Nasum in Kiel – da hatten sich viele Freaks schon lange drauf gefreut und heute war es endlich soweit! Manche sagten, dass sie noch mehr Leute erwartet hätten, aber für einen Montagabend war es doch recht amtlich besucht (ca. 200 Leute?) und auch angenehm genug gefüllt, dass sich eine gute Atmo entspinnen konnte.
Die beiden Vorbands kannte wirklich KEINER, da aber im Allgemeinen davon ausgegangen wurde, dass die sicher mit Nasum touren würden, erwarteten nicht wenige ein Grind/Crust/HC-Brett. Doch weit gefehlt! Eigentlich handelte es sich um zwei Konzis, die man zusammengelegt hatte und die beiden Amibands hatte derselbe Veranstalter gebucht, der auch für Phantom Limbs neulich verantwortlich war. Hektischer Psycho-Noise stand auf dem Programm…
Da klappten dann doch zahlreiche Unterkiefer runter, als Akimbo aus Seattle loslegten. Die Menge wurde vom ersten Ton an polarisiert, der einen Hälfte stand ein fiebriges Glitzern in den Augen, der anderen schien plötzlich das Bier schal geworden zu sein. Während der Gitarrist nahezu bewegungslos auf allen verfügbaren Tönen rumfrickelte, gab es bei Bassist und Drummer kein Halten mehr – die zuckten rum, als würden sie gerade in ’ne Steckdose langen. Der Schlagzeuger war ein Anblick für sich, wie er mit ganzer Körperkraft reindrosch, dabei aber sehr filigran spielte und zahlreiche Schweinereien in die Songs einbaute. Dazu gabs fieses Gekreisch vom Bassisten, was sich doch recht stimmbandfeindlich anhörte. Ich fand’s geil, auch wenn ich mir die nicht unbedingt zu Hause anhören müsste.
Noch abgedrehter dann aber Snack Truck aus Philadelphia! Die waren ein Duo, machten aber Krach für ein ganzes Orchester… Der Klampfer hatte mehrere Effektgeräte am Start mittels derer er irre Sounds erzeugte, so dass die Gitarre eher nach ’ner Orgel klang, auf der gerade ein geisteskranker Priester zum letzten Abendmahl aufspielt. Der Schlagzeuger stand dieser Darbietung aber in nichts nach und rödelte so dermaßen verschleppte Beats runter, dass jegliche Anflüge musikalischer Konformität im Keim erstickt wurden – gerade so wie eine Planierraupe den letzten sich auf bäumenden Grashalm zuzementiert. Der Gitarrist musste seinen Kollegen von Akimbo ja irgendwie toppen und dachte sich schelmisch. „Ich rotz nicht nur die Reste meiner Stimmbänder in die Luft, sondern häng das Mikro so tief, dass mein Rücken auch noch ruiniert wird!“. Aber für zwei Songs konnte der Kerl sich dann doch mal gerade machen, denn da kam ein Gastsänger auf die Bühne (laut Bolle von DESTROYER?), der noch mal alles in Grund und Boden kreischte. Die Meinungen waren wie erwartet extrem gespalten, sicher auch eine Bestätigung für die Band(s), denn massenkompatibel wollen die 100%ig NICHT sein…
Hach ja, der Abend war für mich bereits jetzt absolut gelungen und dann gab es auch noch Nasum auf den Kopp. Keine Kritik zu finden! Ich kann mich den Worten Fabs über den Hamburger Gig anschließen, „dreckig, laut, keifend, schnell, sehr schnell!!!“. Der Basser kam mir gleich seltsam bekannt vor und als er dann lossabberte und ihm die Rotzfäden bis zum Bauch hingen, wurde mir klar – das ist der Rotzer von VICTIMS! Die klanglichen Verhältnisse waren optimal, was sich gerade bei den (wenigen) Midtempoparts absolut Schädel spaltend auswirkte. Einzelne Songs hervorzuheben fällt mir im Nachhinein schwer, der Übersmasher „Inhale/Exhale“ ist natürlich zu nennen, ansonsten verfloss der Gig zu einem klangcollagenhaften Gesamterlebnis, das in Sachen Heftigkeit und Brachialität in den letzten 20 Jahren Meierei-Konzis seinesgleichen suchte. Mit fast einer Stunde Spielzeit waren Nasum auch deutlich über der Durchschnittszockzeit sonstiger Grindbands, so dass wohl auch die Nörgler befriedigt gewesen sein dürften, die mit den ersten beiden Bands absolut nichts anfangen konnten. Überprüft hab ich das aber nicht mehr, denn nach Abklingen des finalen Tones schwang ich mich auch schon auf meinen Sattel, lagen doch nur noch wenige Stunden Schlaf vor mir.