Mann, wie kann man eigentlich den Tag so verpennen? Ich denk doch glatt, es kann erst so 17:00 Uhr sein, fühle mich auch durch den wiederholten Blick auf die Uhr bestätigt, bis ich merke, dass es irgendwie nicht stundenlang 17:00 Uhr sein kann! Peinlich – als ich raffe, dass meine Uhr stehen geblieben ist, isses tatsächlich schon weit nach 21.00 Uhr! Darf nich wahr sein, also schnell die Krücken geschnappt und ab zur Meierei! Das heutige Motto: ALMOST COLOSSUS….
Draußen stehen gerade mal DREI Figuren und ich wundere mich schon, ob ich mich nicht vllt auch noch im DATUM geirrt habe, aber kaum schlage ich den Vorhang zu den Katakomben beiseite, beschlagen meine Kontaktlinsen vor Hitze und mein Riechorgan stellt glatt den Dienst ein – ca. 400 ungewaschene Rocksäue sondern halt ein gewisses Odeur ab…
Die The Creetins|Creetins lassen sich Zeit, obwohl gemäß gültiger physikalischer Gesetze höchstens noch 30 Nasen in die Meierei passen könnten und entern erst um 22.30 Uhr die Bühne. Noch wenige Minuten später und sie wären geteert und gefedert worden… Ich stehe zunächst etwas ungünstig direkt neben dem linken P.A.-Turm. Ungünstig deshalb, weil aus der PA schlicht gar keine Gitarre kommt. Doch direkt vor der Bühne lässt es sich aushalten und dat Schaffen der The Creetins|Creetins entfaltet seine ganze Pracht. Einfach MÄCHTIG, was die drei da an flotten und melodiösen Punkrockhits rausknallen! Drummer Matze gibt alles, knüppelt, singt und redet Scheiße in den Pausen. Neben altbewährten Smashern wie „Hot Breeze“, „One Last Fix“, „Bleed For Speed“ oder „Stay On Target“ überzeugen auch neue Biester, die insgesamt auf den ersten Hör etwas ausgefeilter im gesanglichen Bereich erscheinen, im positiven Sinne poppiger wirken.
Irgendwann Smoke Blow, Letten und MC Straßenköter entern in Hemden und Schlipsen die Bühne. Going down in style… Letten trägt zudem extrem hässliche schwarze Lederhandschuhe und ist doch tatsächlich geschminkt – sieht in etwa so aus, als hätten Ace Frehley und ein Schmink-Koffer ungeschützten Sex gehabt und einen Bastard gezeugt (obwohl Letten später schwört, er habe sich am ADDICTS-Sänger orientiert). Die ersten 45 Minuten sind musikalisch die reinste Vollbedienung – Smoke Blow verteilen eine akustische Ohrfeige nach der anderen und mischen den Mob RICHTIG auf, der zu „Satan’s Higway“, „Sick Kid ’85“, „Dancing With The Dead“, „Circle Of Fear“, „Alligator Rodeo“ oder „Skoolyard Fool“ (schön, wie die ursprünglich weiblich gesungenen Parts hier von MC Straßenköter und Letten per Kopfstimme übernommen werden) amtlich am Rad dreht. Dazwischen diverse neue Songs wie „Dark Angel“ und hastenichgesehen, die insgesamt SEHR melodisch, ohrwurmig und weniger wild erscheinen, aber abwarten, was das fertige Scheibchen zu bieten hat. Nach diesen 45 Minuten geschieht etwas, was auf SMOKE BLOW-Gigs selten bis nie passiert: Die Spannungskurve sinkt extrem nach unten, die Band hat aufgrund aktueller Studio-Aktivitäten nicht mehr Songs in flutschiger Form parat und verfällt in minutenlange Pausen, in denen gejammt und Scheiße gelabert wird. Nicht wenige Leute kommen damit gar nicht klar und vor der Bühne lichtet sich der Mob etwas. Ich mag ja lange Pausen, wenn sie mit knackigen Ansagen oder originellen Zockereien überbrückt werden – J.R.. zockt z.B. die Drei-Fragezeichen-Erkennungsmelodie, Letten faselt vom Pferd. Soweit geil, kritisieren will ich hier allerdings seine bemühten Attacken auf die „autonome Szene“. Nicht, dass jede linksradikale Parole automatisch übernommen werden sollte, aber wenn man sich als Band für den Weg des reinen Entertainments entscheidet (was m.E. VÖLLIG okay ist, gerade wenn dabei solche Abgehdinger wie bei SB rauskommen), sollte man nicht unbedingt auf Leuten rumhacken, die politisch aktiv sind. Das nervt mich überhaupt seit geraumer Zeit (und ich beziehe mich jetzt nicht auf Smoke Blow), dass unzählige Punkbands auf jegliche Handlung politischer Aktivisten mit dem Schlagwort „PC-Polizisten“ o.ä. reagieren – ohne etwas Konstruktives dagegen zu setzen. Ich meine, WER außer der extremeren Linken hat z..B. jetzt etwas gegen den Nazi-Aufmarsch am 29.01. organisiert? Kein Arsch! Also Ball flach halten und mal selber wat Konstruktives auffe Kette kriegen! Und das beginnt hier: Es ist SMOKE BLOW vielleicht nicht bewusst, aber wenn Letten etwas von „Oberkörperfrei-verboten-Shirts“ oder „die Autonomen sind Pro-USA“ faselt, dann GLAUBEN das diverse Nasen! Ich muss das noch heute am eigenen Leib spüren, blubbert mich doch ein totaler VOLLIDIOT danach zu, wie schlimm diese PC-Faschisten seien, die einem alles verbieten würden. Dieses Wort! PC-Faschisten, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Da regt sich so ein Typ auf, der sich sonst offenbar über NICHTS Gedanken macht (außer wie er das nächste Bier organisiert bekommt) und zwar darüber, dass Leute Ideen und Gedanken entwickeln, wie man Sachen, die beschissen laufen, verbessern könnte. Aber nein, bevor ich zwischen einer Amerika-kritischen Haltung und einer Gleichsetzung der US-Politik mit dem Dritten Reich („USA-SS“) differenziere (nur mal ein Beispiel), hau ich mir doch lieber den nächsten Humpen rein und echauffiere mich über die fiesen Autonomen. Get off your Stammtisch, baby… Naja, ich will das auch nicht zu hoch hängen jetzt, hatte meinerseits an dem chaotischen Ende des SMOKE BLOW-Gigs einen großen Spaß und erfreute mich diverser unvergesslicher Szenen aus der ersten Reihe, denn als Mann auf Krücken sucht man sich am besten einen Platz im Auge des Sturms, respektive auf der Bühne selbst. Interessant jedenfalls danach diverse Kommentare aufzuschnappen, reichten diese doch von völliger Begeisterung („totale Abfahrt“) bis hin zu regelrechtem Abscheu („Band, die nichts zu sagen hat, ich hätte kotzen können“). Sicherlich auch eine Leistung, das Publikum derart zu polarisieren! Die Party danach dauert an bis ungefähr JETZT!