Obrint Pas verwoben in der Alten Meierei gekonnt viele Stile
Der Kicker dominiert die Veranda, erschwert alles Durchkommen, sperrige Schlange vor dem Eingang der Alten Meierei. Ein ganz besonderer Leckerbissen aus Valencia hat sich angekündigt, viele sind dem Aufruf gefolgt. Draußen sternenklare Nacht, April-Kälte und das Aroma geöffneter Bierflaschen, drinnen relaxte Atmosphäre, einem großen Familientreffen gleich. Man kennt sich, plaudert, ist guter Dinge.
Callunatives aus Schneverdingen hat mit Songtiteln wie I Wanna Be Your Rastaman, einem musikalischen Konzept, das über minutenlangen Zwei-Akkorde-Offbeat nicht hinausgeht und einer Zugabe, die niemand wollte, den Geduldsfaden längst rissig gespielt, als es endlich soweit ist und das spanische Bühnenglück namens Obrint Pas loslegt. In ihrer Heimat als vielversprechender Act gekürt, handeln die Katalanen mit Ska, Reggae und Punk in einem bekannten und hochexplosiven Party-Gemisch, das sofortigen Andrang im Moshpit zur Folge hat. Die Musiker agieren mit sichtlicher Spielfreude, und auch wenn nur wenige der Anwesenden der spanischen Sprache mächtig sein dürften, kommt das extrem Politische in den lyrischen Botschaften doch deutlich zum Ausdruck. Besonders stark sind Obrint Pas, wenn sie das Tempo zurücknehmen und mit einer Smoothness, die bei den Callunatives noch in Langeweile zu entschwinden drohte, Reggae-Beats synkopieren, als hätten sie den Rhythmus mit der Muttermilch aufgesogen.
Fans und Band zu einer Einheit verschweißt, präsentiert der Sechsköpfer Songs des dritten, aktuellen Silberlings Terra. Künstlerisches Kuriosum hier wie auf den Vorgängeralben einmal mehr die Gaita, ein traditionell katalanisches Instrument, das klingt, als hätte man einem Erpel Koffein gespritzt. In Symbiose mit Trompete und Posaune der etwas außergewöhnlichere Bläsersatz, der dem Konzert bereicherndes Nachwirken bescheren soll. Hektisch brilliert der Percussionist in vokalen Back-Ups und berauschten Tanzeinlagen, während der Roadie wiederholt noch bis ins vierte Stück hinein die fünfzehn Meter zwischen Bühne und Mischpult in rekordverdächtigem Tempo zurücklegt, um gestrenge mit dem Soundtechniker zu hadern. Und tatsächlich, vor allem die etwas schwachbrüstig klingenden Stromgitarren mindern den Hör-Genuss, wenn auch unwesentlich. Dafür gibt es die Orgel, perfekt aus dem Hintergrund der Chose das sprichwörtliche I-Tüpfelchen schenkend plus manisches Gebaren der Zipfelmütze am Schlagzeug. Obrint Pas spielen bis weit nach Mitternacht. Ein tolles Konzert.