Offbeat aus der vollen Kanne

Hochkarätig besetztes internationales Ska-Punk-Festival in der Pumpe

Kiel – Einmal um die Ecke Richtung Pumpe, erreicht ein unglaublicher Lärmpegel das Ohr. Finden hier Konzerte jetzt bei offenem Fenster statt? Nein, da wird doch nur eine Punkrock-Kassette durch die Megaphonanlage gejagt.


Denn auch eine Kundgebung zur Lage der Alten Meierei steht heute Abend an, muss das Internationale Ska-Punk-Festival doch in die Pumpe als Veranstaltungsort wechseln, da die Stadt der Alten Meierei nach wie vor untersagt, Konzerte zu veranstalten. Die Alternative hält sich wacker, die Pumpe reagiert solidarisch, und ein wahrer Strom von begeisterten Konzertgängern findet heute Abend den Weg hierher.
Die Big Banders aus Hamburg – gern gesehener Gast an Ort und Stelle – liefern einen stimmigen Einstand, während es mit der Organisation ein wenig hapert und auch noch nach 22 Uhr Trauben vor den Toren auf ihren Einlass warten. Dafür ist das Angebot vom Feinsten. Die Big Banders mischen, getreu dem Motto des Abends, traditionellen Ska mit dem Geist der Endsiebziger-Punkrock-Bewegung. Von Anfang an macht die Band keine Gefangenen, stellt ihr neues Album vor und begeistert die Fans.
Im Anschluss dann Los Tres Puntos aus Frankreich. Hier kommt der Bläsersatz zwar geschlossen mit weißem Hemd auf die Bühne, doch auch im Fall dieser Combo herrscht trotz arrangierter Finesse eine gewisse Rotzigkeit, die durch Reggae-Einflüsse und Texte wahlweise auf Französisch oder Spanisch multikulturell präsentiert wird.

Boten wilden Ska mit Punk- und Reggaeeinflüssen: Los Tres Puntos aus Frankreich. Foto Bevis

Ska – wenn gut gespielt – hat diesen unwiderstehlichen Partyfaktor durch flotte Rhythmen, zackige Aufschlag-Gitarren und natürlich drückende Bläsersätze. Wem das nicht durch die Beine fährt, dem ist nicht mehr zu helfen. Glücklicherweise scheint das heute Abend auf niemanden im proppevollen Saal zuzutreffen. „Was ist denn hier: Nazimusik?“, wundert sich ein angetrunkener Herr älteren Semesters, als er die Schlange vor dem Eingang begutachtet und tritt damit wahrscheinlich in den Fettnapf des Jahrhunderts. Was der guten Stimmung keinen Abbruch tut. Für einen Euro kauft man sich ein Los und gewinnt bei der Tombola eine Niete für den Gürtel oder auch ein T-Shirt mit Schriftzug „Pommes Brutal“. Der Erlös dient – klar – dem Erhalt der Alten Meierei.
„Antirassistischer und antifaschistischer Combat-Ska-Punk“ – so kündigen sich Talco, die letzte Band des Abends, an. Die Italiener machen ihrem Ruf als superbem Live-Act alle Ehre und beschließen ohne große Überraschungen in Performance und Stil einen Abend, der aufzeigt, dass man linksgerichtete Alternative und ihre Anhänger durch ein Auftrittsverbot nicht lahm legen kann. Von der bemerkenswert überdurchschnittlichen Qualität der Veranstaltung – mit leichten Abzügen in de B-Note, was die Organisation angeht – mal ganz abgesehen.

von Carsten Purfürst / KN