Verschiedene Konzerte in den letzten zwei Monaten sollten eigentlich in der Alten Meierei stattfinden. Stattdessen fanden sie aber in der Hansastraße, der Schaubude und in der Pumpe und demnächst in der Rendsburger T-Stube statt.
Wir von den Konzertgruppen Anne Oan und Rebeltí@s Musicales aus der Meierei befinden uns aber zur Zeit leider im Exil, touren sozusagen durch die alternative Kieler Clublandschaft. In der Meierei müssten wir die Eintrittspreise derzeit um zig Euro erhöhen, da die Stadt Kiel mit ihrem grünen Oberfrontmann Todeskino uns das durchführen jeglicher Veranstaltungen untersagt hat und mit Bußgeldern von 5000 Euro droht, falls wir uns nicht an das Verbot halten.
Nachdem die Meierei über 20 Jahre von städtischen OrdnungswächterInnen mehr oder weniger in Ruhe gelassen worden war, werden wir seit nunmehr über 2 Jahren ununterbrochen genervt, bedroht und verarscht. Erst ging es um mangelnden Schallschutz, dann wurde von uns eine gaststättenrechtliche Konzession gefordert, nun sollen wir die Halle umbauen, weil der Brandschutz nicht den gesetzlichen Standards entspricht. Aus dem Wohnbereich sollen alle Kohleöfen entfernt werden und durch eine Heizungsanlage ersetzt werden.
Finanzieren will die Stadt Kiel als Vermieterin des Gebäudes dabei schlichtweg gar nichts. Gnädigerweise bot der umweltbewußte Todeskino an, uns Radiatoren für den Wohnbereich zu spendieren – das sind diese Heizkörper, die man in die Steckdose steckt und die monatliche Kosten von 200 Euro pro Zimmer verursachen würden.
Seit 2 Jahren streiten sich die Geister darüber, ob die Stadt die Meierei tatsächlich weghaben und stattdessen dort ein Einkaufszentrum, eine Autobahn eine Autobahnraststätte oder was auch immer hinbauen will. Wir wissen es nicht.
Klar ist allerdings, dass die Stadt die Meierei, so wie sie war und ist, weghaben will. Ein unkonventionelles Zentrum, unkommerziell, undurchschaubar, chaotisch. Mit einem bunten Kulturprogramm, dass weder für die Kassen der Stadt noch für irgendwelche Werbeagenturen oder andere KulturkapitalistInnen irgendeinen Cent abwirft und stattdessen viel lieber politische Aktionen und Initiativen unterstützt.
Kein Geld, kein Ruhm für die Stadt Kiel durch die Meierei – das heißt in der Logik unserer Stadtväter und -mütter, dass wir keine Existenzberechtigung haben. Also fallen sie mit unerfüllbaren Forderungen über uns her, nerven und bedrohen uns, diskutieren, ob sie uns ganz wegmachen oder uns lieber in ein Kleinunternehmen verwandeln, dass doch ein wenig Geld für sie abwirft oder sich hier und da auch mal als Aushängeschild einer toleranten Stadt verwenden lässt.
Wie sie uns gern hätten, interessiert uns erstmal nicht wirklich. Wir wissen, was für eine Meierei wir haben wollen!
Auch wenn wir gerade keine andere Möglichkeit sehen, als uns auf die Forderungen und Drohungen der Stadt einzulassen, ist eins klar: wir haben eine feste Grenze, von der wir nicht zurückweichen werden.
Diese Grenze liegt an dem Punkt, wo die Existenz der Alten Meierei als eigenständiges, lebendiges, unkommerzielles und selbstverwaltetes Projekt gefährdet ist.
Bild nicht gefunden: 20051009/mural neues Wandbild an der Meierei
Wir waren in der letzten Zeit praktisch ununterbrochen mit diesem Stress beschäftigt. Die ständigen Treffen und Diskussionen über den richtigen Umgang mit der Stadt haben uns eine Menge Energie geraubt, die wir viel lieber dafür genutzt hätten, die Meierei noch viel mehr mit Leben zu füllen. Trotzdem denken wir, dass noch nie zuvor so viele Menschen hinter der Meierei gestanden haben wie in diesen letzten zwei Jahren. Demonstrationen, Aktionen und ein vielfältiges kulturelles Programm, das auch klar politisch Stellung bezog, haben die Meierei zu einem Ort gemacht, den irgendwelche sich wichtig fühlenden Politikerinnen nicht mal einfach wegbeschließen können.
