Es sieht gerade nicht gut aus für die Alte Meierei
Redebeitrag gehalten auf dem Freevival im Aubrook
Die Stadt Kiel droht damit den Nutzungsvertrag zu kündigen, wenn weitere Konzerte statt finden. Wir fürchten, eine Kündigung würde die Räumung und das Ende der Meierei nach sich ziehen.
Gestern sollte ein konzert in der maierei stattfinden. Stattdessen haben wir eine spontandemo gemacht und Konzert, ausfallen lassen, bzw. Verschoben, weil wir jetzt nämlich in die Stadt gehen. Am Donnerstag Nachmittag soll´s in der Innenstadt ein Konzert von uns geben. Wir werden dieser Entwicklung nicht tatenlos entgegensehen. Wir haben uns entschlossen, alle unsere Kräfte zu mobilisieren und um die Alte Meierei zu kämpfen. Die Meierei ist für uns als politischer Lebens- und Handlungsraum unverzichtbar.
Der Ursprung der Meierei liegt 20 Jahre zurück. Damals ließ die Stadt mehrere besetzte Häuser am Sophienblatt in Kiel räumen. Die Meierei wurde Leuten aus den besetzten Häusern als legales Ausgleichsprojekt zur Verfügung gestellt.
Heute sehen wir die Meierei als ein politisches Kommunikations- und Kulturzentrum. In ihr ist ein Wohnprojekt angesiedelt, außerdem gibt es Raum für nicht kommerzielle Konzerte, Theater und andere Veranstaltungen. Bands haben die Möglichkeit zu proben, es gibt Werkstätten, politische Treffen und es finden regelmäßig Café und Vokü statt. Die Räume der Meierei werden selbstorganisiert verwaltet. Das bedeutet für uns, das sich alle (Einzelpersonen und Gruppen), die in der Meiereistruktur mitarbeiten, für das was hier gemacht wird, gemacht werden soll oder auch nicht geschehen sollte, verantwortlich fühlen. Unser Anspruch hierbei ist ein nicht hierarchischer Umgang miteinander. Selbstorganisierung bedeutet für uns möglichst unabhängig von staatlichen Strukturen zu sein, deshalb verzichten wir auf Vereinsstrukturen, lehnen Fördergelder ab, und arbeiten nicht mit Parteien zusammen. Die Gelder die bei Veranstaltungen reinkommen, dienen ausschließlich dazu das Projekt am Leben zu erhalten.
Seit Abschluß des Nutzungsvertrages 1983, der eine kulturelle Nutzung ausdrücklich einschließt, wird die Halle für öffentliche Veranstaltungen genutzt. Auf Grund dessen kam es seit 1995 zu mehreren Kündigungsdrohungen seitens des Liegenschaftsamtes. Mit mehreren Abmahnungen, ist nun der Weg zur tatsächlichen Kündigung und damit zu einer gewaltsamen Beendigung des Projektes beschritten. Die Erhöhung des Drucks durch kommunalpolitische Entwicklung, trägt dazu bei, dass wir die Lage sehr ernst betrachten.
Hintergrund des Konfliktes sind die Forderungen der Stadt, die Veranstaltungen in legale Bahnen zu lenken. Das Erlangen von ordnungsrechtlichen Genehmigungen stellt jedoch ein unüberwindbares Hindernis dar, denn der damit verbundene Zwang zur Professionalisierung und Kommerzialisierung käme einem Ende des Projektes Meierei gleich.
Die zur Zeit im Vordergrund stehenden Probleme, die sich v.a. durch Lautstärke im Umfeld von Musikveranstaltungen ergeben, versuchen wir auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Die Forderung der Stadt enthält in der Konsequenz zwei Alternativen: Räumung oder „freiwillige“ Selbstaufgabe. Beide sind völlig inakzeptabel! Und den Ordnungsanspruch bürgerlicher Herrschaft, der dahinter steckt, halten wir für überwindenswert.
Wir lehnen autoritäre und umfassende Kontrollansprüche und Verwertungsbedürfnisse einer kleinen aber mächtigen Minderheit ab. Dieses menschenverachtende Modell von Gesellschaft bekämpft Selbstorganisierung und Kritik von Unten. Wir wollen subkulturelle, unkommerzielle Freiräume als Gegenentwurf zum kapitalistischem Vergnügungsbetrieb und Mainstream-Popkultur.
Aber es geht uns nicht nur um die Meierei.
Im Zuge von Regulierungswahn, Privatisierung und Stadtsanierung, werden zur Zeit überall linke projekte bedroht und platt gemacht. Alle Bedürfnisse von Menschen in dieser Stadt werden maximaler Profitorientierung untergeordnet. In Kiel fielen schon musico e.V. und Timmerberg der kommunal Politik zum Opfer. Die Alternative in Lübeck soll geräumt werden, Bambule in hamburg ist schon geräumt, der Rigaerstraße 94 in Berlin wurde der Vertrag gekündigt, Wohnungen und Kneipe geräumt, um nur einige Beispiele zu nennen. Diese Projekte sind Mittel zum Zweck, für das selbstbestimmte und eigenverantwortliche Organisieren von Bereichen des Alltags. Und das ist notwendig! Menschen, die nicht mit dem Strom schwimmen können oder wollen bleiben auf der Strecke.
Deshalb gehen wir in die Innenstadt und machen ein Konzert! Am Donnerstag Nachmittag mit Bands und allem! Und wenn wir das nicht bald wieder in der Meierei machen können, machen wir das nochmal.
Wir werden für den Erhalt der Meierei kämpfen!
Wir wollen diesen Raum, um unsere Vorstellungen eines selbstorganisierten, herrschaftsfreien und sensiblen Miteinander zu leben. Wir wollen uns nicht in die Normen dieser Gesellschaft pressen lassen! Wir wollen uns diesen Raum bewahren, in dem nicht eine „Alle gegen Alle Brutalität“ propagiert wird. Solche Orte müssen nicht nur verteidigt, sondern aufgebaut werden!
Wir solidarisieren uns mit der Alternative in Lübeck, Bambule in Hamburg, Rigaerstraße 94 in Berlin und allen anderen linken Projekten, die dieses versuchen umzusetzen!