24.10.03 – Kiel, Meierei + City
Das war ein Demo/Konzert-Tag mit Höhen und Tiefen. Erstmal war für viele Meieristen die Unterschriftensammlung mit über 180 Namen ein echter Motivationsschub – Wahnsinn! Doch man muss leider sagen, dass die Demo am Freitag wirklich schwach besucht war (grobe Schätzung von mir: 250 Nasen). Nach Gründen zu suchen, scheint müßig. Ob es nun wegen des schlechten Wetters, anderen Demos in Hamburg und Flensburg oder ganz anderen Ursachen so ein Flop war, ist letztlich Spekulation. Aber trotzdem wurde der Kopp nicht in den Sand gesteckt, da musste halt lauter skandiert werden. Einen weiteren Dämpfer versuchten uns die Bullen zu verpassen, die mit geradezu lächerlich übertriebener Präsenz aufmarschierten und mit so allerlei Schikane aufwarteten. FUCK OFF! Den Spaß konnte man uns jedoch nicht nehmen und so will ich mal zurückblicken auf die Demo in der Stadt mit Gigs von Searching for Issues, den Overluders in der Stadt und später Kurhaus und noch ’ner Band in der Meierei sowie einer oberheftigen Party im Anschluss.
Relativ pünktlich traf man sich in der Stadt. Allerdings war der Asmus mit Fressständen übersät und trotz Bollers Vermutung, man versuche heute innovative Demo-Neuerungen einzuführen, hatte man die Sache auf den Holsten-Platz verlegt. Da stand dann auch der Kundgebungs-Wagen mit ’ner Anlage drauf. Es trafen sich die üblichen Verdächtigen, unter die sich allerdings noch ein kurdischer Block gemischt hatte, he he. Na, interessant zu sehen, dass auch Herr Öcalan solidarisch mit der Meierei ist… Nach diversen Ansprachen, die der Politik der Stadt ordentlich den verbalen Mittelfinger zeigten, schritt dann die erste Band zu Werke. Der ursprüngliche Plan hatte sich stark geändert, so dass von den angekündigten Bands lediglich Kurhaus spielten. Jetzt kamen erstmal Searching for Issues aus Neumünster. Hm, nicht ganz meine Baustelle, ich würd das mal vorsichtig zwischen But Alive und Turbostaat einordnen. Aber Respekt und Anerkennung gilt jeder Band, die für die Meierei spielt und bei Kacksound ohne Monitor auf so einem Wagen zu zocken ist für keine Band ein Zuckerschlecken. Den deutschen Gesang konnte man ganz gut verstehen und ich war erfreut zu hören, dass es unter anderen um Radfahren im Winter ging. Schön, dass sich mal jemand wirklich essentiellen Themen widmet.
Danach verursachte die Meldung Unmut, dass man es plötzlich nicht genehmige, den Demo-Wagen mit durch die Einkaufsstraßen fahren zu lassen. Ein klarer Versuch der Polizei die Effizienz der Kundgebungen zu mindern! Die Organisatoren versuchten den Wagen doch durchzuboxen, aber da ging nix und so blieb es lediglich bei einer sehr deutlichen Bekundung der Empörung gegen diese Schikane. Überhaupt konnte man langsam beobachten, dass die Zahl der Polizisten die der Demonstranten übertraf. Es wurden seitens der Polizei wohl auch im Vorfeld Äußerungen gemacht, dass man eine erhöht starke Präsenz plane, die selbst eine um ein Vielfaches größere Demo „kontrollieren“ könne. Mit Transpis und Sprüchen ging es dann also durch die Holstenstr., übern Rathausplatz (wo irgendjemand eine Leuchtkugel aufs Rathaus ballerte), nach einer weiteren Kundgebung auf dem Alten Markt zum Berliner Platz (oder umgekehrt – nagelt mich nu nich auf die exakte Reihenfolge fest). Tscha, wir waren zwar nicht viele, aber schrien ordentlich rum und ständig wurden Flugzettel an Passanten verteilt, so dass zumindest ein Stück Öffentlichkeit mehr erreicht wurde. „Jubel, Trubel, Heiterkeit – Meierei bis in die Ewigkeit“, „Nehmt ihr uns die Häuser ab, machen wir euch die City platt!“ und „No nation no border – fight law and order“ sowie natürlich immer wieder „MEIEREI BLEIBT“ waren so die Renner unter den Parolen.
