Im Kieler Stadtteil Gaarden hat die NPD anlässliche der Europawahl am Samstag morgen einen Infostand durchgeführt. Es kam zu teilweise heftigen Protesten.
Polizei sichert den Nazis nach Protesten eine „gute Heimreise“
Im Kieler Stadtteil Gaarden hat die NPD anlässliche der Europawahl am Samstag morgen einen Infostand durchgeführt. Von den anwesenden 8-10 Nazis waren mir einzig Peter von der Born und Jens Lüdtke, der als Redner auftrat, bekannt. Die Truppe war sonst überwiegend von jungen Nazi-Skins dominiert.
Gaarden ist mit einem sehr hohen Anteil von aus dem Ausland stammenden Menschen eigentlich ein denkbar schlechter Standort für so eine Nazi-Aktion. Zentral vor einem gut frequentierten Sky-Markt und ganz in Sichtweite des Vinetaplatzes und dem dort stattfindenden Wochenmarkt platziert, blieb die Nazi-Provokation nicht lange unentdeckt. Im Laufe des Morgens sammelten sich neben Antifas aus der Nachbarschaft auch sehr viele aus dem Ausland stammende Anwohner. So wurde der Stand von allen Seiten von Demonstranten und Schaulustigen umstellt. Zeitweilig wohl über 200 Personen. Die mit etwa 30 Beamten anwesende Polizei verhinderte durch einen kleinen Kessel, dass jemand dem Nazi-Pulk zu nahe kam. Aber auch ein Durchkommen von möglichen Interessenten zu dem Stand wäre nur mit Hilfe der Polizei möglich gewesen.
Die sporadisch vorgetragenen Reden Jens Lüdtkes gingen in Pfiffen und „Nazis raus“-rufen komplett unter. Immer wieder ging ein Regen aus faulem Gemüse und Eiern auf die Köpfe der Nazis nieder, darunter einige Volltreffer, die von den Demonstranten freudig bejubelt wurden. Nachdem es lange Zeit verhältnismäßig ruhig geblieben war, schien die Szene für die Bullen kurzzeitig aus dem Ruder zu laufen: Abgelenkt durch eine etwas abseits stattfindende Aktion, klaffte in der Kette um die Nazis plötzlich über mehrere Meter eine Lücke. Sofort rückten Demonstranten näher und es kam zu einem kurzen Gerangel mit den Bullen.
In Folge wurde das Klima für die Nazis rauer: es flogen immer mehr Eier, und die Bullen, die mittlerweile in voller Montur und Helm bereit standen, rieten den Nazis vermutlich zum Rückzug. Hastig packten die Nazis ihre Fähnchen und ihren Sonnenschirm ein. Sie mussten allerdings noch einige Zeit warten, bis der Fahrservice durch die Bullen organisiert war. Verloren stand die Truppe zwichen den Demonstranten und versuchte sich durch ihre Pappschildchen gegen Wurfgeschossen zu sichern.
Während des Abtransports der Nazis in zwei Six-Packs kam es noch einmal zu Auseinandersetzungen. Die Bullen setzten Schlagstöcke und Pfefferspray gegen die Demonstranten ein. Die Situation entspannte sich
auch nach der Abfahrt der Nazis unter Blaulicht nur langsam. Diese diffuse Situation nutzen die Bullen, um gezielt Personen heraus zu greifen. Nach jeweils kurzer Verfolgung wurden zwei Genossen festgenommen. Ein Polizist wurde wohl während einer der Festnahmen von zur Hilfe eilenden Demonstranten Verletzt. Über ernsthafte Verletzungen von Demonstranten ist mir nichts bekannt, ebenso wenig über den Status der Verhafteten. Im Anschluss wurde noch eine mit etwa 50-70 Leuten besuchte Spontan-Demo durchs Viertel durchgeführt.
Alles in allem war diese zwar vollkommen unkoordiniert verlaufende Aktion erfolgreich. Die Eigendynamik der bunten Gruppe der Demonstranten machte die Situation für Bullen und Nazis mehr als unübersichtlich.
Trotz des betont überheblichen Lächelns Lüdtkes, der solche Situationen gewohnt ist, war gerade den jungen Nazis das Unbehagen ins Gesicht geschrieben. Abhalten lassen werden sie sich aber wohl auch in Zukunft nicht von solchen Märtyrer-Aktionen …