station to station schwer solidarisch mit Alter Meierei

Neben unserer Schallschutzanzeige hat das station in seiner Novemberausgabe auch diverse Texte zur Alten Meierei abgedruckt. Vielen Dank.

Über die Anstrengungen, die Kultur in unserer Landeshauptstadt zu reduzieren, haben wir mehrfach berichtet. Zur aktuellen Lage der Alten Meierei steht Genaueres in unserer Rubrik »Wat noch«. Und wir starten für Samstag, 1.11. dort gleich mit einem Konzert von Go.lem System aus Barcelona und dem Rotes Haus|Roten Haus aus Hamburg pünktlich um 18 Uhr – wegen des angeblichen Lärms. Genaueres über diese beiden Bands ist auf den Seiten 4 und 5 dieser Ausgabe zu lesen.

Präsentation
Go.lem System (Barcelona) / Rotes Haus (HH)

Alte Meierei, 1.11.

Für eine Tanz-Party mit Gänsehautgarantie sorgen am 1.11. ab 18 Uhr in der Alten Meierei Go.Lem System aus Barcelona. Die hauptsächlich aus Argentinien stammenden MusikerInnen mischen auf wunderbare Weise TripHop, Latin-Reggae und Dub. Der spannungsgeladene Sound wird vor allem durch die Verbindung mit elektronischen Hilfsmitteln unnachahmlich. So ist neben Gesang, Gitarre, Baß, Trompete, Trombon auch ein Computer an Bord, der sich für die treibenden TripHop-Einflüsse verantwortlich zeichnet. Darüberhinaus sorgt auch Sänger Aleko mithilfe eines Effektgerätes für zusätzliche Samples und Loops. Go.lem pflegen beste Kontakte zu Manu Chao, der auf der letzten CD »Viaje« von Go.Lem System als Gastmusiker mit von der Partie ist, und sich darüberhinaus für ein Remix eines Go.Lem System-Songs verantwortlich zeigt.

Rotes Haus aus Hamburg bemustert die große Poptapete weniger mit den eigenen unbewältigten Schmerzpartikeln, sondern nutzen Pop als leerstehende Fläche, bestens dafür geeignet, sich hier mit einer konkreten Position auszubreiten – per Wort und Musik, mit der Lust dorthin zu reden, wo sonst geschwiegen wird. Die Musik von Rotes Haus ist mehr als Kulisse. Das Sprachgemisch der Tracks ergibt sich aus den gesungenen Texten (deutsch, engl., franz.). Das musikalische Vokabular ist aus mehr als einer Straßenecke zusammengetragen: Breakbeats mit Gipsyswing, Gamestation-Geräusche mit Punkgitarren, eine Saz zu Housebeats. Rotes Haus engagieren sich über die ichbezogene Problembewältigung von MusikerInnen und Publikum hinaus, greifen mit offener Sprache an und beziehen Stellung. Mit einem rauhen Geflecht aus Samples, Folk, Rock, Ethno, Dub, Groove, Rap und Drum’n Bass haben sie musikalisch Beeindruckendes zu bieten.

Im Anschluß an das Konzert legen DJs von Go.Lem System und Rotes Haus im Café Scheiben auf.

Kiel live
Über die Anstrengungen, die Kultur in unserer Landeshauptstadt zu reduzieren, haben wir mehrfach berichtet. Zur aktuellen Lage der Alten Meierei steht Genaueres in unserer Rubrik »Wat noch«. Und wir starten für Samstag, 1.11. dort gleich mit einem Konzert von Go.lem System aus Barcelona und dem Roten Haus aus Hamburg pünktlich um 18 Uhr – wegen des angeblichen Lärms. Genaueres über diese beiden Bands ist auf den Seiten 4 und 5 dieser Ausgabe zu lesen.

Wat noch
Erklärung des NutzerInnenplenums der Alten Meierei

Alte Meierei bleibt! – unkommerziell und selbstbestimmt
Revolten sind gescheitert, sonst wären sie Revolutionen gewesen. Aber sie greifen geschichtsträchtig ein und hinterlassen Spuren. So ist die Kieler HausbesetzerInnenbewegung mit der polizeilichen Räumung der besetzten Häuser am Sophienblatt 1983 zwar als soziale Bewegung an ihr Ende gelangt, konnte aber der Kieler Stadtpolitik teilweise verrechtlichte Ausgleichsprojekte abtrotzen. 1983 wurde die Alte Meierei als Wohnprojekt mit großem öffentlichen Veranstaltungsraum bezogen. Bei ordentlichem Mietvertrag, der die kulturelle Nutzung ausdrücklich miteinschloss, tolerierte die Kieler Stadtverwaltung 20 Jahre die unkonventionellen Formen selbstverwalteter, nichtkommerzieller Organisierung von Konzerten, Partys und Theateraufführungen. Vieles spricht dafür, dass die Stadtverwaltung diesen status quo aufkündigen will. Dagegen werden wir uns wehren.