Nächster Halt Berliner Platz: Der Demo-Wagen wurde nun hier geparkt und viele Neugierige reckten die Hälse, als eine Band auf die Bühne kletterte, die noch keiner kennen konnte: die Overluders! Jaha, nachdem nämlich eine Band nach der anderen weggebrochen war, hatten einige Punks einfach spontan ein Projekt gegründet. Und zwar am Abend vorher! An Gitarre und Gesang der olle Bocki, die anderen kannte man auch vom Sehen irgendwie (sorry, beschissenes Namensgedächtnis). Natürlich beschlossen die Bullen, jetzt mal wieder den Dicken machen zu müssen, weil diese Band ja gar nicht genehmigt sei oder ähnlich schwachsinniger Begründung. Doch nicht mit Bocki und Co.! „Das sehen wir ja gar nicht ein, weil wir uns extra für diesen Auftritt gegründet ham! Außerdem ist das auch gleichzeitig unser Abschiedskonzert, denn ich muss leider bekannt geben, dass wir uns heute noch AUFLÖSEN.“ Unter den etwas hilflosen Blicken der Polizei (die im Minutentakt Verstärkung bekam und sich nun mit Helmen und Schildern an den Rand stellte) wurde also der Gig durchgezogen. Und hey! – was die an einem Tag auf die Reihe gekriegt hatten, war schon cool. Covers von SCHLEIM-KEIM, TON, STEINE & SCHERBEN, KAPITULATION BONN u.a. sorgten für gute Laune. Zwar hörte ich die Gitarre so gut wie gar nicht, aber es schockte auch so. Zwischendurch konnte man natürlich auch neuesten Kieler Klatsch ergattern. So gibt es demnächst eine Umbesetzung bei einer beliebten Gaardener Band – sensationell, sach ich mal! Auf dem Weg zur Gablenzbrücke kamen doch tatsächlich NOCH MEHR Polizisten dazu, die in voller Montur in der Harmsstr. gewartet hatten.
Mit Moe von CHAOS CONTROL und ’nem weiteren Kollegen geriet ich wegen Bierholens und Wasserlassens kurzfristig in Verzug und als wir im Sauseschritt wieder aufholen wollten, wurden wir doch glatt Zeuge von einer Weghaftung! Ausgerechnet den Kollegen „Jerk“ (Name ist der Red. bekannt, he he, den Bullen aber auch, da er eh ID-misshandelt wurde) hatte man sich rausgepickt. Wir blieben in der Nähe stehen um im Falle des Falles alles bezeugen zu können, was an unlauteren Dingen vor sich gehen möge. Lächerliche Einschüchterungsversuche, uns wegzuscheuchen, wurden gemacht, u.a. eine Video-Kamera direkt in unsere Visagen gehalten. Jerk wurde vorgeworfen, die Leuchtmunition aufs Rathaus abgefeuert zu haben. Natürlich Unsinn. Auffällig war die völlige Planlosigkeit des Festnahmezuges, der Jerk dann nach Hin und Her mit zur Blume nahm. Später wurden wohl noch zwei weitere Demonstranten weggehaftet. Aber alle tauchten später wohlbehalten wieder in der Meierei auf.
Die Meierei war dann recht voll, als wir ENDLICH völlig durchgefroren dort ankamen. Wat ’ne Dreckskälte! Zum Glück war der Ofen bereits angeworfen worden. Nun gab es auch schon einige Neuigkeiten vom Runden Tisch zu hören. Insgesamt kann man wohl sagen, dass das Liegenschaftsamt (aka Herr Mehrens) sich zu diesem offiziellen Anlass wesentlich moderater als bisher geäußert hat. Die Schallisolierung wurde sogar gelobt, die Nachbarn würden jetzt gar nichts mehr hören und überhaupt liege der Stadt natürlich viel am Erhalt der Meierei. Sowat stimmt natürlich optimistisch, doch wie hoch der Schleimgehalt dieser offiziellen Bekundungen ist, bleibt abzuwarten und ob nicht hintenrum ganz andere Pläne geschmiedet werden, weiß man auch nicht auch nich. Also Holzauge und so.
