Dieser etwas aktualisierte schon ältere Text wird heute (02.12.) auf dem Meierei-Exil Konzert in der Hansastr.48 mit „Watcha Clan“ aus Marseille verteilt:
Meierei im Exil – was ist da eigentlich los?
Verschiedene Konzerte der letzten drei Monate sollten eigentlich in der Alten Meierei stattfinden. Stattdessen fanden sie aber in der Hansastraße, der Schaubude, in der Pumpe und in der Rendsburger T-Stube statt. Heute mit dem Konzert von Watcha Clan aus Marseille findet nun schon die dritte Auflage vom Meierei-Exil in der Hansastraße statt.
Wir von den Konzertgruppen Anne Oan und Rebeltí@s Musicales aus der Meierei befinden uns aber zur Zeit leider im Exil, touren sozusagen durch die alternative Kieler Clublandschaft. In der Meierei müssten wir die Eintrittspreise derzeit um zig Euro erhöhen, da die Stadt Kiel mit ihrem grünen Oberfrontmann Todeskino uns das durchführen jeglicher Veranstaltungen untersagt hat und mit Bußgeldern von 5000 Euro droht, falls wir uns nicht an das Verbot halten.
Nachdem die Meierei über 20 Jahre von städtischen OrdnungswächterInnen mehr oder weniger in Ruhe gelassen worden war, werden wir seit nunmehr über 2 Jahren ununterbrochen genervt, bedroht und verarscht. Erst ging es um mangelnden Schallschutz, dann wurde von uns eine gaststättenrechtliche Konzession gefordert, nun sollen wir die Halle umbauen, weil der Brandschutz nicht den gesetzlichen Standards entspricht. Aus dem Wohnbereich sollen alle Kohleöfen entfernt werden und durch eine Heizungsanlage ersetzt werden.
Finanzieren will die Stadt Kiel als Vermieterin des Gebäudes dabei schlichtweg gar nichts. Gnädigerweise bot der umweltbewusste Todeskino an, uns Radiatoren für den Wohnbereich zu spendieren – das sind diese Heizkörper, die man in die Steckdose steckt und die monatliche Kosten von 200 Euro pro Zimmer verursachen würden.
Seit 2 Jahren streiten sich die Geister darüber, ob die Stadt die Meierei tatsächlich weghaben und stattdessen dort ein Einkaufszentrum, eine Autobahn eine Autobahnraststätte oder was auch immer hinbauen will. Wir wissen es nicht.
Klar ist allerdings, dass die Stadt die Meierei, so wie sie war und ist, weghaben will. Ein unkonventionelles Zentrum, unkommerziell, undurchschaubar, chaotisch. Mit einem bunten Kulturprogramm, dass weder für die Kassen der Stadt noch für irgendwelche Werbeagenturen oder andere KulturkapitalistInnen irgendeinen Cent abwirft und stattdessen viel lieber politische Aktionen und Initiativen unterstützt.
Kein Geld, kein Ruhm für die Stadt Kiel durch die Meierei – das heißt in der Logik unserer Stadtväter und -mütter, dass wir keine Existenzberechtigung haben. Also fallen sie mit unerfüllbaren Forderungen über uns her, nerven und bedrohen uns, diskutieren, ob sie uns ganz wegmachen oder uns lieber in ein Kleinunternehmen verwandeln, dass doch ein wenig Geld für sie abwirft oder sich hier und da auch mal als Aushängeschild einer toleranten Stadt verwenden lässt.
Wie sie uns gern hätten, interessiert uns erst mal nicht wirklich. Wir wissen, was für eine Meierei wir haben wollen!
Auch wenn wir gerade keine andere Möglichkeit sehen, als uns auf die Forderungen und Drohungen der Stadt einzulassen, ist eins klar: Wir haben eine feste Grenze, von der wir nicht zurückweichen werden.
Diese Grenze liegt immer noch an dem Punkt, an dem die Existenz der Alten Meierei als eigenständiges, lebendiges, unkommerzielles und selbstverwaltetes Projekt gefährdet ist.
Wir waren in der letzten Zeit praktisch ununterbrochen mit diesem Stress beschäftigt. Die ständigen Treffen und Diskussionen über den richtigen Umgang mit der Stadt haben uns eine Menge Energie geraubt, die wir viel lieber dafür genutzt hätten, die Meierei noch viel mehr mit Leben zu füllen. Trotzdem denken wir, dass noch nie zuvor so viele Menschen hinter der Meierei gestanden haben wie in diesen letzten zwei Jahren. Demonstrationen, Aktionen und ein vielfältiges kulturelles Programm, das auch klar politisch Stellung bezog, haben die Meierei zu einem Ort gemacht, den irgendwelche sich wichtig fühlenden Politikerinnen nicht mal einfach wegbeschließen können.
