Stoische Erhabenheit & schamanenhafte Trance

Vidargängr, BLACKMETALPUNK-JAM / 12.02.2013 – Kiel, Alte Meierei

Huch, erst ein Review über Vidargängr, obwohl noch keins über POWER/TMD/SMALL TOWN RIOT in der T-Stube erschienen ist? Stimmt, das T-Stuben-Konzi war davor, aber das Review folgt noch – und zwar in Form eines Doppelpacks (Pan & Philipp)!

Zunächst ein paar Zeilen über eine Band, welche RATTENPISSE und FÄULNIS als ihre Einflüsse angibt. Entscheidet selbst, ob es sich hierbei um Bandnamen handeln mag…

Es ist gerade mal 21.30 Uhr, als ich an der Meierei ankomme, den mehr als fairen Eintritt von 3,- Euro (!) löhne und bereits eine Band zu zocken beginnt. Band? Wohl eher eine Art spontanes Projekt. Denn die Band, die VIDARGÄNGR ursprünglich auf Tour begleiten sollte, ist verhindert. Gebrochene Handgelenke sind dem Gitarrespielen selten förderlich. Dann lieber gleich den Tony Iommi machen, Fingerkuppe absäbeln, stattdessen ’ne Eisenkappe rauf und aus Versehen einen eigenen Sound erfinden. Ja, aber die drohende Stille wird durch eine Jam-Attacke aus dem VIDARGÄNGR-Umfeld abgewendet: Unheilvoll doomt es aus den Boxen, monolithische Riffberge türmen sich auf, minutenlang sägt man auf einem Riff, dann plötzlich Augenkontakt! Break! Neues Riff! Tempo! Urschreie aus der Hölle. Das Vorgehen erinnert mich an die Erklärung Dr. Siggi Sicks, wie BLACK BANG BOMB im Soundchaos überhaupt zueinanderfänden, nämlich laut Herrn Sick durch unauffälliges Aneinandereiben. „Wenn der Wahnsinn überschwappt, dann wird gerieben.“ Aber zurück zur Jam: gefällt! Nicht nur mir, auch der Onkel, der Prinz, Heavy Herb, El Tofu, Ufo und Dr. Sick schütteln im Zeitlupentempo ihre Rüben. Leider sind das auch schon fast alle Besucher.

Die Stubenhocker_innen verpassen einen denkwürdigen Auftritt: VIDARGÄNGR machen erst mal das Licht aus. Dann Aktivierung nur der blauen Lämpgen der Meierei-Lichtanlage. Kerzen und Kerzenständer auffe Bühne. Viel Nebel. Ein gänsehautiges Bühnenbild, welches an WATAIN oder THE DEVIL’S BLOOD erinnert. Zum Glück sauen die Leipziger aber nicht mit Blut herum. Sie konzentrieren sich vielmehr auf ihren Auftrag: durch allerräudigsten Blackmetalpunk Finsternis in unsere Herzen und Hirne zu transportieren. Das im Black-Metal-Sinn klassisch durchgeprügelte Schlagzeug galoppiert in einer Mischung aus stoischer Erhabenheit und schamanenhafter Trance. Selten gibt es Breaks – aber wenn eines erfolgt, dann umso effektiver in der Wirkung. Von der Raserei zur Doom-Schneckigkeit. Klar, kennt man alles. Aber irgendwie auch wieder nicht, denn die punkigen Vibes der Band verleihen dem Ganzen eine frische Note, zumindest eine Kombination, die sich nicht abnutzt und von der ich nicht genug bekommen kann. Die Band hat eine selbstbetitelte LP raus, die danach von nahezu allen Anwesenden abgeerntet wird (immerhin). VIDARGÄNGR meinen ihren Namen hoffentlich wörtlich – beim nächsten Mal dann volle Hütte und ein Songs wie „Gottes Dank“ oder „Der silberne Sarg“ auswendig mitbölkendes Publikum!

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