Kultur Shock verquickten in der Alten Meierei Stile aller Herren Länder
Kiel – Da prallt einiges aufeinander. Eine Prise Ska auf Punk und fette Metalriffs, verquirlt mit osteuropäischer Volksmusik. Und gleich der Musik ist auch die Zusammensetzung der „Balkan-Punkrock“-Combo Kultur Shock aus Seattle multikulturell, kommen die sechs Musiker aus Bosnien, den USA, Japan und Bulgarien. Von einem Kultur-Schock war allerdings in der gut gefüllten Meierei nichts zu spüren. Im Gegenteil: Die Sechs entfesselten eine tanzwütige Party vor der Bühne. Nach Monaten der „Meierei im Exil“-Konzerte an anderen Kieler Veranstaltungsorten ist also wieder Leben in der Halle des Wohn- und Kulturprojektes am Hornheimer Weg.
Riff mit Griff: der bulgarische
Gitarrist Val Kiossovski (links)
und der bosnische Sänger Srdjan
„Gino“ Yevdjevich. Foto Peter
Einen ganzen Katalog an Auflagen seitens der Stadt haben die Bewohner und Aktivisten in mühsamer Eigenarbeit mittlerweile erfüllt. In der Halle gibt es nun Entrauchungsanlage und Notausgang. Der Weg zum Wohnbereich führt nun durch Rauchschutztüren, die Bewohner können sich wegen überall installierter Rauchmelder sicher fühlen. Bleibt der Streit um die Heizungsanlage. Die Stadt hatte die alten Kohleöfen in den Zimmern als Sicherheitslücke bemängelt und das Veranstaltungsverbot unter Androhung von Strafgeldern aufrechterhalten. Aber auch hier bewegt sich was. Vom Herbst an solle ein zentraler Heizofen, der in einem isolierten, feuerfesten Raum steht, die Zimmer der Bewohner über angeschlossene Heizkörper warm halten, erzählt einer von der Meierei. Daumen hoch gab’s dafür schon vom Schornsteinfeger, dem man den Plan vorlegte. Offiziell besteht das Veranstaltungsverbot weiterhin. Aber man setze auf Vernunft und Deeskalation seitens der Stadt, denn vor dem Herbst werde die bis dahin wohl fertige Heizanlage schließlich gar nicht benötigt.
Also, Bühne frei für Kultur Shock. Osteuropäische Folkloreklänge ertönen. Matty Noble fiedelt atemberaubend schnelle Melodien auf der E-Geige, die in schwermetallischen Riffs münden. Sänger Srdjan „Gino“ Yevdjevich tobt über die Bühne, mosht zu Metal, wirbelt im Kreis zu Balkanrhythmen, stapft schleppend zu Metal-Rap-Einlagen über die Bühne, singt unter anderem auf Bosnisch, Serbisch, Kroatisch und Englisch über Themen wie Einwanderungspolitik oder die Bushs und Öl. Aber auch klagende, traditionelle osteuropäische Gesänge kommen aus dieser rauen Kehle. Kriegserfahrungen in Bosnien, Flucht, Flüchtlingscamps in Kroatien und Immigration nach Amerika – all diese Erfahrungen des bosnischen Serben schwingen in seinem traurigen Gesang mit, dessen Wörter im Saal kaum jemand versteht. Nur ein flüchtiger Moment, schon wird wieder gerockt. Und das mit Schmackes. kaj