Das Prinzip Hoffnung

Solidaritäts-Gala in der Pumpe für den Fortbestand
der Alten Meierei in Kiel
Kiel – „Let there be Rock – Offensiv gegen das Veranstaltungsverbot!“ prangt kämpferisch auf dem Banner über der Bühne. Bewohner, Konzertgruppen und Sympathisanten kämpfen weiter für den Erhalt der Alten Meierei, der es die Stadt Kiel nach wie vor verwehrt, Veranstaltungen durchzuführen.

Heute Abend findet in der Pumpe ein weiteres Konzert der „Alten Meierei im Exil“ statt und schon zu Beginn wird deutlich, dass nicht nur Osterfeuer für einen Neuanfang stehen. Zu satten Sambatrommeln der Sambástards|Sambastards gibt es Feuerjonglage, die Brücke zwischen Fördestadt und weiter Welt spielend geschlagen durch die Vermischung der Outfits: Fischerhemden treffen auf hippieske Mode, aus dem Einheitlichen formt sich das Individuum. „And there will be Rock!“ rumort es verheißungsvoll – man hat die Hoffnung nicht aufgegeben. Dann kommt Herr Konrad. Herr Konrad ist Komiker aus Kiel, wusste schon im Rahmen von „Kiel Spaß!“ zu brillieren, hat hier aber zunächst einen schweren Stand, da die Melange aus Clownerie, Jonglage und Einrad-Artistik nicht mit einem einzigen Standmikrophon zu vereinbaren ist, sodass man Herrn Konrad kaum versteht. Skeptische Blicke verwandeln sich in Unmut und es ist schon ein großer Spaß, dem Unglauben des Publikums beizuwohnen, als Herr Konrad ankündigt, in diesem politisch linksaußen gesetzten Rahmen das Lied von den zehn kleinen Negerlein zu singen – um das Ganze schalkhaft in Fünf kleine Bleichgesichter zu verwandeln und mit Jonglierbällen eine wahrhaft groteske Mischung aus Lied und Märchen anzubieten. Und mit jeder weiteren Erstaunlichkeit gewinnt das Kurzprogramm dieses Künstlers an Durchschlagskraft, was immer längere Beifallsbekundungen beweisen.


Gesellschaftskritik, verpackt in Reggae, Ragga
und Ska: Irie Révoltés (großes Bild).
Herr Konrad (kleines Bild – gibts hier nicht)
unterhielt das Publikum mit Jonglage,
Clownerie und Gesang.
Fotos Peter

Mit Irie Révoltés aus Heidelberg folgt der unbestrittene Höhepunkt des bunten und abwechslungsreichen Abends. Die Brüder Carlos und Pablo Charlemoine aka Mal Élevé rocken die Menge mit französisch-englischem Raggamuffin, Reggae und Ska. Gesellschaftskritische Inhalte sind allgegenwärtig und vermehrt wird das Publikum aufgefordert, den Vertretern des Rechtsradikalismus‘ den Mittelfinger entgegen zu strecken. Irie Révoltés predigen in der Entschlossenheit ihres musikalischen Protestzugs die Absage an unterdrückerische Regimes, haben das Publikum von der ersten Minute an fest im Griff. Voyage heißt die neue Platte, die es vorzustellen gilt, doch dies ist nur ein kleiner Aspekt der Kompakt-Show der „Iries“. Es macht einen Riesenspaß, hier mitzugehen und den Geist einer Veranstaltung zu atmen, der fordert: Alte Meierei bleibt! Sie muss es einfach. Der Verlust für die hiesige kulturelle Landschaft – er wäre zu groß. Von Carsten Purfürst

Bilder von der Gala gibts im Fotoalbum