Alcohol Fino – Energiegeladener Clou ohne Füllmaterial

Die Mestizo-Formation Alcohol Fino hinterließ in der Alten Meierei einen erstklassigen Eindruck
Von Manuel Weber

Zwischen Außen- und Innenraum hat sich jene frühsommerliche Klimabarriere aufgebaut, die immer dann besonders gefährdet ist, als Metapher herzuhalten, wenn eine südeuropäische Band im unumstößlich nordischen Kiel Station macht und diese fast schon klischeehafte Leichtigkeit der Rhythmik mitbringt, die aufhorchen und sagen lässt: Aha, südeuropäische Fröhlichkeit!

Infizierten das wogende Menschenmeer vom
exaltierten Hüpfer bis zum stillen Genießer:
Alcohol Fino aus Barcelona Foto: Peter


Am Sonnabend in der Alten Meierei sind es Alcohol Fino, die virtuos und gut gelaunt für Hitzewallungen im prall gefüllten Saal sorgen. Der Band aus Barcelona mit internationaler Besetzung dürften die sozialen und politischen Probleme des Landes gegen die Schläfen drücken, für die Zuhörer ist es, gewolltermaßen, nicht viel mehr als ein beschwingtes Tanzvergnügen.
So wie sich nach der Invasion Fernando Cortes’ in Mexiko erstmals spanisches mit indigenem Blut vermischte, so befruchten sich auch im Mestizo der Musik die unterschiedlichsten Informationen und Traditionen. Salsa, Reggae, Funk, viel HipHop und Funk und ein großes Maß Latin-Ska umfassen bei Alcohol Fino die Einzelbestandteile der Mischbatterie, deren Output, bei allem Ernst, in allererster Linie Spaß macht. Dass sich Alcohol Fino in ihren politischen Statements gegen Ausbeutung, Fremdenfeindlichkeit und soziale Ungerechtigkeit auch der Zustimmung derer gewahr sein können, für die Spanisch böhmische Dörfer sind, ist doch klar. Wer sagt schon ja zu solchen Missständen. Und für den puren Spaß an der Musik muss sich auch niemand schämen, schließlich wird im heimischen Barcelona zu politisch aufgewerteter Musik auch in erster Linie Party gemacht. Das wogende Menschenmeer vom exaltierten Hüpfer bis zum stillen Genießer mit zaghaftem Hüftschwung präsentiert sich Alcohol Fino dann sicher auch als ein gewohntes Bild. Tanzbar ist eigentlich alles und technisch einwandfrei gespielt sowieso. Auch soundtechnisch hat die Meierei den Musikerauflauf wieder gut gemeistert. Allerdings hätten bei zwei Gitarren die Soloausflüge Leandro Lopez Costas beziehungsweise Miguel Ramóns deutlicher abgemischt sein können. Im Gesamtkontext aber kaum mehr als eine Randbemerkung.
Es wird gerappt, natürlich, aber auch die ausgemacht traditionellen Gesangslinien sorgen für Abwechslung in einem organischen Musikfluss, der nicht einmal im schwächsten Moment in seine Einzelteile zu zerfallen droht. Besonders stark sind Alcohol Fino aber, wenn der Latin-Ska die Oberhand gewinnt. Aber auch immer dann, wenn das Tempo etwas herausgenommen wird und Lisandro Montes seine charismatische, warme Stimme singend über die Arrangements legen kann. Lisandro Montes ist in beiden Stilarten der Textvermittlung erstklassig und das tut dem Gesamteindruck der Band ausgesprochen gut. Ein Energie geladenes Konzert ohne Füllmaterial; mit der Engagierung von Bands der Mestizo-Szene ist der Alten Meierei ein echter Clou gelungen.