwar gerade aus, als wir die Begrüßungsrituale absolvieren, aber ob der kurze Eindruck für ein faires Review reicht, muss bezweifelt werden. Eine latente Abneigung gegen den Electro-Einschlag in der Mucke kann allerdings von meiner Seite nicht verhehlt werden.

Ganz anders sieht das bei Moribund Scum aus. Hier fühl ich mich zu Hause. Herb hatte mir bereits im Vorfeld mit Namen wie SANCTUM oder STORMCROW den Mund wässerig gemacht – das sind ja für mich Bands, die das Epitom musikalisch umsetzbarer Geilheit ausmachen! Und was ist das bitte schon für ein klangvoller Name – das müsst ihr mal richtig laut und mit dem Maul voller Kekskrümel aussprechen! Klasse. Gewonnen, bevor sie begonnen haben eigentlich! Und tatsächlich walzen die Braunschweiger dann aufs Asozialste durch die Meierei. BOLT-THROWER-Riffs treffen auf D-Beat-Galoppel-Schlagzeug treffen auf gerissene Stimmbänder. Smell the stenchmagic! Da juchzt doch ein gewisser F aus G und lässt seinen Schlachtruf „Holdy Moldy!“ ertönen – bei diesem Kerl das Zeichen höchster Ekstase. Begeisterung.

Einzig der Blick auf den Merchstand lässt Frust aufkommen. Unrest-Vinyl komplett ausverkauft. MORIBUND SCUM ham noch nichts am Start. Hat Jan ML, der olle Nerd, ganz umsonst einen Pappkarton für abzuerntendes Vinyl eingepackt.

Scheiße, wen die folgende Ankündigung NICHT anspricht, den möchte ich auch gar nicht erst persönlich kennen oder Froind nennen: „Stellt euch einfach vor, ihr steht in der Mitte der Proberäume von Wolfbrigade und Napalm Death und der entstehende Krach fügt sich harmonisch zusammen. Der Blastbeat trifft seine Schwester namens D-Beat, die Gitarren fräsen sich tief in die Eingeweide und oben drauf wird der Hass auf die bestehenden Verhältnisse heraus gebrüllt.“ Und auch hier voll ins Schwarze getroffen. UNREST ziehen das Durchschnittstempo des Abends ordentlich an und grinden dermaßen los, dass sie sogar auf einem Festival wie dem Obscene Extreme Krachfreunde aufhorchen lassen würden. Der Sänger kegelt hin und her, vom Ofen bis zu den Toiletten, brüllt dabei wie ein Stier, dem man einmal zu oft das rote Tuch vor die Birne gehalten hat und der dem Scheißtorero das Horn durch den Kiefer rammt. Ja, genau: UNREST klingen so, wie Julio Aparicio sich in diesem Moment gefühlt haben muss: Die Torero!
Auch die Texte gefallen – bereits Titel wie „Lookism“, Slave’s Pride“ oder „Pressure To Perform“ sagen doch schon was aus.

Herrliche Sache. Nur macht Strecker danach einen verdammt schnellen Abgang. Aber mit einem englischen Goodbye kommst du mir heute nicht davon, Freundchen! Schnell meine Sachen geschnappt und hinterher gestürzt. Zum Glück geht Strecker nicht unbedingt das, was man eine gerade Linie nennt und so hole ich ihn fix ein und zerre ihn in die Asi-Spelunke, über der er wohnt. Wird das nicht ausgegebene Vinylgeld halt in Bier investiert. Die Jukebox hat sogar JUDAS PRIEST und RAINBOW am Start, die natürlich sofort im Menü angesteuert werden. Am liebsten wär ich gar nicht mehr gegangen.

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