Fabulous Disaster in der Alten Meierei
Als „süße Harmonien, die sich locker in rissigen Netzstrumpf-Strukturen auflösen“, beschreibt die Website von Fabulous Disaster den charakteristischen Sound der Frauen-Punkband. Die vier „Riot Grrrls“ starteten 1998 in San Francisco durch und gewitterten jetzt in Kiel.
Frontfrau Lynda Mess macht am Mikro Dampf. Foto Bevis
Die Wolken haben sich verzogen, eine drückende Schwüle ist geblieben. Letzte dicke Tropfen klatschen auf den Asphalt auf dem Weg zur Alten Meierei, wo sich die kalifornische Frauen-Punkrock-Kapelle Fabulous Disaster die Ehre gibt. Trotz des unverschämten Wetters hat sich die illustre Fan-Gemeinde des Genres eingefunden, Fabulous Disaster haben schließlich einen Namen.
Doch zunächst brechen Scoundrel los, in einer Lautstärke, die selbst Motörheads Lemmy nach einer Packung Ohropax verlangen lassen würde. Ein sägendes Inferno aus Rückkoppelungen und hackendem Schlagzeug, aufgelockert mit Ska-Einschlägen wie im programmatischen Fighting Class, in dem die im Punk Rock doch nie vergessenen sozialkritischen Parolen einmal mehr ihren Ausdruck finden. Rein optisch erkennt man in der Band unterschiedlichste Sparten, vom Tedtollen-Bassisten mit der „Turbojugend“-Jacke über den netten Jungen von Nebenan bis zum Shouter mit waschechtem „Exploited“-Irokesenkamm. „Fast Punk Rock with a kiss of melody“ bezeichnet die blutjunge Band schon fast lyrisch ihren Stil.
Noch klappert es im Getriebe, klingt die Mini-CD vom Sound her nicht wirklich wie das, was dieser Fünfer live produziert. Doch die Saat ist gesät, wie die Ravensburger in der Meierei eindeutig beweisen. Noch ein Jahr im Proberaum und Scoundrel sind ein ernstzunehmender Anwärter auf den hiesigen Punkrock-Thron.
Dann kommen Fabulous Disaster. Mochte man der Bassistin im ersten Eindruck noch das Attribut „ganz süß“ zuordnen, ändert sich dies schlagartig mit dem ersten Akkord. Wurden für den Soundcheck noch AC/DCs Back in Black und Hells Bells missbraucht, toben nun vier Furien über die Bühne, musikalisch irgendwo zwischen den Buzzcocks und Ramones und geben dem vorangegangen Gewitter in den Straßen ihre Antwort.
Haarmähne, schrille Bezopfung, Krach und eine Menge Spaß – das Konzept der Gruppe geht auf, auch wenn es den einen oder anderen aufgrund anhaltender Dezibelbohrung durch die Tore hinaus ins Freie treibt. Pausen zwischen den Songs sind nicht angesagt und auch sonst machen Fabulous Disaster keine Gefangenen. Ihr Sound ist kompakt, das Zusammenspiel tight, was vor allem an der Schlagzeugerin liegt. Im Rausch von satt gesetzten Breaks, drei Akkorden und dem Quentchen Raffinesse wirbeln sie durch ihren Gig. Ein gelungenes Konzert, das den Weg durch das vorherbstliche Kiel auf jeden Fall gelohnt hat.
Von Carsten Purfürst