„Ohne euch wäre mein Tag heute komplett scheiße gewesen“

Ich muss zugeben, dass ich wohl nicht in die Meierei gegangen wär, wenn Kurhaus nicht mitgespielt hätten. Nicht, dass ich ein Desinteresse an neuen Bands habe, aber in letzter Zeit war schon verdammt viel los und irgendwann nervt so ein ständiges Schlafdefizit. Aber wenn Kurhaus zocken, bin ich dabei. Und immerhin waren Removal mit „Instrumental-Hardcore“ recht kryptischangekündigt worden. Da wurde die Neugier dann doch geweckt, zumal wirklich KEINER, mir dem ich sprach, jemals vorher etwas von der Band gehört hatte.

Gut gefüllt war die Meierei trotzdem, was vielleicht auch an den geilen und auffälligen Plakaten gelegen haben mag. Und an Kurhaus! Die zimmerten mal wieder ein schönes HC-Brett in die Meierei. Heute konzentrierten sie sich vor allem auf ihre neuesten Songs, da sie eh im Studio werkeln und daher das alte Zeug gar nicht proben konnten. Und diese neuen Dinger haben es in sich! Da scheint sich ein recht fetter qualitativer Schritt vollzogen zu haben. Auf „Refuse To Be Dead“, so der Titel des kommenden Longplayers, darf man gespannt sein! Gø ist offenbar gerade dabei, seinen Gesangsstil etwas zu variieren. Er sang meist etwas mehr als er schrie und das kam überraschend gut. Natürlich gab es immer noch Schrei-Parts, aber die kamen umso intensiver rüber. Gut haben mir auch wieder die Ansagen gefallen, z.B. als Gø davon sprach, wie wichtig den Kurhaus-Mitgliedern ihre Band sei und dass sie sich mit und in der Band einem ständigen Veränderungsprozess unterzogen sähen. Damit kann ich mich absolut identifizieren und ich weiß, dass Gø 100%ig meint, was er sagt, sich auch nicht damit begnügt zu schwafeln ohne Konsequenzen für sein eigenes Leben zu ziehen: „Viele Bands prangern in ihren Texten dieses und jenes an. Das ist gut und wichtig, aber wer dann nach dem Konzert nach Hause fährt und sich dort wie ein absolutes Arschloch benimmt, hat gar nichts begriffen“ (so oder ähnlich). Und höflich war der gute mal wieder, möchte fast sagen, charmant: „Ohne euch wäre mein Tag heute komplett scheiße gewesen“. Na, gern geschehen!

Dann kamen also die Kanadier Removal. Tatsächlich agierten sie rein instrumental, hatten nicht einmal Mikros für Ansagen dabei. Aber obwohl der Sound geradezu unverschämt gut war, berührte mich der Auftritt überhaupt nicht. Sicher war das gut gespielt, auch nicht zu frickelig, was man bei einer Instrumentalband vermuten könnte, aber ohne Gesang drang die Band irgendwie nicht zu mir durch. Das ging offenbar nicht nur mir so, denn die gespannte Anfangshaltung zerbröselte langsam, als von Song zu Song das Level gleich blieb und es setze eine Abwanderung von der Bühne zum Tresen ein. Um nicht völlig ohne Aussagen dazustehen, projizierten Removal einige Zitate an die Wand. Da war ein interessantes Statement eines gewissen Clive Bell (?), das in etwa aussagte, man solle einem Künstler nur das Nötigste gewähren, die Instrumente/Werkzeuge und etwas zu essen, auf keinen Fall aber Gagen oder gar Reichtum. Dann werde sich die Zahl der „Künstler“ reduzieren und NUR die, die ihre inneren Dämonen wirklich loswerden MÜSSTEN, blieben übrig. Ja, das hat was, es wären uns sicher mindestens einige Stars aus Op und Pop erspart geblieben… Na ja, ansonsten war’s wie gesagt eher langweilig. Als sich eine frühe Mitfahrgelegenheit bot, war ich dabei und ließ sogar das Ende des Gigs sausen. Wenn doch noch wat Sensationelles passiert ist, möchte ich doch um Kommentare bitten. Andere Sichtweisen wird es sicher auch gegeben haben, also Feuer frei.

Kommentar von Mischi:
Ja, erst mal vielen Dank für das Lob.
Das stimmt mich freudevoll.
Es tut gut, ehrlich gelobt zu werden und Gø hat mit seiner Ansage über die Band durchaus als Sprachrohr für jeden von uns fungiert.

Auf Removal waren wir alle gespannt und ich als Freund von instrumentaler Musik stand die ersten Songs mit einem von Ohr zu Ohr grinsenden Gesicht vorne und freute mich über diese Darbietung.
Nach einiger Zeit allerdings fehlte ein wenig Abwechslung, denn wenn man rein instrumentale Musik macht, sollte es, meiner Meinung nach, schon etwas interessant bleiben.
Dem war aber irgendwie nicht so. Die Songs ähnelten sich sehr. Es waren nicht so sehr Songs, die für sich selbst stehen und begeistern, sondern eher Songs, bei denen man das Gefühl hat, derjenige, der dazu singt, wäre heute einfach abwesend und die Band versucht es halt so.
Dazu kam, dass sie einfach nicht aufhören wollten, und es in Endeffekt 1,5 Stunden zu warten galt, ehe sie die Instrumente entgültig weglegten.
Nun ja, begabte Jungs sind sie, aber die einstimmige Meinung war nachher: halb so lang wäre genau richtig gewesen.
Trotzdem war der Abend für uns super.
Zur Erinnerungsauffrischung kann man sich gute Photos bei www.groupiepages.de ansehen.

Vielen Dank.
Michi

und von Gø
ich wollte dieses forum nboch mal nutzen um offenbar aufgekommene missverständnisse über die ansage vor „cut the pole“ etwas klarer zu stellen. also ich habe in etwa so etwas gesagt, dass die deutschen ein volk von rasisten und antisemiten seien und überhaupt zu 99% vollassis.
das ist natürlich stark verallgemeinert, aber ich hatte zwei tage zuvor auf der arbeit mal wieder so ein erlebnis, wo ein kollege, den ich für eigentlich ganz patent hielt, plötzlich was erzählte von „alle ausländer müssen raus!“. das hat mich derbe vor den kopf getroffen. der rassismus (und antisemitismus) ist in diesem land (und wohl auch an vielen anderen orten) wirklich weit verbreitet und nicht jeder rassist ist gleich ein nazi. der rassismus kommt aus der mitte der gesellschaft und da ich rassismus als zutiefst assozial ansehe, ist jeder rassist für mich ein assi!
vielleicht sind 99% wirklich übertrieben, aber die menschen, mit denen ich gerne mal ein malzbier schlürfen und mich auch nur irgendwie verbunden fühlen möchte, sind ganz klar in der minderheit!
in der hc/punk/linken szene ist das anders. da gibt es auch spacken, aber diese stellen die minderhiet. darum fühle ich mich an orten wie der meierei so wohl und darum fällt mir dort besonders auf, wie kalt es da draußen in deutschland ist.
ich hoffe, jetzt ist meine aussage etwas klarer, oder zumindest eindeutiger. kommentare gerne erwünscht!
ansonsten: danke für das lob, phillip und danke an alle die da waren. es war schön so viele nette bekannte gesichter zu sehen, aber auch neue nette gesichter kennengelernt zu haben. danke schön!

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