Mit einer Riesenparty feierte die Alte Meierei am Wochenende die Wiedereröffnung nach fast 10 Monaten Zwangspause aufgrund des städtischen Veranstaltungsverbots. Bereits ab mittags trudelten große und kleine BesucherInnen auf dem Meierei-Gelände ein, wo wie immer chaotisch und mit Verspätung und Pannen noch an allen möglichen Ecken und Enden herumgewerkelt werden musste. Auf der Rampe empfingen Berge von leckerstem selbstgebackenen Kuchen schon mal die BesucherInnen, hinter der Meierei füllte sich das kleine aber nette Kinderfest zusehends.
Über dem Lagerfeuer verbrannten die ersten Stockbrote, während sich auf dem fast schon überfüllten Hüpfkissen Kollisionen häuften unter den neidischen Blicken größerer Leute, die leider nicht mithüpfen durften. Der zwischendurch einsetzende Regen wurde mit einem kleinen Kinderfilm überbrückt, leider war das Innere der Meierei durch die nicht wenigen rumliegenden und -hängenden Alkleichen nicht wirklich ein kinderfreundlicher Ort. Mensch Leute, wie kann ein beschissener Nazi-Aufmarsch Anlass sein, sich schon morgens so dermaßen die Kante zu geben?! Und vor allem: Wie soll er so verhindert werden?! Mal ganz abgesehen davon, dass in der Meierei für Nachmittags auch ein Kinderfest angekündigt war. Schlaft bitte nächstes Mal euren Mittagsrausch woanders aus und denkt ein bisschen an die Kids.
Der Naziaufmarsch fand ja bekanntlich dann auch gar nicht statt, was natürlich erfreulich ist. Dank der massiven gerade mal zweitägigen antifaschistischen Mobilisierung war klar, dass der Nazimob nicht ungehindert durch Kiels Straßen hätte marschieren können. Weniger erfreulich ist die Begründung für das Verbot, wo mal wieder AntifaschistInnen und deren angebliche Gewaltbereitschaft herhalten müssen. Eine derartige Begründung ist mehr als zynisch angesichts dessen, für was diese Nazischläger stehen: Während hier täglich Menschen, die nicht in das Bild unserer selbsternannten Herrenmenschen passen, angegriffen, beleidigt, geschlagen und ermordet werden, während wir ständig Nazi-Gesülze à la „Autonome ins KZ, Meierei abfackeln“ etc. aus unseren Internet-Foren löschen müssen, haben Polizei und PolitikerInnen nichts besseres zu tun, als Gewalt und Aggression denen zuzuschreiben, die sich gegen das menschenverachtende und mörderische Treiben dieses widerlichen Nazipacks wehren und versuchen, einen breiten antifaschistischen Widerstand zu organisieren.
Glücklicherweise gibt es hier aber noch genügend Menschen, die sich dieses teilweise unglaubliche Gelaber der PolitikerInnen nicht mehr anhören, sondern selbst wissen, was zu tun ist. Nicht nur letztes Jahr, als nur wenige dem Aufruf der Parteien folgten, gegen Intoleranz und Gewalt in die Kirche zu gehen, sondern sich direkt den Nazis in den Weg stellten – auch dieses Mal waren viele Menschen auf der Straße, und auch im Südfriedhof haben viele AnwohnerInnen sich Gedanken gemacht, wie sie den Faschisten einen angemessenen Empfang bereiten können.
Der Spuk fiel also erfreulicherweise diesmal aus, und nicht nur deshalb entwickelte sich auf der Party eine tolle Stimmung. Nach dem Kinderfest ging es weiter mit einem Auftritt der tollen Di Chuzpenics, es folgten Infoveranstaltungen zu Studiengebühren, dem neuen Radio-Projekt „Schiffbruch“ und dem kopenhagener linksradikalen Polit- und Kulturzentrums Ungdomshuset, litt (sm) begeisterte mit seinen Wortdarbietungen ebenso wie Jojo mit seinem selbstgebastelten Anti-Nazi-Werbespot-Video.
