Konzert mit Cobretti, Tackleberry, We Once Loved, The Force Within, Egozid / 05.01.08 – Kiel, Alte Meierei
Plattenveröffentlichungskonzerte sind irgendwie was Besonderes, zumal, wenn sie von Bands gefeiert werden, die sich schon durch jahreslanges Den-Arsch-Abspielen ’nen gehörigen Kreis an FreundInnen und SympathisantInnen erspielt haben.
Bescheiden wie sie sind, waren jedoch sowohl Tackleberry als auch die Konzertgruppe Conformist Concerts vom Ansturm der BesucherInnen überrascht. Nach massenweise Nasen wurde die Kasse dichtgemacht, ein paar mehr Leute werden es mindestens gewesen sein, die zusammen mit den Bands die Meierei in einen Hardcore-Hexenkessel deluxe verwandelten. HELL YEAH! Ich finde es auch genial und nicht selbstverständlich, dass das Kieler Publikum seine lokalen Bands derart feist unterstützt.
Die ersten Leute waren derart früh anwesend, dass man richtig pünktlich starten konnte. Als ich gegen 21.45 Uhr die Meierei betrat, waren Egozid bereits zur Hälfte durch. Es dauerte dann, bis ich vor der Band stand, da ich natürlich erst zu Renkes Stand eilen musste, um mir ein Vinyl-Exemplar von „Call me green“ zuzulegen und natürlich konnte man höflicherweise auch nicht einfach durch die Menge, ohne hier und dort ein Küsschen zu verteilen. Was ich aber noch von EGOZID mitbekam, gefiel mir gut. Man hatte sich gegen eine Nutzung der eigentlichen Bühne entschieden, die „kleine Bühne“ dieses Mal direkt davor und nicht seitlich daneben aufgebaut. Nicht ganz optimal gelöst, wie man noch sehen sollte. EGOZID wurden von der Konzertgruppe als „90s Krach“ angekündigt, ich persönlich hatte ab und an Assoziationen zu LOXIRAN. Auf jeden Fall mit melancholischen Momenten und auch nachdenklichen Ansagen des Sängers. Muss ich mir noch mal länger/intensiver ansehen.
Ein großes Highlight folgte dann gleich mit The Force Within aus Köln/Bonn. Hier wurde etwas kraftvoller zugelangt, etwas flotter, wenngleich nicht übermäßig eingängig, sondern mit überraschenden Schlenkern hier und da sowie originellen Ideen gerade im Gitarrenbereich. Der Sänger hatte nicht die kraftvollste Stimme der Hardcorewelt, setzte sich durch eher kreischiges Geshoute aber genügend durch um im Gesamtklangbild integriert zu sein. Es bildeten sich sogleich auch die ersten Mini-Circle-Pits und langsam wurde es vorne ganz schön eng, da der Platz nun natürlich vorne beschränkt war im Vergleich zum Silvester-Konz zum Beispiel, währenddessen viele Leute auch noch hinten auf der Bühne hatten stehen können.
Tackleberry hatten es so gewollt und sich gleich VIER Bands für ihre Releaseparty eingeladen. Würde der Mob durchhalten oder bis zum Gig der Kieler „Hardcore Punk Trottel“ (eigene Einschätzung, he he) völlig ausgepowert sein? Zumindest bis jetzt nahm die Stimmung eher zu, die Bühne musste abgebaut werden, das Schlagzeug auf die eigentliche Bühne gestellt werden, damit man dem tanzwütigen Volk auch genügend Raum bieten konnte. We Once Loved boten Hardcore (ach wat), der sich durch ordentlich wat Power, aber auch schicke melodische Gitarren auszeichnete. Die Band war ordentlich in Bewegung, was den Mob natürlich noch mehr anheizte, so dass spektakuläre Crowdsurfings abgingen und einfach amtlich geslammt wurde. Geil!