Auch die derzeitige Situation des Konzertverbots hat eine schöne Seite – nämlich die breite Solidarität innerhalb der Kieler alternativen Kulturszene mit der Meierei. Zahlreiche Kieler Läden, die Hansastraße, die Räucherei, die Schaubude und die Pumpe, boten uns nach dem Veranstaltungsverbot an, unsere Konzerte unkompliziert in ihren Räumen durchzuführen. Auch das Neumünsteraner AJZ und die Rendsburger T-Stube stellten uns ihre Räume zur Verfügung. Vielleicht kann diese Solidarität auch ein Schritt sein, sich künftig stärker als bisher aufeinander zu beziehen und sich gemeinsam gegen die konsum- und massenorientierte Kulturpolitik der Stadt Kiel zu wehren, durch die nicht nur die Meierei sondern auch die Pumpe und die Hansastraße bedroht sind.
Am 08.10. haben wir mit zwei Bauwochen in der Meierei und einem grandiosen Konzert in der Pumpe mit über 700 BesucherInnen eine weitere kleine Offensive begonnen. Besonders erfreulich war eine spontane Demo vor dem Konzert, die aus Gaarden zur Pumpe spazierte, dabei auf über 100 Personen anwuchs und einen lauten Zwischenstopp vor Kiels neuestem Nazitreffpunkt „Ballmann 7“ am Exer einlegte, der glücklicherweise mittlerweile auch aufgrund antifaschistischem Engagements wieder aus dem Stadtbild verschwunden ist.
Auch am 12.10. kam es zu einem Exilkonzert mit den kanadischen AnarchistInnen von Jeunesse Apatride in der Hansastraße 48, begleitet von einem Protestspaziergang mit über 50 Personen. Ausverkauft war das verhinderte Meierei-Konzert am 15.10. mit Molotow Soda in Rendsburg in der überregional solidarischen T-Stube. Unvergessen bleibt mit Sicherheit auch der wieder mal großartige Auftritt von Obrint Pas aus Valencia am 22.11. in der Pumpe, die aus über 400 BesucherInnen eine wahre Tanzmasse zauberten.
Die Bauarbeiten stehen bis auf wenige Kleinigkeiten vor dem Abschluss. Es war schön zu sehen, wie viele Leute in den Bauwochen mit anpackten und vorbeischauten. Danke an euch!!
Wie es nach dem kompletten Abschluss der Bauarbeiten tatsächlich weiter geht, wissen wir nicht. Klar ist, dass die Stadt uns weiter nerven wird, umso mehr, je schwächer wir sind.
Eure Solidarität und euer Engagement sind die wichtigsten Aspekte im Kampf um den Erhalt der Meierei. Wir freuen uns weiterhin, wenn ihr auf unsere Konzerte kommt, unsere Demos unterstützt und im Stadtbild Sprühereien oder selbstgemachte Aufkleber auftauchen.
Und da die ganzen Bauarbeiten viel Geld kosten – mit der Heizungsanlage, die ja unter Umständen auch noch ansteht sind das mal locker 15.000 Euro – können wir auch Spenden gut gebrauchen. Ob ihr eure verstaubte Kultplatte für die Meierei bei ebay versteigert, ein Solikonzert organisiert, euch im Sophienhof mit einer Sammelbüchse hinstellt, im Subrosa mal ein paar Cent in die selbige schmeißt oder unsere neuen T-Shirts kauft und somit chic und solidarisch in den Winter zieht – jeder Euro hilft uns sehr.
Die Meierei lebt von den Menschen, die sie nutzen, sie besuchen, die deutlich machen, dass es sich unkonventionell und unkommerziell besser leben und auch feiern lässt. Wir hoffen, dass wir zügig wieder Veranstaltungen in der Meierei durchführen können. Das wird sich hoffentlich im Laufe des Restjahres klären.
Regierungen und Bürgermeister kommen und gehen – die Meierei lebt und bleibt!
Haltet Augen und Ohren nach kommenden Veranstaltungen und Actions offen und macht Alarm!
rebeltias musicales|Rebeltí@s Musicales und Anne Oan – Konzertgruppen aus der Alten Meierei, Okt.-Dez. 2005
Meierei-Spendenkonto:
Schmeling | Kto.Nr.: 28163244 | BLZ: 210 501 70 Sparkasse Kiel | Stichwort: Brandschutz