Mysteriöse Umstände hatten mich bisher daran gehindert ein Konzert aus der Reihe “Meierei im Exil” zu besuchen. Aber heute war es endlich soweit! Ab ins Exil, was heute die Hansastr. 48 war, die an dieser Stelle schon mal für ihre Solidarität mit der Meierei gewürdigt werden soll. Schön, dass es möglich war/ist, dass geplante Konzis während der Zeit des Veranstaltungsverbotes an anderen Orten wie Hansastr., Pumpe und Schaubude stattfinden konnten und können.
Bei meiner Ankunft lungerten nur ein paar Gestalten vor den Toren herum, doch nach kurzer Zeit hörte man schon von weitem ein Getöse herannahen – es waren die „SpaziergängerInnen“, die sich vorher bei der Meierei getroffen hatten und gemeinsam zur Hansastr. gelatscht waren um auf die Verhältnisse aufmerksam zu machen. So bevölkerte bald ein bunter Haufen Leute den Innenhof der Hansastraße und man konnte hier und da etwas über den Verlauf der Baumaßnahmen erfahren. Mensch, ursprünglich wollte ich da doch auch täglich mithelfen, aber irgendwie hat es bis jetzt nicht hingehauen. Naja, Boller sagt, da hätten die Bauleute aber Glück gehabt, denn meine linken Hände hätten das Vorankommen eher behindert… Natürlich eine Frechheit, außerdem muss da doch auch mal ab und an einfach was zerkloppt werden, oder? Und das kann ja wohl jeder, sag ich mal vorsichtig. Na, jedenfalls ist man wohl gut vorangekommen, ein Geländer ist auch gebaut worden, ein Notausgang ist jetzt vorhanden, best. Bereiche wurden gefliest usw.
Da waren wir also derart intensiv am Schnacken, dass ein Teil der BesucherInnen gar nicht mitbekam, dass die Kieler Lost Dogs bereits begonnen hatten. Ärgerlich! Als ich mich entschloss, mal auf Verdacht reinzugucken, war der Gig der verlorenen Hunde bereits weit gediehen und ich bekam nur noch drei Songs mit. Daher mögen andere ergänzen, wie sie die LOST DOGS erlebt haben, auf jeden Fall spielten sie Skatestreetpunk und hatten dabei viel Spaß. Der kurze Einblick, den ich gewinnen konnte, war jedenfalls positiv, das erinnerte mich an frühe Gigs von Chaos Control, die anfänglich auch noch etwas rumpelig, aber mit viel Enthusiasmus reingekloppt haben (und mittlerweile natürlich abgebrühte alte Hasen sind, he he).
Aus Kanada stammen Jeunesse Apatride, die als nächste die Bretter erklommen. Auch hier stand Streetpunk auf dem Menü, angereichert mit einer Kelle Oi-Faktor. Einnehmend war gleich die melodische und dennoch aggressive Stimme der Sängerin, die wahrlich kein dünnes Stimmchen besaß. Unterstützt wurde sie gesanglich hier und da eigentlich von allen anderen Mitgliedern – jede/r bölkte mal ins Mikro, was besonders gut kam, wenn Sängerin und Bassistin im Duett Refrains schmetterten. Die Band zockte simple und gerade deswegen sehr tanzbare Punkrocksongs. Klar, dass sich das Publikum auch nicht lange bitten ließ. War übrigens mittlerweile gut gefüllt. Sehr interessant schienen die Texte zu sein. Man kündigte meist kurz an, wovon die einzelnen Songs handelten und offenbar war einiges an lyrischem Sprengstoff enthalten – etwa die Abholzung kanadischer Wälder zur Verwertung in den USA, die Situation arbeitsloser und obdachloser alleinerziehender Frauen in Montreal, „domestic violence“ also häusliche Gewalt, Lotto und Spielsucht als häufigste Ursache für Selbstmordversuche und generell antifaschistische Positionen. Verbunden aber – so zumindest mein Eindruck – mit einer stets optimistischen Grundhaltung, dass man den Kopp nicht in den Sand stecken braucht, sondern immer Hoffnung besteht, die Dinge ändern zu können. Die Sprachbarriere war kein Problem, es wurde halt so gut es ging Englisch gesprochen. Mit dem abgefeierten „On the Streets Of Montreal“ fand der Auftritt seinen Abschluss. Nach Hause ging trotzdem erst mal kaum jemand, denn der Mob war nun so in Wallung geraten, dass die allgemeine Feierlaune nicht so schnell zu bremsen war.
Weiter geht’s mit der Serie „Meieei im Exil“ übrigens am Sonnabend mit Molotow Soda und Totschick in Rendsburg (T-Stube).