Den Namen der folgenden Band hab ich leider vergessen. Irgendwat Deutsches. Man möge mir doch bitte per Kommentar helfen. War jedenfalls eine Schülerband aus HH mit einem der allerersten Gigs und einem Drummer, der gerade vor wenigen Tagen eingestiegen war. So klang es dann auch, halt alles noch sehr wackelig. Aber was soll’s, immerhin hatten die den Schneid in dieser Situation aufzutreten und sich für die Meierei stark zu machen. Da zählt die Attitude.
Aber nun war ich heiß auf Kurhaus! Und die Band selbst war auch heiß darauf, in der Meierei zu spielen. Gø hat es gut drauf, finde ich, auf der Bühne klarzumachen, wofür die Band einsteht, was ihr wichtig ist. Seine Ansagen trafen wohl exakt das, was viele in der Meierei exakt so empfanden und so stieg der Stimmungspegel mit jedem Lied. Ich denke, dass nicht jeder Anwesender heute ein Hardcorefreak war, aber die Energie der Band dürfte kaum jemandem entgangen sein. Fuck Energydrinks, gimme Kurhaus! Drummer Michi musste zunächst mit dem Transpi hinter ihm kämpfen, konnte er doch nicht richtig ausholen, weil der Saum des Dings genau in seiner Armreichweite hing. Aber Bocki erkannte dieses Problem mit Adleraugen, sprang flugs auf die Bühne und pinnte das Teil so fest, dass es nicht länger stören konnte. Hammerleistung dabei von Michi, der nicht einen Millimeter aus dem Takt geriet, sondern ganz locker weiterklöppelte, teilweise sogar mit dem Kopp nach hinten gerichtet! Langsam bildete sich ein Pogomob, als ich plötzlich kalt von der Ansage überrascht wurde, nun komme ein Song für eine weitere Kieler Institution, nämlich für Bonehouse! Huppsala, da coverten die doch glatt unser „Hellfire“ in der upgedateten Version mit „Meierei bleibt!“-Refrain. Da wir das Ding so auch erst am 11.10. gespielt haben, eine recht spontane Aktion. Wow! Der Text war irgendwie abgeändert, irgendwat auf deutsch mit Bambule hier, Meierei da. Für mich eine echte Ehre, hab mich fett drüber gefreut und kann hier nur „vielen Dank“ sagen! Auf jeden Fall wurde das Stück gleich mit „Meierei bleibt“-Chören belohnt. Weitere Höhepunkte natürlich „Theme From The Riots“ und das LOXIRAN-Cover „Mutter Erde“.
Yeah, danach wurde in der Meierei weitergefeiert, bis ich immer häufiger davon hörte, dass man noch in die Marthastraße gehen könne, dort sei ’ne Party im Gange. So geschah es dann auch, mit Nina, Christian von KURHAUS und anderen Nasen im Schlepptau machten wir uns auf den Weg. Und was für eine Party das war! Eine Party von der Sorte, von der man noch in Jahren schwärmen wird. Es war eine WG, die dort auf ca. 140 qm² feierte, bis es krachte! Ich weiß nicht, wie viele Leute sich dort durchdrängelten, aber es müssen Hunderte gewesen sein!! Sogar ’ne Liveband hatte im Wohnzimmer gezockt, nämlich die ROCKAWAY BEACHBOYS. Hm, hatten die nicht wegen Erkrankung mehrer Mitglieder ihren Gig auf der Demo heute abgesagt? Na, herzlichen Glückwunsch für diese rasante Genesung… Aber die waren eh schon durch und ich habe sie wiederum verpasst. Mann, wen man da so alles traf! Manche Leute hatte ich so lange nicht mehr gesehen, dass ich nicht mal mehr wusste, wie sie hießen. Jedenfalls war es SEHR spät, als sich die Reihen lichteten und ich mit Nik Suicid einen Schwoof auf der „Tanzfläche“ wagte. Die Heimreise auf dem Fahrrad haute man gerade so hin, nur zu Hause bin ich dann noch rücklings in die eigene Badewanne gefallen. Am nächsten Morgen ging es mir weniger gut, trotzdem war mir wie Weihnachten zumute, purzelte mir doch aus dem Rucksack ’ne gebrannte Live-DVD von NASUM entgegen. Äh, bitte melden, wer mir die gegeben hat – ich weiß es jedenfalls nicht mehr…
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