Hach ja, neues Jahr, Antirauchergesetze, wie schön doch diese saubere Luft und der wirklich kristallklare Blick aufs Geschehen… NICHT! Denn TACKLEBERRY hatten Moe und Doc Love damit beauftragt, ordentlich wat Nebel in die Hütte zu pumpen. Originaler SATAN’S WIFE-Nebel also! Allerdings… was war das? Sollten nicht jetzt Cobretti spielen? Ich muss gestehen, dass ich von hinten, wo der Sound nicht soo dick war, und angesichts des pervers dichten Nebels erst gar nicht gecheckt hatte, dass nun gar nicht COBRETTI spielten, sondern in der Tat bereits die TACKLEBETTYS! Fuck, sofort nach vorne! Dort angekommen, wurde ich einen Strudel von wirbelnden Körpern gerissen, irgendwie mittenmang die TACKLEBERRY-Jungs, ebenfalls am Springen, Kreischen, Abgehen… Wie zu Silvester versuchten einige Freaks, so eine Pyramide zu bilden, wurden aber vom kunstverachtenden Pöbel umgemoscht, als sie im Bau der dritten Etage waren. (Wir brauchen unbedingt noch einen klangvollen Namen für diesen neuen Trend, halt so a la „Wall Of Death“ oder „Violent Dancing“. Ich schlage „Pyramide des Fleisches“ vor, meinetwegen auch auf Englisch…) Zur Verstärkung hatten TACKLEBERRY sich Schrammi und Disturbers-Herbert in den Rücken gestellt, die in den Pausen zwischen Songs Waldorf und Stadler-mäßig schimpfend das Geschehen kommentierten. Die beiden über Drummer Peder: „Ihr denkt jetzt alle, der hat Shorts an, ne? Aber das sind Leggings, Aller! der Kerl ist nur soo dürre, dass die bei ihm aussehen wie Shorts!“. Nich, dass Hannes selbst nix zu erzählen gehabt hätte! So vertellte er uns die schöne Geschichte über ein S-Bahn-Erlebnis, wo ein fertiger, besoffener Skinhead einen Schwarzen habe anpöbeln wollen, angesichts seiner eigenen verbalen und mentalen Unfähigkeiten bei diesem Unterfangen jedoch in Tränen ausgebrochen sei. Yeah, und stellt euch vor, MUSIK gab es AUCH noch, Hit an Hit aus dem Repertoire der TACKLEBERRY-History, seien es die ollen Kamellen a la „The Youngblooded“ oder Songs von der LP (sehr geil z.B.: „Me & the pistkit“). Mein Eindruck vom letzten Mal (Flensburg) scheint sich bestätigt zu haben: Etwas mehr Struktur und Eingängigkeit, zum Teil sogar Midtempo, bei bleibender Wildheit und Energie. Zum Abschluss gab es für die schwitzende Meute noch zwei Coversongs, „Bonzen raus“ von DENY EVERYTHING und „Everything Sucks“ von den DESCENDENTS. Einfach nur Hammer!
Was sollte jetzt noch bei Cobretti gehen? Ta, es ging noch mal ordentlich zur Sache! Es waren natürlich nicht mehr ganz so viele Menschen im Pit am Toben, aber wenn man bedenkt, dass nach der lokalen Band hier Gäste aus Köln zockten, dann war das doch ganz erstaunlich, was an Stimmung und Action zelebriert wurde. Die Dremu-Gemeinde hatte im Poll vom letzten Jahr die COBRETTI-Scheibe zur Platte des Jahres gewählt, jetzt erfuhr ich auch, warum. Saugeile Songs einfach, und ich würd sogar sagen, dass COBRETTI heute Abend tatsächlich den größten Druck erzeugten. Das hatte zum Teil so einen WOLFBRIGADE-Touch, jedenfalls donnerten die Songs ordentlich nach vorne und ließen diverse Gestalten in Verzückung geraten. Warum nun eigentlich nicht TACKLEBERRY als letzte gespielt haben? sie haben es wohl einfach nicht mehr ausgehalten und wollten nicht als allerletzte Band ran. Ist ja auch eigentlich egal – there are no fucking rules!
Dennoch muss erwähnt werden, dass einige Leute an diesem ansonsten gelungenen Abend kritisiert haben, dass man nicht die eigentliche Bühne genutzt hat. Wenn es derart voll ist, haben viele Leute keinen Blick aufs Geschehen und nicht jeder möchte in den Pit. Ich persönlich finde das generell zwar auch gut, wenn Band und Publikum auf gleicher Höhe sind, ab einer bestimmten Größe funktioniert das aber auch meines Erachtens nicht optimal, da sollte man doch auffe Meierei-Bühne ausweichen, die ja auch nicht unbedingt Rockstar-Dimensionen aufweist…
Yeah, jetzt aber weiter „Call me green“ hören und sich auf nächste Konzis der Bands vom heutigen Abend freuen!