Nie waren sie besser: Noise Forest aus Kiel in der Alten Meierei
Kiel – Um es gleich klar zu stellen: Der Schreiber dieser Zeilen hat bis dato die Kieler Deathmetal/Hardcore-Band Noise Forest nie sonderlich gemocht. Schier unhörbare frühe Demos sorgten zu Beginn und Mitte der Neunziger nur leidlich für Begeisterung, auch wenn der im Doom-Tempo verweilende Sludge-Core seiner Zeit tatsächlich voraus schien.
Mähnengeschüttel zu Brachial-Riffs:
Noise Forest. Foto: bev
Das Noise Forest seit 15 Jahren existieren, wirkt schon allein angesichts des stetig rotierenden Besetzungskarussells wie ein Wunder. Obwohl die letzten Jahre stetig erfolgreicher verliefen für Ove Koch, Boris Kronenberg, Ali Orhan und Dennis Köhler. Und was dieses Quartett heute Abend in der Alten Meierei anlässlich der Veröffentlichung seiner neuen Scheibe Morbid Instincts abliefert, zeigt nicht nur, dass ein Stilwechsel stattgefunden hat, sondern zündet zudem einen energetischen Feuerball der Sonderklasse.
Zunächst aber betritt eine Legende die Bühne: ManMade. Die Hamburger Band hat sich aus Ex-Erosion und Emils-Mitgliedern rekrutiert. Vor allem Erstgenannte überzeugten bereits Ende der 80er durch den erfolgreichen Versuch, den Metal-Core zu etablieren und wagten so den Schritt Richtung Neuland. Und auch wenn jene gloriosen Gründertage vorbei sind, knüpfen ManMade nahtlos an. Das die Musiker ein wenig bocklos scheinen, ist nicht schön und vor allem unangemessen, da das Publikum in der Alten Meierei die Band mit offenen Armen empfängt. Eine Soundorgie aus knüppelschneller Rhythmik, grindigen Riffs und manischem Geschrei schießt durch Gehörgänge, Shouter Chris Zenk marschiert dazu wütend im Moshpit auf und ab, entlädt seine Hassattacken in den Raum. Ein mehr als gelungener Auftakt.
Als Noise Forest dann loslegen, bekommen Sound und Energie noch mal einen Schub nach vorne. Es ist unglaublich, wie sehr sich diese Combo mit den Jahren gemausert hat. Eine Mischung aus Hardcore und Deathmetal setzt an zum Feldzug gegen alles, was sich rein und schön wähnt, bereits der Opener überzeugt durch finstere Gitarrenriffs und Rhythmuswechsel: ein akustischer Leckerbissen. Noise Forest präsentieren sich als Band von überdurchschnittlichem Format. Boris Kronenbergs Gebölke ist zwar grenzwertig, doch absolut typisch für das Genre, weshalb es auch hier keinen Abzug in der B-Note geben darf. Im Vordergrund stehen selbstverständlich die Songs des aktuellen Albums, und eines ist unbestritten: Morbid Instincts ist das bisher bedeutendste Werk der Band, überzeugt durch satte Produktion und noch bessere Songs. Genau wie der gesamte Abend. Noise Forest ist eine Band, an der die Hardcore/Metal-Gemeinde nicht mehr vorbeikommt.
Von Carsten Purfürst