Auch die derzeitige Situation des Konzertverbots hat eine schöne Seite – nämlich die breite Solidarität innerhalb der kieler alternativen Kulturszene mit der Meierei. Zahlreiche kieler Läden, die Hansastrasse, die Räucherei, die Schaubude und die Pumpe, boten uns nach dem Veranstaltungsverbot an, unsere Konzerte unkompliziert in ihren Räumen durchzuführen. Auch das neumünsteraner AJZ und die rendsburger T-Stube stellten uns ihre Räume zur Verfügung. Vielleicht kann diese Solidarität auch ein Schritt sein, sich künftig stärker als bisher aufeinander zu beziehen und sich gemeinsam gegen die konsum- und massenorientierte Kulturpolitik der Stadt Kiel zu wehren, durch die nicht nur die Meierei sondern auch die Pumpe und die Hansastrasse bedroht sind.
Konzert in der Pumpe
Am 8.10. haben wir mit einer Bauwoche in der Meierei und einem grandiosen Konzert in der Pumpe mit über 700 BesucherInnen eine weitere kleine Offensive begonnen. Besonders erfreulich war eine spontane Demo vor dem Konzert, die aus Gaarden zur Pumpe spazierte, dabei auf über 100 Personen anwuchs und einen lauten Zwischenstopp vor Kiels neuester Nazikneipe Ballmann 7 am Exer einlegte. Weniger erfreulich war allerdings, dass später nach dem Konzert 4 Personen aus besagter Kneipe heraus angegriffen und verletzt wurden. Es wird Zeit, dass dieses Nazi-Nest schnellstens wieder verschwindet!
Die Bauwoche ist super angelaufen. An den ersten Tagen waren sehr sehr viele Menschen da, wir haben schon viel geschafft. Es macht Spass und es ist wunderbar, wieviele Menschen mithelfen und wieviel Solidarität es gibt!
Für den 12.10. hat uns die Hansastrasse erneut ihre Räume zur Verfügung gestellt – für ein Konzert mit der großartigen kanadischen anarchistischen und antifaschistischen Streetpunkband Jeunesse Apatride mit eindrucksvollem weiblichen Gesang und den im Meierei-Proberaum beherbergten Skatestreetpunks von den Lost Dogs.
Auch zu diesem Konzert wollen wir wieder einen gemeinsamen Protestspaziergang von der Meierei zur Hansastrasse machen. Treffen ist dafür um 20.30 Uhr an der Meierei.
Zum Abschluss der Bauwoche am Sa., 15.10. dürfen dann alle ein weiteres Mal ins Exil fahren: Diesmal wird uns überregionale Solidarität von der T-Stube aus Rendsburg entgegengebracht. Das ursprünglich ebenso für die Meierei geplante Konzert mit der Kultpunkband MOLOTOW SODA und der Gaardener Pankboygroup TOTSCHICK darf nun von den mit Bus und Bahn aus Kiel und aller Welt anreisenden Meierei-FreundInnen in Rendsburg begutachtet werden.
Wie es nach der Bauwoche weiter geht, wissen wir nicht. Klar ist, dass die Stadt uns weiter nerven wird, umso mehr, je schwächer wir sind.
Eure Solidarität und euer Engagement sind die wichtigsten Aspekte im Kampf um den Erhalt der Meierei. Wir freuen uns weiterhin, wenn ihr beim bauen mithelft, mal einen Kuchen vorbeibringt oder einfach nur mal reinschaut.
Und da die ganzen Bauarbeiten viel Geld kosten – mit der Heizungsanlage sind das mal locker 15.000 Euro – können wir auch Spenden gut gebrauchen. Ob ihr eure verstaubte Kultplatte für die Meierei bei ebay versteigert, ein Solikonzert organisiert, euch im Sophienhof mit einer Sammelbüchse hinstellt oder oder, jeder Euro hilft uns sehr.
Die Meierei lebt von den Menschen, die sie nutzen, sie besuchen, die deutlich machen, dass es sich unkonventionell und unkommerziell besser leben und auch feiern lässt.
Wir hoffen, dass wir nach der Bauwoche zügig wieder Veranstaltungen in der Meierei durchführen können. Das wird sich vermutlich im Laufe des Oktobers klären.
Spätestens in der ersten Dezemberwoche wollen wir wieder loslegen – und zwar richtig. Mit einer ganzen Festwoche mit Konzerten, Parties, Veranstaltungen und Filmen anläßlich des 25-jährigen Jubiläums der Sophienhof-Besetzung. Das war dort, wo heute unser allseits geliebter Konsumtempel Sophienhof steht. Mit der Räumung des Sophienhofs wurden der Stadt mehrere Ausgleichsobjekte abgerungen. Während die übrigen Gebäude für neue Parkplätze und Straßen geräumt und abgerissen wurden, ist die Alte Meierei das letzte verbliebene Gebäude. Diese Festwoche soll deshalb auch nicht nur nostalgisch an die guten alten Zeiten erinnern, sondern aller Welt zeigen:
Regierungen und Bürgermeister kommen und gehen – die Meierei lebt und bleibt!