Die volle Hütte bebte


Ziemlich genau ein Jahr nach ihrem letzten Gastspiel beehren die experimentierfreudigen Franzosen KIEMSA erneut die Meierei. Damals wurde die Band von einem begeisterten Publikum gefeiert – wie würden sich KIEMSA dieses Mal präsentieren? Etwa zu routiniert, zu vorhersehbar, würde vielleicht der Überraschungseffekt fehlen und die letztjährige Stimmung nicht mehr abrufbar sein?

Nichts von alledem, das kann schon mal gesagt werden!

Aber zunächst betreten Robinson Krause die Bühne. Die Rendsburger hatten neulich bereits in der Schaubude überzeugt und heute gelingt ihnen die nicht selbstverständliche Aufgabe, das auf KIEMSA wartende Publikum zu überzeugen. Obwohl am Anfang die halbe Anlage stillliegt, Gitarrenkabel streiken und die Krauses wahrscheinlich schon gedanklich „Geräte hassen mich“ rezitieren, verlangt der Mob schließlich lautstark nach Zugabe. Mag an der unverkrampften Art liegen, in der man jegliche drohende Pause oder Länge überspielt. Eine Besucherin kommentiert das zwar mit „Mann, die leiden ja wohl an Logorrhoe“, ich aber habe meinen Spaß an irrelevanten Ansagen wie „Wir dachten ja früher, es hieße ‚Ungsdomshuset‘ statt ‚Ungdomshuset‘, jetzt wissen wir es besser, aber egal – wir haben den Songtitel einfach so gelassen“. Und die Songs sorgen zusätzlich für Freude – schön fixer und melodiöser Punkrock.

Wie bereits angedeutet schaffen es Kiemsa erneut, die volle Hütte zum Beben zu bringen. Vielleicht ist es nicht ganz so laut wie 2009, vielleicht haben die Franzosen ihre Böller zu Hause vergessen – die Energie der Band reißt alles raus. Man springt und tobt über die Bühne, als habe man sich eine Woche lang mit Nichtstun beschäftigt und alle Energie für dieses Konz gesammelt – tatsächlich sind Kiemsa auf ausgedehnter Tour. Und irgendwie sind Kiemsa eine der wenigen Bands, denen man nicht müde wird zuzuhören. Nach anderthalb Stunden denk ich mir: „Ach, ’nen Stündchen dürfen die ruhig noch zocken“. Geil ist auch die Selbstverständlichkeit, mit der agiert wird – es gibt keine prätentiösen „Rockstargesten“ oder ständige Einheizerspüche. Zum enthemmten Tanz reichen die Stücke an sich, Höhepunkte u.a. „Mass Media“ (mit dem schönen Refrain „Fuck You Fuck You Very Very Much“) und „Méchant pas Content“ (mein rudimentäres Französisch sagt mir, dass es wohl um sinnloses Konsumieren geht). Ein perfekter Abend und der Beweis, dass das Sprengen musikalischer Grenzen oder Limitierungen gelingen kann!