Lucha y fiesta – que se vayan todos!

Redebeitrag der Konzertgruppe rebeltias|Rebeltí@s auf der Demo You’ll never walk alone am 13. März in Kiel

Wir sind nicht froh, dass wir immer wieder gegen faschistische Gewalt und anti-antifaschistische Medien und Politik demonstrieren müssen. Trotzdem sind wir aber auch sehr froh, dass wir heute so relativ locker demonstrieren können, dass wir keine weiteren Verletzten oder sogar Toten zu beklagen haben.


Die Schüsse auf die Meierei zeigen uns einmal mehr: wir leben gefährlich, wenn wir uns nicht dem freiheitlich-demokratisch verordneten Zwang unterwerfen, uns in den Fernsehsessel zu setzen und ansonsten den Mund zu halten. Das Projekt Alte Meierei ruft mit jedem Millimeter seines Daseins dazu auf, aufzustehen, den Mund aufzumachen und sich selbst darum zu kümmern, dass schweigende Fernsehsessel irgendwann auf dem Sperrmüllhaufen der Geschichte landen.
Aus diesem Grund war die Meierei schon immer Anziehungspunkt für dunkle Gestalten wie Nazis, Ordnungshüter und Politiker, die allesamt bei Begriffen wie ‚Freiheit‘ und ‚Solidarität‘ oder einfach nur ’selber denken und selber machen‘, ganz schnell rot anlaufen, Schaum vor dem Mund bilden und auf ihre jeweils eigene Art um sich schlagen.

Die Meierei, wie auch der Zapata-Buchladen, die Hansastr.48, das Wohnprojekt am Timmerberg, die Arbeitsloseninitiative, all diese Projekte eint, dass sie versuchen, Alternativen zum gleichgeschalteten Fernsehsesseldasein aufzuzeigen, sie sind alle Projekte gegen die herrschende Kultur von Vereinzelung und Oberflächlichkeit, gegen die Ignoranz gegenüber allem, was nebenan passiert. All diese Projekte werden angegriffen, weil sie öffentlich für ein solidarisches Miteinander und für ein selbstbestimmtes Leben eintreten.

Die Neurotic Arseholes sangen einmal vor vielen Jahren: „Wir wollen leben, ein ganzes Leben lang – heute und jetzt und nicht irgendwann, damit der Tod uns auch wirklich tot antreffen kann.“ Nur, wie soll man leben, wenn überall um uns herum nur Krieg und Gewalt, Rassismus, Sexismus und Unterdrückung aller Art toben, wenn immer weniger Menschen auf der Welt die Chance haben, überhaupt nur daran zu denken, was ‚leben‘ eigentlich sein könnte? Wie soll mensch da noch leben können?
Wir versuchen es trotzdem! Wenn wir uns die Freude am Leben nicht verderben lassen, sind wir auch in der Lage, zu spüren, was im Land und auf der Welt wirklich alles faul ist. Wir als rebeltias, eine der Veranstaltungsgruppen in der Alten Meierei, wollen mit unseren Aktivitäten dazu beitragen, dass wir alle das Leben und das Feiern nicht verlernen, und gleichzeitig wollen wir ein Stückchen Raum für Kommunikation und Austausch bieten.
Die Musik, Kultur und Geschichten, die Bands aus den verschiedenen Vierteln der Welt zu uns bringen, zeigen uns, dass die Kämpfe um Freiheit, um eben dieses selbstbestimmte Leben Alltag sind für viele viele Menschen rund um den Globus. Und wir sehen auch, dass diese Kämpfe auf den verschiedenen Flecken der Welt so unterschiedlich sind wie die Anzahl der Menschen, die sie führen. Ob Frankreich, Kurdistan, oder Mexico, USA, Baskenland, oder Türkei, Katalonien, Palästina oder Israel, Kopenhagen, Koblenz oder Kiel – es gibt keinen einen Weg zur Revolution, aber es gibt einen gemeinsamen Weg, den wir mit vielen verschiedenen Menschen zusammen gehen können. Zusammen ist eine andere Welt möglich und bitter nötig. Zusammen können wir die Verhältnisse zum Tanzen bringen, wenn wir die schweigende Mehrheit verlassen, unsere Augen und Ohren öffnen, und laut sagen, was ist:
Lucha y fiesta – que se vayan todos! Feiern und kämpfen – auf dass sie alle verschwinden!

