Drei, zwei oder eins

Selbstverwaltete Kulturzentren in Kiel, Lübeck und Norderstedt sind in ihrer Existenz gefährdet.

von andreas blechschmidt


Law-and-Order-Politik ist ein natürlicher Feind selbstverwalteter Kulturzentren. Aber es gibt noch einen anderen, nicht minder gefährlichen. Sie sei ein »Opfer der Armseligkeit des konventionellen Denkens«, sagt Jan aus Kiel und meint die Alte Meierei, die nach einigen Querelen Verfügungen des städtischen Ordnungsamts erhalten hat, die vorschreiben, den Veranstaltungsbetrieb vorläufig einzustellen. Auch der Fortbestand des Sozialen Zentrums Norderstedt und der »Alternative« in Lübeck ist gefährdet. Der »Alternative« wurde zum 30. Juni der Nutzungsvertrag gekündigt, das Soziale Zentrum soll zum 31. August schließen.

In allen Fällen weisen die politisch Verantwortlichen in den Kommunen, die zumeist der CDU angehören, ideologische Gründe weit von sich. In Kiel geht es einem Bündnis von Grünen und CDU angeblich vor allem um den mangelnden Brandschutz bei Veranstaltungen. »Das Interesse der CDU-Fraktion ist, die Verhältnisse in einen rechtmäßigen Zustand umzuwandeln«, erklärt Stefan Kruber, der baupolitische Sprecher der CDU-Ratsfraktion, der Jungle World. Statt der im Mietvertrag genehmigten kleineren Veranstaltungen fänden auch Konzerte mit 500 Gästen statt. »Das ist für uns als Stadt nicht hinnehmbar«, sagt Kruber. Auch Regina Rosin, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen und Kooperationspartnerin der CDU, hält den Brandschutz in der Meierei für ungenügend. Sie stellt aber ausdrücklich fest: »Wir wollen als grüne Ratsfraktion den kulturellen Ort und die Möglichkeit eines Treffpunkts für politische Gruppen in der Alten Meierei erhalten wissen.«

Nach der aktuellen Unterlassungsverfügung des Kieler Ordnungsamtes mehren sich im Umfeld der Alten Meierei hingegen Zweifel, ob solche Bekundungen ernst zu nehmen sind. Trotzdem will man zunächst weiter verhandeln, wie nach kontroversen internen Diskussionen beschlossen wurde. »Ohne die Meierei gäbe es in Kiel keinen Ort mehr für selbst organisierte Kultur und Politik«, sagt Olaf vom Nutzerplenum. Sollte es zu einer Verschärfung des Konflikts kommen, werde man auf keinen Fall kampflos aufgeben. Eine Eskalation scheint das schwarz-grüne Bündnis derzeit nicht zu wollen. »In einer Universitätsstadt wie Kiel wird es eine Szene wie um die Alte Meierei herum immer geben. Diese Szene beenden zu wollen, wäre unsinnig«, sagt auch der CDU-Politiker Kruber. Zumindest an diesem Punkt scheint zwischen der Alten Meierei und den politisch Verantwortlichen in Kiel Einigkeit zu bestehen.

Im Sozialen Zentrum in Norderstedt ist zwar hinsichtlich des Brandschutzes alles in Ordnung. Dennoch soll es einer Großbaustellenzufahrt weichen. Der Nutzungsvertrag für das städtische Gebäude ist zum Ende des Monats August gekündigt, die NutzerInnen fordern ein angemessenen Ersatz. »Wenn wir keine Aussicht auf ein akzeptables Alternativobjekt haben, werden wir das Gebäude nicht freiwillig verlassen«, kündigt eine Sprecherin an.

Vorläufige Entwarnung konnten die NutzerInnen der »Alternative« in Lübeck Ende voriger Woche geben. Nachdem der Nutzungsvertrag von der Stadt gekündigt worden war, kam es zu zahlreichen Demonstrationen und Protestaktionen. Die CDU-Fraktion in der Lübecker Bürgerschaft hatte eine Beschlussvorlage ihres Parteikollegen, des Wirtschaftssenators Wolfgang Halbedel, abgelehnt, der sich eine Verlängerung des Mietvertrages für sieben Jahre vorstellen konnte. Seine Fraktion wollte nur einem zwar unbefristeten, jedoch jederzeit kündbaren Vertrag mit zwölfmonatiger Kündigungsfrist zustimmen. Doch diese Vorstellung ließ sich letztlich nicht durchsetzen. Der Vertrag wurde umvier Jahre verlängert – und das konventionelle Denken in seine Schranken verwiesen.