Auf der Straße gegen den Wind

Kiel – Ein Heulen geht durch die Alte Lübecker Chaussee, Windstöße zerstören die Frisur, zerren an der Jacke. Es ist die Nacht nach „Kyrill“, dem irischen Bösewicht von einem Sturm, der 24 Stunden zuvor noch Norddeutschland in Schrecken versetzte. Die Nord-Ostsee-Bahn, sie fährt auch heute Abend nicht, Taxen sammeln die Fahrgäste an den Bahnhöfen aus Richtung Rendsburg ein, bringen sie nach Kiel. Der Weg führt weiter, zur Alten Meierei, und im mp3-Player läuft Sur Les Murs, das aktuelle Album einer Band aus Südfrankreich namens 10 Rue d’la Madeleine, die sich heute Abend die Ehre gibt.

Dort angekommen, sind Brad Bronstein und seine Mannen bereits gestartet. 10 Rue d’la Madeleine beschreiben ihren Stil als eine Mischung, in der Rage-Against-The-Machine-Elemente auf französische und osteuropäische Folklore treffen. Und genau so ist es. Die Rhythmusmaschine, bestehend aus Bassist Mike Flanagan und Schlagzeuger Andy Burke, groovt in heavy Rhythmik, während Bill Nuggetts Gitarre brettharte Riffs beisteuert, die jedes Metaller-Herz höher schlagen lassen. Dass Geige und Klarinette ihren Weg in dieses Soundkonglomerat finden und bestehen können, ist erstaunlich. Auf der anderen Seite wird hier heißes Öl gewandelt in luftige Ska-Aufschläge, die ersten Reihen der proppevollen Alten Meierei nehmen das Angebot gerne entgegen und setzen zum Pogo an.


Starke Bühnenperformance:
Sänger Brad Bronstein
und Bassist Mike Flanagan.
Foto Bevis

Nicht einen schlechten Song gibt es heute Abend zu bemängeln, das Getriebe läuft wie geschmiert und präsentiert eine tight aufspielende Gruppe, die schon bald den Status eines Geheimtipps ablegen wird. Voller Wut und Ironie werden bissige Lyrics in den Raum entlassen, tatsächlich merkt man vom kabarettistischen Ansatz, der 10 Rue d’la Madeleine nachgesagt wird, dagegen nicht viel. Was nicht weiter auffällt, fasziniert die Band doch genügend durch ihre schweißtreibende Bühnenperformance, generiert ihren eigenen Sturm aus Druck und Schmackes. Bronstein animiert die gewonnenen Fans zum Mitsingen des einen oder anderen Refrains, was hervorragend funktioniert. Ein starkes Konzert.