Für ein super Nachbarschaftsverhältnis!
Der Anlass der aktuellen Auseinandersetzungen um die Alte Meierei sind Beschwerden einiger NachbarInnen der Alten Meierei wegen aus der Veranstaltungshalle dringenden Lärms. Klar ist für uns, dass wir mit unseren Veranstaltungen nicht NachbarInnen ärgern, sondern auch mal rauschende Feste feiern wollen. Gerade vor dem entstandenen Konflikt hatten wir einige Anlaufschwierigkeiten in unserem Kontakt mit den NachbarInnen und es gab Versäumnisse unsererseits. Wir sind uns keineswegs zu schade, das an dieser Stelle öffentlich zu bedauern! Etwas zu spät luden wir schließlich zu einem Nachbarschaftstreffen in die Alte Meierei ein. Aus diesem Treffen zogen wir die bekannten Konsequenzen: zum einen haben wir mit dem Bau einer effektiven Schallisolierung begonnen. Zum anderen finden laute Veranstaltungen wie Konzerte bis zum Abschluss dieser Arbeiten bis höchsten Punkt 22 Uhr statt.

Unkonventionell lebt es sich besser!
Im Schatten der Konflikte mit den NachbarInnen um die Frage des Lärms traten Teile der Verwaltung auf den Plan. Mit den einfach gestrickten Vorstellungen warenförmiger gesellschaftlicher Organisierung erscheint beispielsweise dem Kieler Ordnungsdezernenten die Meierei als ein gaststättenähnlicher Betrieb, der sich zu einem professionell geführten Veranstaltungsort entwickelt hätte. Das ist doch zum Piepen! wenn es nicht gleichzeitig so bedrohlich wäre: Mittlerweile läuft ein Prüfverfahren wegen einer fehlenden Konzession, zwei mietrechtliche Abmahnungen sind ergangen und die Räume können jederzeit gekündigt werden. Mit solchen gewöhnlichen Vorstellungen lassen sich der soziale Inhalt und die ihm innewohnenden unkonventionellen Formen schlicht nicht begreifen. Die Meierei ist vieles: ein Großgruppen-Wohnprojekt, ein Ort mit Band-Proberäumen, ein Treffpunkt linker Szenen, ein öffentlicher Ort der sozialen Begegnung und kulturellen Teilhabe. Eine Vorstellung von der Meierei als professioneller Betrieb ist allerdings vorsichtig ausgedrückt Tüddelkram. Selbstbestimmung, Selbstorganisierung und Solidarität als Begriffe, die in dem heterogenen NutzerInnenkreis zirkulieren, machen am ehesten die geschichtliche Kontinuität der Alten Meierei als soziales und politisches Projekt aus. Real werden sie in der Art und Weise, in denen sich die NutzerInnen und BesucherInnen den Raum aktiv aneignen. Konkret heißt dies, dass Menschen frei sind, die Anstrengungen unbezahlter Arbeit auf sich zu nehmen beispielsweise ein Konzert zu veranstalten und das nicht als bürgerliches Ehrenamt begreifen, sondern als glücklich machende Tätigkeit. Unabhängig davon, was in dieser von Wünschen, anderen gesellschaftlichen Vorstellungen und Spaß motivierten Arbeit auch an Nervereien, Pleiten, Pech und Pannen dazugehört, erlaubt sie doch eine aktive Aneignung des eigenen Lebens.

Das Rathaus – ein gefährlicher Ort?
Allgemeingut wie Wasser, Bildung, Gesundheitsversorgung und Kultur wird privatisiert und Profitinteressen untergeordnet. Die Kieler Wohnungsbau Gesellschaft und die Stadtwerke wurden verkauft. Die Pumpe wurde über Mittelstreichung in die Teilprivatisierung gepresst und das städtische Krankenhauses wird in eine GmbH umgewandelt. Es ist nachdenkenswert, für was das Rathaus als lokalpolitische Entscheidungsinstanz in diesem Zusammenhang ein gefährlicher Ort ist, der Menschen, die nicht in dieses am Profit orientierte Bild passen, ausgrenzt und zum Verschwinden bringt: Pünktlich zum Beginn der Kieler Woche 2003 wurde der Sophienhof-Vorplatz mit dem ordnungspolitischen Konstrukt der gefährlichen Orte belegt, das die gesellschaftliche Frage von Armut und Reichtum zur polizeilichen werden ließ und die Vertreibung von Junkies formalisierte. Der kleine Kulturverein Musico e.V. musste einem als Prestigeobjekt geplanten, brachliegenden Bürobau an der Hörn weichen, die BewohnerInnen des Bauwagenplatzes Timmerberg wurden vertrieben und der Platz aufgelöst.

