The Freeze, Nothington, The Meyer Girls, Power / 10.09.2011 – Kiel, Alte Meierei
Zu meiner Pein war ich beim letzten Gastspiel der Bostoner Legende The Freeze nicht in der Stadt. Das war besonders ärgerlich, da ich die Band auch vorher noch nie gesehen hatte und man ja nie weiß, wann solche Urviecher der Punk/Hardcore-Geschichte sich wahlweise auflösen oder von aggressiven Bicyclisten totgefahren werden. Doch oh Glück: Vorher holte Klownhouse-Benny sie glatt noch einmal nach Kiel. Freude. Und dann auch gleich im Rahmen des KLOWNHOUSE-Festes III mit Power, The Meyer Girls und Nothington:
WIE GUT dieses Abendprogramm war, lässt sich nicht zuletzt daran ermessen, dass die streckersche Debattierrunde trotz achtköpfiger Zahl PÜNKTLICH vor den Toren der Meierei eintrudelte. Eine Leistung, wenn man allein schon die Beharrungskräfte Streckers kennt!
Als hätten sie nur darauf gewartet, begannen POWER auch ihr Konz, sobald der/die/das letzte von uns den Eintritt gelöhnt hatte. Wie immer ein ganz hervorragender Auftritt! Nur die frühe Uhrzeit verhinderte wohl, dass die Chose derart orgiastisch abging wie auf dem Rotten-Sprotten-Sampler-Release-Gig (was für ein Bandwurmwort). Hatten sich damals Band und Mob gegenseitig in einen wahren Rausch gepusht, lief die Sache heute im wahrsten Sinne des Wortes etwas nüchterner ab. Aber das bedeutet wohl nicht, dass irgendwer es nicht genossen hätte. Mein Fave war heute „Mob Taxi“, welches auch für eine Menschentraube vor der Bühne sorgte.
Hm, sind SLOPPY SECONDS mittlerweile in Vergessenheit geraten? Selbst wenn das der Fall sein sollte, ist es seltsam, dass so wenig Leute den TYPHOON MOTOR DUDES in ihrer Geheimidentität als Coverband von eben SLOPPY SECONDS Gehör schenkten. Denn eigentlich sind diese Songs auch dann arschtretende Punkrock-Klassiker mit Suchtpotenzial, wenn man ihnen zum ersten Mal begegnet. Und die Kieler spielten die Dinger astrein, da stimmte eigentlich jedes Detail vom Gitarrenquietscher bis hin zu den hochmelodischen Refrains. „Janie Is A Nazi“ war hier mein favorisierter Moment (herrlich allein die Textzeile “And she can’t concentrate on anything but hate”). Nur eben schade, dass viele Leute lieber draußen standen. Andererseits konnte ich es nachvollziehen, dass man sich irgendeinen Zeitpunkt zum Quatschen suchen musste, denn es waren mittlerweile überdurchschnittlich viele Menschen zugegen, die man/ich länger nicht gesehen hatte. Da bleibt immer ein etwas unbefriedigendes Gefühl zurück, weil man mit vielen zu kurz oder gar nicht sabbeln kann.
Eine große Überraschung stellten dann NOTHINGTON aus San Francisco dar. Die Band kannte ich bisher lediglich vom Hörensagen. Fast immer wird in diesem Zusammenhang der Name LEATHERFACE fallen gelassen. Die mag ich auch, nur dachte ich deshalb, dass NOTHINGTON recht ruhigen Kram machen. Der Schub, der jedoch dann von der Bühne kam, überrollte mich geradezu! Trotzdem ist der Vergleich nicht schlecht, denn der Gesang hat bei NOTHINGTON auch diese typische Verbindung von rauher Kehle und Melodie/Melancholie, wie man es von Frank Stubbs kennt. Jetzt drängelten sich die Leute bis an den Bühnenrand und es wurde hemmungslos getanzt. Auch wenn ich keinen einzigen Song kannte, war ich doch vom Fleck weg begeistert. Auf Anraten holte ich mir daraufhin ein Vinyl namens „Roads, Bridges & Ruins“. Gut, gut! (Hier mal kurz die Frage an die Gemeinde, ob diese Platte tatsächlich sehr spartanisch aufgemacht ist oder mir vielleicht ein Textblatt fehlt?)
THE FREEZE! Von den bisherigen Deutschland-Terminen hatte man sehr unterschiedliche Urteile gehört. So soll die Band in Marl einen feinen Abriss zelebriert haben, in Verden aber einen geradezu katastrophalen Eindruck hinterlassen haben. Das relativiert sich allerdings, wenn man weiß, dass der Auftritt in Marl auf diesem Bauernhof vor lauter Ü-40-Punkern wie Helge Schreiber oder dem berüchtigten Karl-H. aus G. stattgefunden hat, welche die armen Bandmitglieder nicht vor dem Morgengrauen aus ihren Klauen gelassen haben… UND dass der Auftritt in Verden am nächsten Tag war… Aber heute waren Stimmbänder und Konstitution ganz offensichtlich wieder hergestellt und die Eastcoast-Hardcore-Papis schenkten ein, als wäre ihnen der Folgeauftritt in Hamburg völlig egal. Schien es zunächst, dass die Stimmung des NOTHINGTON-Auftritts nicht erreicht werden konnte, zahlte sich die Unnachgiebigkeit der Band irgendwann aus, da vor der Bühne ein nettes Gewühl aus verknäuelten Körpern auszumachen war. Zeitlos eben das THE FREEZE eigene chaotische Grundgefühl – gekrönt von herrlich eingängigen Melodien. Cliff Hanger (bestes Pseudonym EVER) wirkte mit irrem Blick völlig durchgeknallt, sang die ganzen Knaller keinen Deut schlechter als man sie von „Land Of The Lost“ oder „Rabid Reaction“ kennt. „Das T-Shirt hätte er aber ruhig anlassen können. Das will doch keiner sehen“, sagte eine gute Freundin, was dann aber auch das einzige Gemecker war, was mir über THE FREEZE an dem Abend zu Ohren kam. Außer vielleicht, dass die Band leider, leider doch nicht ihre neue Platte mit dabei hatte. Um genau zu sein gab es von ihnen schlicht GAR NICHTS, denn laut Benny war der ganze Kram am Zoll gescheitert. Damn!
Fazit: grandioser Abend!