Bandista aus Istanbul machen in der Alten Meierei musikalisch Front gegen Sandstrahlen
Kiel. Zugegeben: Das Motto „Tanzmusik gegeb Killer Jeans“, das die aktuelle Tour des Istanbuler Musiker-Kollektivs Bandista begleitet, hat etwas von der Komik einer zu kurz geratenen Max-Goldt-Überschrift.
Von Manuel Weber
Doch der Hintergrund ist alles andere als komisch. Weltweit erkranken Zigtausende durch die Sandstrahltechnik, die bei der Herstellung von Jeans zur künstlichen Abnutzung (vintage/used look) des Stoffes eingesetzt wird: Sandquarze und Staub lagern sich in den Lungenbläschen ab, Gewebe vernarbt, am Ende steht der Erstickungstod. Silikose heißt diese Krankheit und ist vor allem bei Bergarbeitern verbreitet. Allein in Bandistas Heimat der Türkei, sind nachweislich über 1200 Beschäftigte schwer erkrankt, 46 bereits verstorben.
Dass sich die siebenköpfige Band in der Kampagne (CCC/www.saubere-kleidung.de) hat einbinden lassen, verwundert wenig, gehört Bandista doch zu jener neuen, jungen Generation von oppositionellen Künstlern und Musikern, die ihre Kreativität lautstark mit sozialem und politischem Engagement verbinden. Gegründet hat sich das Ensemble 2006 in Istanbul, der bikontinentalen Metropole am Bosporus, und ist tief in der kulturellen Vielfalt Anatoliens verwurzelt.
Ihre Ausrichtung ist dennoch international. In den „anatolischen Sound“ mit folkloristischen Songstrukturen und Instrumenten weben sie Balkan Beats, Klezmer, Reggae, Dub, Ska, Hip-Hop und Afrobeat ein. Ein Mix, den viele von spanischen und lateinamerikanischen Bands als „Mestizo“ kenne. Den Texten wird im besten Falle literarische Qualität, mindestens aber Engagement und Relevanz nachgesagt.
2009 erschien Bandistas Debütalbum De Te Fabula Narratur, eine Auseinandersetzung mit historischen Widerstands- und Arbeiterliedern. Das Album ist längst vergriffen, auf der Bandhomepage (www.tayfabandista.org) kann man es sich aber noch immer kostenlos herunterladen. Einige Monate später folgte die EP Pasanin Basucu Sarkilari. Ihr feuriger Sound und ihre energiegeladenen Shows machen Bandista zu einer eindrucksvollen Liveband, die auch über die türkischen Grenzen hinaus Konzerthäuser und Festivals bespielt. Nach einigen Gastspielen in 2010 kommt die Band nun zum zweiten Mal nach Deutschland, im Gepäck das brandneue Album Daima!.
Moralische und musikalische Unterstützung erhält das Istanbuler Septett von der Rhein-Ruhr-Clique Companía Bataclan, deren Soundclash aus Klezmer, französischer Musette, Reggae und Ska in eine ganz ähnliche Kerbe schlägt wie Bandista. Dass sie das gut können, haben die sechs Musiker schon als Support für Genre-Größen wie Irie Revoltés, La Minor, La Papa Verde, Markscheider Kunst und Ma Valise unter Beweis gestellt.
Freitag, 24. Juni, 21 Uhr, Alte Meierei (Hornheimer Weg 2)