Runder Tisch mit Ecken und Kanten

(Der runde Tisch hat bei Redaktionsschluß noch nicht stattgefunden dies ist also der Stand davor.)

Inwieweit sich die Haltung der Verwaltung gegenüber der Alten Meierei in diese autoritär-neoliberale Politik einfügt, ist heute noch offen. Schließlich ist die Alte Meierei wegen ihrer traditionellen Distanz zu öffentlichen Geldern nicht über eine städtische Förderungspolitik erpressbar und es ist kein Großbauprojekt auf dem Gelände der Alten Meierei geplant. Die städtische Verwaltung ist frei, zu einer Politik der Duldung zurückzukehren und die Meierei als großstädtische, Nische` zu tolerieren. Die Alternative wäre Kündigungsgründe zu erzwingen, einen anschließenden Zustand der faktischen Besetzung herbeizuführen, langwierige Gerichtsverfahren, regelmäßige Straßenproteste der NutzerInnen und FreundInnen der Alten Meierei und das Spektakel der polizeilichen Räumung. Vieles wird sich am 24. Oktober zeigen. An diesem Tag findet im Rathaus ein Runder Tisch zur Meierei statt, an dem sich neben den AnwohnerInnen und uns auch Parteien und Verwaltung beteiligen werden. Wir sind skeptisch, ob der Runde Tisch der Ort für Lösungen gleich welcher Art ist. Erfahrungsgemäß dienen sie dazu, ein nicht vorhandenes Mitspracherecht in Entscheidungen, die woanders gefällt werden oder längst entschieden sind, vorzutäuschen. So aktualisierte der Leiter des Kieler Liegenschaftsamtes, Hans Mehrens, zwei Wochen vor dem Runden Tisch die Kündigungsdrohung, weil wir uns unser gewohntes Recht genommen haben, weiter Konzerte zu veranstalten, und behauptet sogar, es hätte die Absprache gegeben, dass wir ordnungsrechtliche Genehmigungen beantragen würden. Aber wir werden uns beim Runden Tisch dem eigentlichen Konfliktpunkt angemessen verhalten und versuchen, auch an diesem Ort zu einer Klärung mit den NachbarInnen zu kommen. Alles weitere läuft nicht mit uns. Klar ist für uns, dass wir die Wahl zwischen einer Professionalisierung und Kommerzialisierung oder im anderen Falle einer Kündigung und anschließender Räumung nicht akzeptieren. Genauso inakzeptabel ist der Kontroll- und Herrschaftsanspruch, aus dem diese Scheinalternative hervorgeht: Unsere Autonomie und den sozialen und politischen Inhalt der Alten Meierei werden wir öffentlich verteidigen!

Breite Solidarität
Gegen die Bestrebungen der Verwaltung und für eine politische Bestandsgarantie der Meierei regt sich mittlerweile auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen Protest. Am 21. Oktober wird das Kneipenkollektiv Sponti Hansa aus dem Kulturzentrum Hansastraße 48 die UnterzeichnerInnen einer Solidaritätserklärung für den Erhalt der Meierei der Presse übergeben. Wie zu erfahren war, haben sich in kurzer Zeit bereits eine Vielzahl von Kieler Veranstaltungsorten, KünstlerInnen, Bands, Betrieben und politischen Initiativen solidarisch erklärt. Die Solidaritätserklärung und die UnterzeichnerInnen werden in der nächsten Ausgabe des station veröffentlicht.

Auf rauhen Wegen zu den Sternen: Alte Meierei bleibt! Wir sind streitbar.

das NutzerInnenplenum

home Hornheimerweg 2, 24113 Kiel mail: politik@altemeierei.de , web: www.altemeierei.de
Spendenkonto Schmeling KtoNr.: 28163244 BLZ: 210 501 70 Sparkasse Kiel Stichwort: SCHALLSCHUTZ
Das aktuelle Flugblatt der Meierei liegt unter www.station.de/meierei.pdf