UK Subs brachten die Alte Meierei zum Brodeln
1977 ging’s los, in einem Wohnzimmer in Clapham Common, einem Londoner Vorort. Seither rocken die vier UK Subs, was das Zeug hält, auf 20 Alben und in ungezählten Live-Auftritten. Wie gerade in der Alten Meierei.
Gut gebrüllt: Wenn er nicht von seinen Enkeln spricht,
lässt Subs-Frontmann Charlie Harper (re.) auch mal
das Publikum ans Mikro. Foto bev
Gerade hatte das junge Punkrock-Quartett aus Schleswig-Holstein mit dem sprechenden Namen Chaos Control seinen recht gelungenen und von den Zuhörern in der proppevollen Alten Meierei durchaus honorierten Auftritt hinter sich gebracht.
Da drängelt sich schon jene markante Gestalt, die in Optik und Ausstrahlung zwischen wild gewordenem Monchichi und explodiertem Sofa schillert, durch die brodelnde Menge Button-behängten Leders und räumt erst einmal die leeren Bierflaschen vom Bühnenrand: Charlie Harper, Sänger des 1977 gegründeten Punkmonuments UK Subs. Mit seinen 60 Jahren ist er nicht leiser geworden, aber wohl doch eine wenig weiser. Denn so, wie die Fans dann beim infernalischen Drei-Akkord-Donnerwetter, das er gleich vom Zaun brechen sollte, mitgingen, zeigte die Austrocknung dieser Gefahrenquelle doch Weitsicht und Erfahrung.
Und dann ging’s los. Nach einer bewegten Bandhistorie spielten die UK Subs sehr zur Freude der Kenner und Fans seit 1996 beinahe wieder in der Originalbesetzung. Vom ersten Schlag an, den der junge brillante Drummer Jason Willer in die Felle drosch, legte sich Gitarrist Nikki Garrat gewohnt gewaltig ins Zeug und beanspruchte dafür einen nicht unerheblichen Aktionsradios. Da standen Monitore oder Verstärker schon mal im Weg rum und fingen bei einigen Turneinlagen des Musikers bedrohlich an zu wackeln. Erstaunlich, dass Garrats Spiel trotz der Toberei nie schlampig wirkte. Sondern druckvoll, rotzig und bei dem, was es sein will, präzise. Ebenso Bassist Alvin Gibbs. Seine kontrollierte Kunst brachte ihn für einige Zeit gar in die Iggy Pop Band.
Im Mittelpunkt allerdings steht Charlie Harper. Der rockt sich mit schier unglaublicher Energie durch die Setlist aus Genreklassikern wie Left for Dead, Crash Course, Quintessentials oder Road Runner. Und trotz der ausgestellten Punk-Attitüde schimmert immer etwas Grundsympathisches mit, wenn er ins Mikro brüllt. Der Typ ist wirklich eine außergewöhnliche Erscheinung.
Zugegeben. Die Stücke der UK Subs sind einfach gestrickt und nicht ohne weiteres voneinander zu unterscheiden. Doch großartige Songstrukturen und kompositorischer Schnickschnack waren noch nie Sache des Punkrock. Und so riss der Auftritt der Hardcore-Dinosaurier durch erdigen, manchmal überraschend bluesigen, immer aber energetischen Sound mit. Kein Funpunk – und gerade deshalb machte er Spaß.
Die charmanteste Szene trug sich dann allerdings mitten in der Hitze des Gefechts zu. Zwischen zwei Songs und über die Anlage zig-fach verstärkt, unterhielten sich ein nicht mehr ganz taufrischer Fan und Charlie Harper, wer von beiden wohl die älteren Enkelkinder habe.
Von Thomas Richter