„Jo, ich komm aus Süderbrarup! Und du?“

Absturtz, Sodium, Radiolas, Brandschaden / 05.09.09 – Kiel, Alte Meierei

Ein buntes Programm bieten die Rotten Sprotten heute an. Logisch bin ich vor allem heiß auf Sodium, aber lass den Rest ruhig mal hören, kenn ich nix von, immer her mit neuem Kram.

Kaum angekommen begrüßen uns auch schon Brandschaden. Was für ein Name! Und das Beste daran: Ich brauche die Band eigentlich gar nicht weiter zu beschreiben, denn hier passen Name und Inhalt sowie Optik perfekt zusammen, will sagen, dass BRANDSCHADEN sich genau so deutschpunkig anhören, wie man es sich vorstellt. Dat rumpelt asozial, da lassen sich pogowütige BesucherInnen nicht lange bitten. Nervig nur, dass mehrere dieser Exemplare „Pogo“ mit unkontrolliertem Anrempeln gleichsetzen und das auch nicht auf gegenseitiges Geschubse beschränken, sondern einem auch mal unvermutet von hinten, oben oder unten in den Rücken donnern. Punkerkollege, der nicht genannt werden will, sagt gereizt zu einem der Rüpel: „Pogt ihr alle so bei euch auffem Dorf?“ Der Angesprochene reagiert unerwartet erfreut auf diese Provokation: „Jo, ich komm aus Süderbrarup! Und du?“ (Original so passiert!)

THE Radiolas wurden als Rockabilly angekündigt und man war schon gespannt, wie dieser Stil ausgerechnet hier ankommen würde. Aber letztendlich spielen THE RADIOLAS flotten Streetpunk. Berührt mich nicht sonderlich, tut aber auch nicht weh. Mit den Texten kann ich wenig anfangen, da geht es unter anderem darum, am Tresen zu sitzen und kein Geld mehr fürs nächste Bier zu haben. Naja. Peinlich die Bemerkung, dass jeder in der Band „mit seiner eigenen Schwester was am Laufen habe“. Ein recht unsensibler Scherz angesichts des Leids, welches durch Zwangsehen unter Verwandten entstehen kann.

Sodium sind einigen noch positiv von ihrem Auftritt mit CAPTAIN FLINT in der Schaubude in Erinnerung. Und Alter – in den vier Monaten seit diesem Gig haben die Jungs aus Häven ein paar Briketts nachgelegt! Um Seeräuber Opa Fabian wiederzugeben, der mir enthusiastisch ins Ohr brüllt: Man mag es wirklich kaum glauben, dass dies erst der zweite Auftritt in dieser Besetzung ist. Ohne große Pausen, ohne sich z.B. vom auf der Bühne herumkraxelnden und wild fotografierenden K. aus G. beirren zu lassen, ballert die Band drauflos. Irgendwie haben SODIUM bereits eine durchaus eigenständige Mischung kreiert, die melodischen Crust mit Arschtritt-Hardcore und Metal kombiniert. Songs wie „Police“, „Victims“ oder „Rise Above“ kommen verflucht schnell und vehement. Der Hammer ist dabei der oberknarzige Bass bzw. überhaupt die Basslinien, die Hendrik spielt. Da springt doch glatt Boris Butt himself auf die Bühne und ehrt Hendrik mit der rosafarbenen „Princess“-Schärpe of death! Hm, eine eingeschränkte Objektivität muss ich einräumen, hatten SODIUM mich doch im April in ihren Proberaum geladen, wo ich dann zu einem Song namens „Mr. Bateman“ mein Gebrüll beisteuern durfte. Zu jenem Stück werde ich jetzt auf die Bühne gebeten, was zumindest für mich ein großer Spaß ist. Danke. Danach gibt es sogar noch ein Bonehouse-Cover von „My Definition“. Allerdings verpatze ich gleich mehrere Stellen, da mich die furiose Version des Stücks doch überfordert. (Wegen meines Gastbeitrags hätte ich es übrigens gern gesehen, wenn jemand anderes dieses Review geschrieben hätte, aber keiner, den ich zu nötigen suche, will so richtig.)

Dass Namen auch täuschen können, zeigen danach Absturtz: Ich erwarte puren Deutschpunk, aber die Band erweist sich als metallischer und brachialer als DRITTE WAHL oder (aktuellere) OHL. Als Metalpunk bezeichnen es heute manche, gut gezockt und mit räudiger Stimme vorgetragen wird’s auf jeden Fall. Besonders fit ist der Sänger und Gitarrist, der irgendwie gleichzeitig über die Bühne wirbelt, singt und – natürlich – Gitarre spielt. Dazu gibt es politische oder einfach kämpferische Texte. Und verdammt eingängig isses – der erste Song (oder zumindest die Zeile) „Wir reißen Mauern ein“ geistert mir jetzt noch zwei Tage später im Kopf herum. Aber auch „Frag nicht warum“ oder „Wohin der Wind uns dreht“ überzeugen. Gut, zum Teil sind die Einflüsse der Band überdeutlich – z.B. klingt „Seemannslied“ nicht unerheblich nach Rasta Knast, aber es gibt wohl Schlimmeres.

Den Abend klingt dann noch mit ‘ner Menge Hits aus der Konserve aus, und der Pit wird zur eifrig genutzten Tanzfläche – so sollet sein.

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