Alte Meierei – was geht da schon wieder ab?
Eine kleine Reise in die Vergangenheit: Die erfolgreiche Wiedereröffnung der Meierei im Juni 2006 und das damit verbundene rauschende Fest ist uns allen bestimmt noch positiv in den Köpfen hängen geblieben. Doch wie war das noch mal davor mit dem Konflikt mit der Stadt, mit dem Konzertverbot und wie hat sich das ganze seitdem entwickelt?
Nachdem ein Nachbarschaftskonflikt um Konzertlärm im Jahre 2003 durch die Installation eines Schallschutzes unproblematisch gelöst werden konnte, begann sich die Stadt Kiel mit dem Amtsantritt der schwarz-grünen Koalition 2004 in die Belange der Alten Meierei einzumischen. Die Stadt forderte von uns, eine Konzession zu beantragen, wozu sich das NutzerInnenplenum unter massivem Druck schließlich auch durchrang. Dieser Antrag (also konkret auf Dinge wie u.a. eine Schanklizenz) war intern umstritten, weil eine Konzession faktisch die Unterwerfung der Meierei-Strukturen unter gesetzliche Normen bedeutet, deren mögliche kompromisslose Durchsetzung die Gefahr in sich birgt, diese Strukturen zu zerstören. Sie ist ein staatliches Mittel, in Projekte einzudringen, die von der Norm abweichen oder sogar Experimentierfeld für Alternativen sein wollen, um sie entweder wieder zu normalisieren oder zu zerstören.
Der Antrag bedeutete dann auch kein Ende der Belästigungen, sondern das von vielen befürchtete Gegenteil: Die Stadt knüpfte an die Konzessionsaussicht verschiedene, von der Meierei ganz offensichtlich nicht zu bewältigende Forderun-gen, deren Kern die Installation eines Supersicherheitsbrand-schutzes war. Trotz stetiger Verhandlungen und einigen Demos und Aktionen mündete dieser städtische Angriff auf das ungenormte Projekt Meierei im Juli 2005 in einem unter Androhung horrender Zwangsgelder schließlich durchgesetzten Veranstaltungsverbot. Gleichzeitig bewirkten wir aber, dass die Stadt sich von ihren ursprünglichen, für uns unter keinen Umständen bezahlbaren, Forderungen verabschiedete. Daraufhin wurde von uns beschlossen, im Zuge einer monatelangen Bauwoche einen Großteil des geforderten Brandschutzes umzusetzen, obwohl sich uns der Sinn einiger der Bau-maßnahmen nicht enträtselte.
Als den Stadtoberen dies immer noch nicht genügte – sie schienen die Meierei tatsächlich viel lieber in endgültig kontrollierbare Bahnen bringen oder sie gleich ganz dicht machen zu wollen – wurde es notwendig, eine klarere Sprache zu sprechen: Nach mehreren Wochen „Let there be rock!“-Kampagne mit diversen fetten Demos und Aktionen, einer Pressekonferenz, einer ellenlangen Solierklärung, Exilkonzerten, M-Move und Soli-Gala, erzeugten wir einen solchen öffentlichen Druck auf die Stadt, dass wir den Veranstaltungsbetrieb am 3.6.06 auch gegen das Verbot durchsetzen konnten.
Zu jeder Zeit der politischen Verhandlungen war zwar klar, dass wir weiter an dem Konzessionsantrag festhalten wollten, wiesen aber gleichzeitig immer wieder darauf hin, dass sich die bürokratischen Verordnungen für professionelle Veranstaltungsbetriebe unmöglich auf ein unkonventionelles Projekt wie die Alte Meierei anwenden ließe. Der von uns angestrebte Kompromiss war also, dass die Stadt ihre formale Existenzberechtigung aussprechen darf, die Meierei aber in Zukunft mit unerfüllbaren Auflagen in Ruhe gelassen werden würde.
Dies alles ist jetzt etwa zwei Jahre her. Wir glaubten uns im sicheren, die Stadt war erstmal ruhig und das Projekt Meierei mauserte sich seit der Wiedereröffnung zu einem so lebendigen und vielseitigen Ort wie nie zuvor, der nach wie vor von verschiedensten Leuten frequentiert wird. Berauschende Konzerte und viele Veranstaltungen folgten: Zu den wiederbelebten oder aus dem Exil bzw. dem Untergrund geholten Gruppen und Projekten in der Meierei gesellten sich allerlei neue Impulse: Es gründeten sich im Laufe der Zeit gleich drei neue Konzertgruppen, das „Antifa-Cafe“ entstand als Raum, an dem alle zwei Wochen politisches Beisammensein und Austausch ermöglicht wird und in den letzten Monaten erblickten mit dem Reggae-Cafe „Irie“ und dem „Café Schwarz-Rot“ als sozialrevolutionäres Pendant zum Antifa-Café noch mal zwei neue Projekte in der Meierei das Licht der Welt.
Wie gesagt, es hat sich einiges in der Meierei getan und das Projekt ist viel lebendiger und hier und da auch ein wenig politischer geworden. Da kann mensch mal sehen, was sich alles tut, wenn wir uns mal nicht der Paragraphenreiterei widmen müssen, sondern uns so ausdrücken und gestalten wie wir es wollen und für richtig halten. Der Konzessionsantrag dümpelte währenddessen nur halbherzig beachtet nebenher… Kein Wunder, hatten wir diese doch noch nie für sinnvoll oder gar nötig gehalten, sondern uns ausschließlich den Drohungen der Stadt gebeugt. Dennoch sahen auch wir den Waffenstill-stand mit der Stadt als aufrechtzuerhaltendes Gut und hielten am Konzessionskompromiss fest.
Praktisch bedeutet dies, dass wir vor einigen Wochen, nach einigen Nachfragen aus dem Ordnungsamt, schlussendlich die nötigen Formulare dort einreichten. Aber so blümchenhaft wie gehofft sollte die Meierei-Welt dann doch nicht sein und wir mussten leider feststellen, dass die Auseinandersetzungen um die Meierei in den Köpfen der OrdnungsbeamtInnen wohl schon wieder in Vergessenheit geraten zu sein scheinen. So wusste die zuständige Beamtin wohl nicht, wen sie da vor sich hat: Wir sollten auf einmal ganz viel Geld für Bearbeitungs-gebühren, Feuerwehr-Begehungskosten und andere Unsinnigkeiten bezahlen, es wurden mal wieder Skizzierungen der in der Meierei öffentlich genutzten Räume verlangt und auch andere neue Forderungen klangen bereits durch. Dies läuft uns natürlich zuwider und lässt im schlimmsten Falle eine stressi-ge bis fast unmögliche Existenz der Meierei unter Konzessionsbedingungen befürchten!
Die Hoffnung, dass die Stadt ihre Lehren aus der zurückliegenden Meierei-Kampagne gezogen haben könnte, gerät gerade etwas ins Wanken. Was daher augenscheinlich von uns allen in Betracht gezogen werden muss, ist der Stadt mal wieder deutlich zu zeigen, dass die Meierei nach wie vor ein politischer Faktor in Kiel ist, der von einer breiten Öffentlichkeit unterstützt wird. Das bedeutet im Klartext, dass wir uns für eine neue Phase im Kampf um die Meierei bereit halten sollten und gegebenenfalls mal wieder mit vielfältigen Aktionen auf der Straße und den Köpfen präsent zu sein. Bringt Euch in die Diskussionen und die Vorbereitungen zu diesem Zwecke ein.
Endlich Schluss mit dem Generve!
Meierei bleibt – wie wir sie wollen!
NutzerInnenplenum der Alten Meierei, Februar 2008