Lange Zeit stand es schlecht um den Fortbestand der Alten Meierei. Unter anderem aufgrund unzureichender Schalldämmung drohte die Stadt mit Repressionen, die Bewohner reagierten, ergriffen Lärmschutzmaßnahmen. „Meierei bleibt“ war 2004 das Schlagwort auf zahlreichen Demonstrationen. Und dass sie bleibt, kann geradewegs zu einem Segen werden, wie der heutige Abend beweist. Drei Bands haben sich angesagt.
No Cash sind eine hippelige US-Combo mit Schülercharme, die weiß, dass sie hier mit ihrem College-Punk auf offene Ohren trifft. Denn fast alle im brechend vollen Club sind gekommen, um eigentlich eine andere Band zu sehen, dies jedoch mit einer solchen Freude im Bauch, dass No Cash eine ordentliche Portion davon abbekommen. Sauerstoff ist knapp, die Luft kann man in dicke Scheiben schneiden, und als Frankie Stubbs neben dem Mischpult auftaucht, um dem Punk Rock-Lärm der Flensburger Mr. Burns zu lauschen, könnte der Moment kaum erhabener anmuten.
Frankie Stubbs ist Sänger und Gitarrist von Leatherface. Leatherface sind Legende. Die Band aus Sunderland/Nordengland beeinflusste wie kaum ein anderer Act Ende der 80er den Melodic Hardcore. Und als Leatherface dann ohne Umschweife gen Mitternacht leicht ergraut die Bühne erklimmen und ihrer Legende ein weiteres Denkmal setzen, steht man da – voll des Pulses aus großartigen Songs, Riffs, Beats. Und kann es eigentlich nicht fassen. Mitte der 90er löste sich die Band für einige Jahre auf, doch dann die Split-LP mit den Kollegen von Hot Water Music, nun sogar ein neues Album: Dog Disco. Und genießt man diese Packung aus Brillanz, durch die sich – frisch wie ehedem – Frankie Stubbs‘ Schotter-Organ kieselt, ist das schon sehr bewegend.
Mit Heart, dem vielleicht besten Song der Band, werden Träume Wirklichkeit, bei Andy hält es einen Fan nicht länger im Moshpit, er greift sich das Mikrofon, brüllt, den Tränen nahe, mit. Allen hier ist klar, dass Leatherface älter geworden sind – nicht zu übersehen, wenn auch zu überhören. Kraftvoll und dynamisch, allerdings ohne zweiten Gitarristen, spielt sich das Trio durch die Klassiker der späteren Alben, Frühwerke wie Cherry Knowle außen vor, weichen reiferem Songmaterial der Alben Minx und Mush. Ohne Ansagen und übertriebenen Gestus lassen es Leatherface krachen. Songs, die, im Singer/Songwriter-Gewand mit Akustikgitarre und langsamer gespielt, wohl mit die schönsten Songs der Welt wären – würden Leatherface ihnen nicht genau das Arrangement zuschneidern, was dieser Form der Musik letztendlich zu ihrer berührenden Aussagekraft verhilft. Dann noch eine Zugabe. Der schöne Augenblick ist vorüber. Von Carsten Purfürst