Nach leckerem Vokü-Essen ging ein langer Konzertabend mit 6 Bands los, deren Musikstile so weit auseinander lagen, wie wohl auf noch keinem anderen Meierei-Konzert. Die Meierei füllte sich mehr und mehr, es herrschte eine tolle peacige Stimmung und es war vielen anzusehen, dass dieser Abend irgendwie auch eine kleine Siegesfeier war. Schönen Dank nochmal an alle Bands, die hier aus Solidarität und für umsonst gespielt haben.
Mit DJ AK45 und Drum and Bass wurde dann auf zwei Fluren noch ordentlich abgetanzt, bevor sich die letzten in der Morgensonne nach Hause aufmachten.
Teil 2 der Party begann dann um 12.oo Uhr morgens bei Sonnenschein und einem superleckeren Brunch, den/das (?) GenossInnen aus Flensburg und Dänemark zubereitet hatten. Der angekündigte Umsonstflohmarkt war bescheiden aber nett. Immer mehr Leute kamen mit müden Gesichtern angetrudelt, aber alles blieb in bescheidener und gemütlicher Atmosphäre. Passend dazu gab der geniale Aubrook-Chor einige seiner Lieder in verschiedensten Sprachen zu besten (kann jemand mal sagen, welche Sprachen das nun alles waren?), bevor der Ausklang des Nachmittags und der Riesen-Eröffnungssause mit historischen Filmchen zu kieler Hausbesetzungen am Lehmberg (1987) und der Sternwarte (1991) einen Blick zurück nach vorn erahnen ließ:
Wir werden weiterhin um die Meierei kämpfen müssen, weil selbstbestimmtes Leben, selbständiges Denken und Handeln jenseits einer kapitalistischen Logik, die jeden Mensch, jedes Gefühl, jede Beziehung nach ihrer Verwertbarbeit klassifizieren will, weil diese Art zu Leben hier unerwünscht ist.
Aber wir haben schon mal eine kleine Schlacht gewonnen und das gibt Kraft und Mut zum weitermachen!
Die 8-wöchige Offensive hat die Stadt Kiel gezwungen, von ihrer kompromisslosen und destruktiven Haltung abzurücken. Der öffentliche Druck und die Solidarität in Kiel und darüber hinaus waren unserer schwarzgrünen Koalition zu viel. Unsere werten PolitikerInnen hatten vermutlich nicht damit gerechnet, dass wir so lange durchhalten würden, dass so viele Menschen für die Meierei auf die Straße gehen würden und dass die Solidarität mit jeder Aktion größer würde.
Einmal mehr – und das passiert gerade viel zu selten – haben wir gesehen, dass es lohnt, sich gegen die selbstherrliche, heuchlerische und machtgeile Politik zu wehren, mit der wir täglich auf verschiedensten Ebenen konfrontiert werden.
Danke noch mal an alle, die uns unterstützt haben, schön, dass ihr alle dagewesen seid, in den letzten Wochen, auf den Straßen Kiels, auf den Exil-Konzerten, den Demos, Moves, Sofa-Actions, nicht zu vergessen die am Ende ewig langen Bauwochen in der Meierei, die dazu geführt haben, dass der Laden jetzt so ist, wie er ist.
Ohne diese Unterstützung wäre die Alte Meierei hätten wir es nicht geschafft, soviel öffentlichen Druck aufzubauen, dass wir trotz immer noch bestehenden Veranstaltungsverbots die Wiedereröffnung durchsetzen konnten.
In diesem Sinne hoffen wir, dass weiterhin immer mehr Leute die Alte Meierei und die Idee, die dahinter steckt, als ihr Projekt begreifen.
Meierei bleibt und wird immer besser!
» Zusammenfassung der Let there be Rock!-Kampagne