Auch „Der Albrecht“, eine unabhängige Hochschulzeitung im KN-Format, macht sich für die Meierei stark. Neben einer ganzen Seite mit Solierklärung und Schallschutzanzeige widmet er uns sogar den Aufmacher:
Die Alte Meierei wird nicht sterben!
Ein Kommentar von Timo Mogdans
„Alte Meierei bleibt – bleibt unkommerziell und selbstbestimmt“ – diese Aussage sprang mir vor einiger Zeit von einem Flyer entgegen. Nachdem die erste Verwunderung sich gelegt hatte, wurde sie durch Wut ersetzt, als ich weiterlesend bemerkte, dass die Stadt Kiel im Begriff ist, die Alte Meierei zu schließen. Also tun sie es schon wieder. Nach der Kontroverse um den Fortbestand der Pumpe jetzt also ein weiterer Schritt in Richtung Kulturwüste Kiel.
Doch erst einmal sei denjenigen, die noch nicht allzu lange in Kiel leben erklärt, dass es sich bei der „Alten Meierei“ um eine, mittlerweile legendäre, Instanz der linken Szene in und um Kiel handelt. Sie wurde vor nunmehr zwanzig Jahren, als Ausgleich für einige besetzte Häuser am Sophienblatt, die abgerissen wurden, den Hausbesetzern von damals zur Verfügung gestellt. In der Alten Meierei finden vor allem Disskussionsabende und Zusammentreffen für und von politisch engagierten Menschen statt. Doch nicht nur durch politisches Engagement zeichnete sich die Meierei in den letzten Jahren aus. Gerade für junge Bands sind die regelmäßig dort stattfindenden Konzerte Sprungbrett für weitere Schritte im Musikbusiness. Hier wäre zum Beispiel eine der Kieler Punkrock-Ikonen zu erwähnen, die Creetins. Aber nicht nur junge Bands gastieren auf der Bühne der Alten Meierei, auch etabliertere Akteure des Geschäfts geben sich gern dort ein Stelldichein. Wer sich mal selbst vom robusten Charme der Meierei verzaubern lassen will, sollte einfach mal in den Moorteichwiesen (im Grünen Herz) vorbeischauen.
Aber zurück zum Konflikt zwischen der Stadt Kiel und den Betreibern der Alten Meierei. Einer der wichtigsten Gründe für den angedrohten Entzug des Pachtvertrages waren Beschwerden von Anwohnern der Alten Meierei. Bei den Recherchen zu diesem Artikel waren jedoch besagte Anwohner nicht bereit, mir ihre Beschwerden mündlich oder in einer anderen Kommunikationsform genauer zu definieren. Sobald ich auch nur die Worte „ich hätte mal eine Frage an sie, betreff der Beschwerden bezüglich der Lärmbelästigung die von der Alten Meierei …“ gesprochen hatte, wurde mir kraftvoll die Tür vor der Nase zugeschlagen. Danke an dieser Stelle noch einmal den hilfsbereiten Bewohnern der Moorteichwiesen (des Grünen Herzens).
Was den Schallschutz der Meierei angeht, so hat diese bereits begonnen, die Schallisolierung in Eigenregie zu verbessern. Mittel hierfür wurden unter anderem durch eine Soliparty gesammelt. Mittlerweile haben Messungen ergeben, dass die Werte im akzeptablen Bereich liegen. Doch nicht nur die unzureichende Schallisolierung wird von Seiten der Stadt bemängelt. Der Meierei wird vorgeworfen, kommerzielle Konzerte auszurichten, für die sie eine Konzession bräuchte. Es ist allerdings so, dass die Einnahmen aus diesen ausschließlich zur Finanzierung des Projektes Alte Meierei verwendet werden. Der Erwerb einer Konzession würde der Meierei nicht nur finanziell das Genick brechen, er würde auch ihrem politischen Selbstverständnis widersprechen.
Nach der Meinung der Betreiber ist die gesammte Angelegenheit kein Konflikt, in dem es um Verstöße gegen bestehendes Recht geht, sondern die Aktionen der Stadt Kiel haben einzig und allein den Zweck unkonventionelle Kulturformen weiter zu verdrängen. Sie wollen „die Autonomie des Ortes verteidigen“. Denn den „nur teilweise verrechtlichten Raum“ sehen sie als „offen für Selbstorganisationsimpulse“, für eine unkonventionelle, „dissidente“ Kultur.
Damit sind sie nicht allein. Inzwischen über 170 Unterzeichner, auch aus etablierten Bereichen von Kultur und Politik, unterstützen eine vom Kneipenkollektiv Sponti Hansa der Hansastraße 48 initiierte Solidaritätserklärung, in der die Rücknahme der Kündigungsdrohung und eine „politische Bestandsgarantie für die Alte Meierei“ gefordert werden. „Politisch“ ist dabei das Schlüsselwort, denn die Kulturschaffenden in der Meierei sehen ihre Tätigkeiten nicht als bloße Kulturveranstaltungen, sondern als Teil eines Modells für selbstbestimmtes Leben abseits verwaltungsrechtlicher Zugriffe, das sie für „gesellschaftlich verallgemeinerungswürdig“ halten. Vielleicht auch als ein Modell, dass Subkultur nicht nur als Nische versteht, sondern auch als etwas, das die Gesellschaft politisch verändert.