Donnerstag, 5. Februar 2009, Alte Meierei – Frauen Lesben Trans Café
„Na, toll“, denke ich, „morgen kann ich mein graues Strickkleid schon wieder waschen und das Biest wird nach jeder Wäsche größer und größer. (H&M, 19,90 €)“. Mir brennen die Augen und ich kriege kaum noch Luft.
Es sind diesmal aber nicht die Raucher, die meiner Waschmaschine und mir das Leben schwer machen, sondern der antike Kanonenofen der Alten Meierei in Kiel. Er qualmt und rußt, dass es eine Freude ist. Erst als Claudia dem alten Bollerofen gut zuredet, steigen unsere Überlebenschancen allmählich wieder an. In dem kleinen Gastraum wird es langsam wärmer.
Von außen sieht die Alte Meierei ein bisschen gruselig aus. Umso überraschter bin ich, wie gemütlich der kleine Raum um den Tresen ist. Auf wenigen Quadratmetern stehen hier Sofas und Stühle, ein Kickertisch und ein kleiner Tresen aus Holz.
Eine Handvoll junger Frauen veranstaltet hier an jedem 1. Donnerstag des Monats ein Treffen für Frauen Lesben und Transgender, kurz das FLT, FrauenLesbenTrans-Café.
Die Stimmung ist total freundlich und lustig. Die meisten Frauen kennen sich schon. Ich setze mich auf einen der wackeligen Barhocker am Tresen und stelle sofort meine Standardfrage:
„Habt ihr Weißwein?“
„Na klar haben wir Wein, nur keine Gläser. Irgendwer hat hier aufgeräumt und jetzt können wir sie nicht mehr finden,“ erwidert Luca bereits leicht verzweifelt.
Nachdem ich mich gerade damit abgefunden habe, meinen Wein heute abend aus der Flasche zu trinken, zaubert sie schließlich doch noch zwei Gläser herbei.
Das FLT ist heute ein Vorleseabend mit Büchertausch und Luca setzt sich als erste auf das kleine rote Sofa und beginnt vorzulesen. Sie liest eine lustige Glosse aus dem Buch „Die Eier des Staatsoberhaupts“ von Luise Pusch. Nur zweimal wird sie dabei von einem Anrufer auf ihrem Handy gestört, den sie aber nach kurzem Gespräch abwimmeln kann. Das Publikum ist geduldig und ich bestelle noch ein Glas Wein.
Als nächste setzt sich Claudia aufs rote Sofa. Sie hat ein Buch aus der BRIGITTE mitgebracht, was nicht gleich auf Anhieb für helle Begeisterung sorgt. In mir keimt der Verdacht, dass nicht alle Frauen an diesem Abend regelmäßige BRIGITTE Leserinnen sind. Claudias Geschichte stellt sich als eine lustige Glosse um das Erwachsen werden heraus. Einige Anspielungen auf Spießertum, Reihenhäuser und Drogen heben die Stimmung und sorgen für reichlich Lacher.
Anschließend liest Silf eine wunderbare Geschichte vor mit dem Titel „Steinerne Tränen“. Als ich sie frage, von wem das Buch ist, antwortet sie ein bisschen verschämt, „Das habe ich selber geschrieben.“ Ich bin sehr beeindruckt und hoffe, später einmal mehr von Silf und ihrem schwarzen Hund Cara Mia zu hören.
Nach einem anrührenden Gedicht der ghanesischen Autorin May Ayim geht der Leseabend zu ende. Ich unterhalte mich noch ein wenig mit den anderen Frauen, trinke ein letztes Glas Wein und breche danach auf.
Fazit: Das Frauen-Lesben-Trans-Café in der alten Meierei ist schon eine ganz besondere Veranstaltung und manchmal ziemlich schräg. Nicht jede Frau, nicht jede Lesbe und nicht jedes T-Girl wird sich dort auf Anhieb wohl fühlen. Wer aber ein bisschen offen und neugierig ist, kann dort einen wirklich interessanten und netten Abend verbringen.
Svenja-and-the-City (mit Fotos)