Allerdings können wir mit den meisten Menschen diesen internationalen Austausch nicht haben; viele Bands können wir in der Meierei gar nicht veranstalten. Und das nicht nur, weil sie nicht die Mittel haben, hierher zu reisen. Es ist nach wie vor so, dass vielen vielen Menschen auf der Erde das Recht verwehrt wird, sich frei zu bewegen.
Die großen kapitalistischen Blöcke, allen voran die EU und die USA, sind schon lange zu Festungen des Reichtums geworden, an deren Außengrenzen jedes Jahr Hunderte von Menschen grausam zu Tode kommen. Menschen, die sich nichts weiter erhoffen, als ein würdiges Leben zu finden. Um das hier noch einmal ganz deutlich zu sagen: Die Abschottungspolitik der EU bedeutet Massenmord! Nirgendwo zeigt die EU ihre rassistische menschenverachtende Fratze so deutlich wie an seinen Außengrenzen.
Dass auch innerhalb der EU Flüchtlinge nicht sicher vor Staatsterror und Rassismus sind, beweist auf erneute und sehr tragische Weise der Suizid von David aus Georgien, der nach Deutschland geflüchtet war und vom Hamburger Senat in den Abschiebeknast gesteckt wurde, anstatt ihm in seiner schwierigen Situation zu helfen. Die öffentlichen Diskussionen um das Alter von David belegen dabei auf widerliche Weise die gesellschaftliche Akzeptanz dieser mörderischen und menschenverachtenden deutschen Asylpolitik.

Wenn wir sagen, wir wollen leben, dann meinen wir damit alle Menschen! Alle Menschen haben das Recht zu leben, wie, wann und wo sie wollen. Deshalb rufen wir heute und bis ans Ende der Tage dazu auf: Alle Grenzzäune einreißen, shut down fortress Europe! Shut down every fortress! Alle Festungen einreißen! Hoch die internationale Solidarität!

Auch die Alte Meierei hat nach den Schüssen viel internationale Solidarität erfahren. Zum Beispiel sorgten Bands wie KOP und Obrint Pas dafür, dass Infos über die Schüsse und ein Aufruf zur Solidarität auf zahlreichen Websites im spanischen Staat veröffentlicht wurden. Eine Mail der baskischen Band Sagarroi, die wunderbar die Zärtlichkeit internationaler Solidarität zusammenfasst, wollen wir euch nicht vorenthalten.
„Eine dicke solidarische Umarmung für die Alte Meierei aus dem Baskenland. Unsere Unterstützung gilt allen Menschen, die für die Freiheit und den Antifaschismus arbeiten, für alle Menschen, die organisieren, teilnehmen, denken, sprechen, arbeiten, singen, tanzen, arbeiten, zeichnen, lachen, arbeiten, weinen….um eine Gegenkultur zu schaffen, eine leuchtende und heisse linke Alternative, gegen diejenigen, die die ewige Dunkelheit der kalten Nächte des Winters predigen.“
Rein metereologisch betrachtet gehen die kalten Nächte des Winters langsam dem Ende entgegen, diejenigen jedoch, die die ewige Dunkelheit predigen, verschwinden leider nicht in den Gullis der Geschichte – so wie zumindest temporär die Hundescheiße auf Gaardens Straßen mit dem tauenden Schnee… Dass gerade der Naziterror in Kiel in der letzten Zeit Ausmaße angenommen hat, die immer wieder Menschen an den Rand des Todes bringen, zeigt uns allen, dass man jeder Erscheinungsform des Faschismus absolut nicht einen einzigen Millimeter Platz geben darf. Nicht erst wenn Menschen sterben, ist dieser Punkt erreicht!
Wir begrüßen deshalb ausdrücklich alle antifaschistischen Aktionen, die in den vergangenen Monaten Nazis aus der Anonymität geholt und den braunen Schlägern ihre Grenzen aufgezeigt haben!
Wir begrüßen, dass heute soviele Menschen gegen diesen ganzen Scheiß auf der Straße sind.
Wir begrüßen, dass Nazis auch mit ihrem ständigen Nacht- und Nebelterror in Kiel keinen Fuß an Deck kriegen!
Und wir begrüßen, dass trotz der ganzen Heuchelei, Lügen und Schweigen von Kieler Nachrichten, Politik und Polizei – dass trotzdem Kiel weiterhin eine antifaschistische Hochburg bleiben wird!

rebeltias|Rebeltí@s

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